Mit "falschem" Akzent drohen gesellschaftliche Nachteile

Besonders in England hat die Aussprache die Funktion eines sozialen Indikators. Menschen mit hohem Bildungsstand – meist Angehörige der oberen Mittel- und Oberschicht – haben durch die Prägung an Elite-Schulen und Top-Universitäten wie Oxford, Cambridge oder der London School of Economics eine andere Aussprache als weniger Gebildete. Einem Engländer hört man seinen sozialen Status nicht selten sprichwörtlich an. Die Unterschiedlichkeit der Aussprache je nach geografischer und sozialer Herkunft ist in England deutlich stärker ausgeprägt als in Deutschland.

Aber auch in Gesellschaften wie den USA, Kanada oder Australien, die stärker durch eine Kultur der sozialen Gleichheit geprägt sind, kann der "falsche" Akzent Nachteile bedeuten, zum Beispiel bei Stellenbewerbungen oder Beförderungen. Sprech- und Stimmtraining, das auf die Verringerung oder Verlust des Akzents zielt (sogenannte accent reduction, accent modification oder elocution), kann daher insbesondere im Beruf zu erfolgreicherer Kommunikation führen – und auch zu mehr Selbstvertrauen.

Received Pronunciation und General American accent erstrebenswert

Accent reduction wird vor allem für zwei Akzente angeboten, die als besonders erstrebenswert und weltweit als gut verständlich – die wichtigste Funktion von Standard-Aussprachen – gelten: die britische Received Pronunciation und der US-amerikanische General American accent.

Accent reduction wird nicht nur von Menschen in Anspruch genommen, deren Muttersprache nicht Englisch ist, sondern auch von Muttersprachlern, die einen regionalen Akzent haben. Ein Beispiel für einen Nicht-Muttersprachler, der sich erfolgreich einen neuen Akzent antrainiert hat, ist Charlize Theron. Die südafrikanische Hollywood-Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin, deren Muttersprache Afrikaans ist, soll sich Ihren General American accent durch entsprechendes Sprachtraining angeeignet haben.

Deutsche Muttersprachler durch geringen Akzent im Vorteil

Es geht aber auch umgekehrt: Film- und Theaterschauspieler, deren Muttersprache Englisch ist und bereits mit Received Pronunciation oder General American accent sprechen, nehmen Unterricht, um für eine Rolle einen anderen Akzent zu erlernen – etwa den eines Walisers, Texaners oder Italieners. Eines gilt in jedem Fall: Den eigenen Akzent zu verlieren oder sich einen neuen Akzent anzueignen, ist harte Arbeit!

Deutsche Muttersprachler haben bei der Verringerung ihres Akzents einen gewissen Vorteil gegenüber Personen, die von Haus aus eine Sprache sprechen, die sich in einzelnen charakteristischen Lauten und der Sprachmelodie insgesamt stark vom Englischen unterscheiden. Besonders schwer haben es Franzosen und Italiener, aber auch Araber und Inder. Der deutsche Akzent ist dagegen verhältnismäßig gering ausgeprägt.

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Sprechen wie ein Sprecher der BBC: Received Pronunciation

Mit der Received Pronunciation – auch Oxford English, BBC Pronunciation oder Queen's English genannt – ist ein Englisch gemeint, wie es Menschen mit einer gehobenen, meist akademischen Ausbildung sprechen. Somit entfaltet die Received Pronunciation eine erhebliche soziale Signalwirkung.

Technisch handelt es sich um einen neutralen Akzent, der keinem der regionalen Akzente des Englischen unmittelbar entspricht. Er entwickelte sich im 19. Jahrhundert an den traditionsreichen Privatschulen, den Public Schools. Zur Norm für eine gute Aussprache wurde die Received Pronunciation vor allem durch die Sprachpraxis der British Broadcasting Company (BBC).

Die Received Pronunciation ist zwar eine britische Aussprache. Jedoch lehnen sich die Standard-Aussprachen vieler anderer englischsprachiger Länder – zum Beispiel das Cultivated Australian English –  stark an die Received Pronunciation an.

Sprechen wie ein US-Nachrichtensprecher: General American

Anders als die Received Pronunciation wird der General American accent auch regional gesprochen, und zwar im Mittleren Westen der USA. Ähnlich ist es im Deutschen: Das Deutsch, wie es im Raum Hannover gesprochen wird, stimmt mit der hochdeutschen Aussprache nahezu überein.

Ebenso wie die Received Pronunciation vedankt der General American accent seine Stellung als Standard einer guten Aussprache der Verwendung in den Medien: Nachrichtensprecher sprechen so, Schauspieler in Film und Fernsehen ebenso und auch Radiomoderatoren tun es.

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