Hat es Ihnen die Sprache verschlagen als Sie lasen, dass die Videoplattform Youtube dichtmachen würde? Haben Sie sich bereits auf die revolutionäre Neuerung von Google gefreut, Suchergebnisse mit Geruch zu liefern? Oder waren Sie 2012 auf die Spendengala zugunsten der notleidenden FDP gespannt?

Dann fielen Sie auf den alljährlichen Aprilscherz hinein. Insbesondere die Medien versuchen sich darin zu überbieten, ihre Konsumenten in den April zu schicken. Aber warum eigentlich? Wieso ist das, was an allen anderen Tagen des Jahres für Kopfschütteln oder sogar Empörung sorgen würde, am 1. April gestattet und sorgt für Schmunzeln?

Warum gibt es Aprilscherze überhaupt?

Woher die Tradition des Aprilscherzes stammt, ist nicht restlos geklärt. Ähnlich wie im Falle des Valentinstages gibt es auch für den 1. April als "Tag der Scherze" mehrere Erklärungsversuche.

  • Die wohl bekannteste (und vielleicht schlüssigste) Theorie führt den Aprilscherz auf den französischen König Karl IX zurück. Dieser hatte 1564 dank seiner Kalenderreform den offiziellen Jahresbegin vom 1. April auf den 1. Januar verlegen lassen. Wer danach trotzdem noch Ende März den Jahresanfang feierte, hatte sich gewissermaßen als hinterwäldlerischer Narr geoutet und durfte deshalb verspottet werden.

  • Am 1. April soll Judas, der Jesus Christus an die Römer verraten hatte, entweder geboren oder gestorben sein. Folglich sollte man sich an diesem Unglückstag vorsehen.

  • Ein sympathischerer Erklärungsversuch: 1530 sollte auf dem Augsburger Reichstag das Münzwesen neu geregelt werden. Viele Spekulanten hatten auf diesen Münztag gesetzt. Ihr Pech: Das Münzwesen wurde aus Zeitgründen doch nicht geregelt und so mancher gierige Spekulant verlor eine Menge Geld und hatte neben dem Schaden den Spott.

  • Auch das bekanntermaßen launische Aprilwetter soll die Tradition des Aprilscherzes begründet haben.

Dies sind nur einige der zahlreichen Theorien zur Entstehung des Aprilscherzes. Fest steht, dass die bekannte Redensart "jemanden in den April schicken" seit 1618 überliefert ist, während sich der Aprilscherz erst sehr viel später als Begriff etablierte.

Legendärer Aprilscherz: Der Spaghetti-Baum!

Im Laufe der Jahrhunderte sammelten sich natürlich allerlei Aprilschere an: Manche mehr, manche weniger gelungen. Dabei erwies sich, dass nicht nur die "kleinen Leute" Spaß daran hatten, andere in den Apri zu schicken, sondern auch Zeitungsmacher, Politiker und selbst Adelige durchaus Kreativität an den Tag legten.

Vom Spaghetti-Baum?So soll an einem 1. April der damalige Franzosenkönig Heinrich IV von einer jungen Dame zu einem geheimen Rendezvous (für jüngere Leser: Date) eingeladen worden sein. Als der Schürzenjäger am vereinbarten Treffpunkt auftauchte, wurde er von seinem eigenen Hofstaat begrüßt. Eingefädelt worden sei dieser gelungene Aprilscherz ausgerechent von der holden Gattin Maria von Medici. Auf Grund ihrer Herkunft aus der berühmt-berüchtigten Dynastie der Medici wäre ihr dieser Scherz wohl zuzutrauen gewesen.

Einer der bekanntesten und gelungensten Aprilscherze jüngerer Zeit ist der inzwischen sprichwörtliche Spaghetti-Baum. Dieser entstammt einer Mockumentary der BBC, die am 1. April 1957 ausgestrahlt wurde. Darin wurden die erstaunten Zuschauer über die Schweizer Spaghetti-Ernte aufgeklärt, die dank des Verschwindens des "Spaghettirüsselkäfers" besser als erhofft ausgefallen sei. Nach der Ausstrahlung liefen die Telefone bei der BBC heiß: Zahlreiche Zuschauer wolten unter anderem wissen, wo man Samen für einen Spaghetti-Baum herbekomme.

Zur Ehrenrettung der britischen Zuschauer: Damals galten Spaghetti nocn als geradezu exotische Delikatesse. Der in typisch trockenem britischen Humor gehaltene Film über den Spaghetti-Baum kann auf Youtube betrachtet werden, das entgegen der Ankündigungen vom 1. April 2013 immer noch online ist.

Eiffelturm im Disneyland?

EiffelturmGelungene Aprilscherze zeichnen sich dadurch aus, nicht auf den ersten Blick als Witz entlarvt zu werden. Folglich ist es insbesondere für Zeitungen schwer, Millionen Leser in den April zu schicken.

Einer Pariser Tageszeitung gelang dies 1986 als sie berichtete, dass der Eiffelturm abgebaut und im damals in der Planung begriffenen Disneyland Paris wieder aufgebaut werden sollte. An Stelle des Eiffelturms sollte ein Fußballstadion entstehen. Diese Meldung sorgte für Empörung und fand als einer der gelungensten Aprilscherze Eingang in die Annalen.

Für Erstaunen sorgte die Werbung einer Fluglinie, wonach sie Flieger mit Stehplätzen ausstatte, wodurch mehr Passagiere in die Maschine passten und deshalb die Tickets günstiger angeboten werden könnten. Angeblich soll die Fluglinie zahlreiche Anfragen für Tickets bekommen haben. Der unbezahlbaren Mundpropaganda konnte sich das Unternehmen jedenfalls sicher sein!

Vorsicht, Nackteisbohrer!

Für Aufsehen sorgte eine wissenschaftliche Sensation, die 1995 in der Zeitschrift Discover veröffentlicht wurde: Die Entdeckung des heißköpfigen Nackteisbohrers in der Antarktis! Diese erstaunlichen Tiere könnten wie hiesige Maulwürfe Gänge durchs Eis graben, würden sich aber nicht von Insekten, sondern hauptsächlich von Pinguinen ernähren … und unglücksseligen Forschern wie dem 1837 spurlos in der Antarktis verschwundenen Polarforscher Philippe Poisson, der, so der Artikel, möglicherweise den Nackteisbohrern zum Opfer gefallen sei.

PinguineTrotz der offensichtlichen Absurdität und dem Umstand, dass der Name Poission bereits auf den Aprilscherz deutete (Poisson d'avril ist die französische Bezeichnung hierfür) wurde der Artikel von manchen Lesern als echt erachtet. Der Artikel ist auf der Website von Discover nachzulesen, wobei auch die Lektüre der eingegangenen Leserbriefe ausdrücklich empfohlen sei.

2012 schockte die FAZ ihre Leserschaft mit der Ankündigung einer weiteren Rechtschreibreform. Danach plante die (fiktive) Deutsche Gesellschaft für Sprache im Technischen Zeitalter (DGSTZ) unter anderem die Abschaffung des scharfen S sowie der Umlaute. Das Ü sollte durch das ähnlich, pardon: ehnlich klingende Y ersetzt werden, sodass aus dem Haustürschlüssel der Haustyrschlyssel werde. Auch hierbei sorgt das Studium der teils empörten Leserkommentare für Heiterkeit.

MIsslungene Aprilscherze

Neben jeder Menge gelungener, gab und gibt es natürlich auch misslungene Aprilscherze, wie jener des israelischen Marine-Chefs, der drei Kriegsschiffen in Haifa den Befehl zum Auslaufen für ein Manöver vor der italienischen Küste gegeben hatte. Kurz vor dem Aufbruch erklärte dieser jedoch, er habe nur einen Aprilscherz machen wollen. Angesichts der stets gespannten Lage in Israel ein arg misslungener Aprilscherz.

Anstatt ihren Lehrer in den April zu schicken, landeten Schüler einer albanischen Schule im Krankenhaus, nachdem sie vor der Schulstunde Schlafmittel eingenommen hatten.

Zu den Klassikern misslungener und sogar makabrer Aprilscherze zählen Sichtungen von UFOs oder exotischen Tieren wie Krokodilen oder Haien in heimischen Gewässern, sowie Todesanzeigen noch lebender Mitmenschen.

Wetten, dass ein Wal im Rhein schwimmt?

Manchmal erfüllen sich Aprilscherze, wie Thomas Gottschalks vorzeitiger Abschied von "Wetten, dass...?" im Jahr 2005. Sechs Jahre später moderierte er dann tatsächlich seine letzte "Wetten, dass...?"-Show.

1965 verkündete das WDR-Mittagsmagazin das Auftauchen einer Herde Delphine im Rhein. Zig Schaulustige konnten von der vermeintlichen Sensation allerdings nicht entdecken. April, April! Als ein Jahr später ein vier Meter langer weißer Wal im Rhein gesichtet wurde, glaubt dem WDR niemand - dabei stimmte dieser Bericht tatsächlich.

Aprilscherze lockern den Alltag auf

Und warum lieben wir nun die Aprilscherze, selbst wenn sie auf den ersten Blick als solche erkennbar sind oder vollends missglücken? Weil sie den Alltag auflockern und es ermöglichen, wenigstens einmal im Jahr hemmungslos albern sein zu dürfen. Wann sonst kann man (relativ) gefahrlos Vorgesetze in den April schicken, Lehrer veralbern oder als Kind seine Eltern auf den Arm nehmen? Gäbe es den 1. April mit seinen Aprilscherzen nicht, man müsste ihn glatt erfinden, um die mediale Dauerberieselung mit "bad news", bierernsten Diskussionen zu den absurdesten Themen, nerviges Promi-Gequatsche und ähnliches zumindest einmal im Jahr durch mal mehr, mal weniger gelungene Scherze aufzulockern.

Abschließend sei auf einen weiteren BBC-Klassiker unter den Aprilscherzen verwiesen: Die Mockumentary über fliegende Pinguine. Übrigens steht ihr Hosenschlitz offen... April, April!

Aprilscherz-Klassiker: Die fliegenden Pinguine
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