Inhaltsangabe

Am Strand nahe dem kleinen gallischen Dorf wird ein kräftig gebauter Mann im Schottenrock in einem eiförmigen Eisklotz angespült. Asterix und Obelix finden ihn und bringen ihn ins Dorf, wo er erst mal aufgetaut wird. Miraculix, der ihn anschließend auch gesund pflegt, entlarvt ihn als Pikten - also einen Angehörigen jener Völkergruppe, die in der Antike einmal in Schottland lebte.

Noch während die Dorfbewohner um den Gast versammelt sind, kündigt sich ein römischer Verwalter an, der eine Volkszählung unter den Galliern durchführen will. Durch ein Missverständnis gerät Obelix in Wut.

Eine typische Szene

Eine typische Szene (Bild: Karin Scherbart / Asterix bei den Pikten)

Nachdem der Pikte aufgetaut ist, geht das Rätselraten über seine Geschichte los. Da er im Moment einen Sprachfehler hat und außer Fragmente bekannter Lieder keine sinnvollen Sätze hervorbringt, versucht er sich durch Zeichensprache verständlich zu machen. Das heißt, er gestikuliert und baut Skulpturen in den Schnee, bis das Mittel, das Miraculix ihm zur Behebung des Sprachfehlers gegeben hat, richtig wirkt. Als er eine Art Landkarte von seiner Heimat Nordkaledonien auf einen Hinkelstein meißelt, beschließen sie, dass es Zeit ist, ihn zurückzubringen.

Auf dem Weg über den Atlantik, wo es wieder einmal ein Zwischenspiel mit den Piraten gibt, erzählt Mac Aphon, wie der Pikte heißt, weitere Details. Der alte Herrscher über die Clans, Mac Nifizenz, ist tot und demnächst steht die Wahl seines Nachfolgers an. Mac Abberh, der Chef eines benachbarten Konkurrenzclans, plant, die Macht als neuer König an sich zu reißen und hat Mac Aphons Verlobte Camilla entführt. Diese ist die Adoptivtochter des verstorbenen Königs. Den eigentlichen Thronfolger Mac Aphon ließ Mac Abberh an einen Baumstamm gekettet in den Loch Endroll werfen, von wo er aufs Meer getrieben wurde.

"Kreisverkehr"-Piktogramm

"Kreisverkehr"-Piktogramm (Bild: Karin Scherbart / Asterix bei den Pikten)

In Schottland ist bereits eine kleine Delegation der Römer, mit denen sich Mac Abberh verbünden will. Bevor Asterix und Obelix mit Mac Aphon eintreffen, stibitzt das verspielte Seeungeheuer Fafnie Mac Aphons Genesungstrank. Vom Ufer aus wird ihre Ankunft von Angehörigen des konkurrierenden Clans beobachtet, die diese Neuigkeit sofort ihrem Chef melden.

In Mac Aphons Clan werden sie trotz Obelix' sofortigem Interesse an der traditionellen Sportart des Baumstammwerfens gut aufgenommen. Die Freude über Mac Aphons Rückkehr ist natürlich groß. Die Verwandschaftsverhältnisse diverser Clanmitglieder sind nicht nur für die beiden Gallier etwas verwirrend. Außerdem kommt Obelix schwer damit klar, dass die hiesigen Barden nicht einfach so zurechtgewiesen werden dürfen, nur weil jemandem ihre Musik nicht gefällt.

Die Höhle (Bild: Karin Scherbart / Asterix bei den Pikten)

Als Mac Aphons Sprachstörung wieder schlimmer wird, sehen sich Asterix und Obelix gezwungen, nach dem speziellen Trank zu suchen, den Miraculix ihm für die Heilung mitgegeben hatte. Minimac, der kleine Bruder von Mac Aphon, führt sie mit dem Boot zu der Höhle, in die Fafnie die von ihm gefundenen Gegenstände bringt. Die Feldflasche finden sie dort zwar nicht, aber dafür einen Gang, über den sie sich Zutritt zu Mac Abberhs Burg verschaffen und Camilla befreien. Mac Abberh selbst bekommt dies nicht mit, da er mit den Verhandlungen mit dem römischen Zenturio beschäftigt ist.

Genau zur rechten Zeit finden Asterix, Obelix und Camilla einen Weg aus der Höhle nach oben. Die Zeremonie der Königswahl auf einer Insel im Loch Endroll hat bereits begonnen, und die drei platzen mitten hinein. Beim Anblick seiner Geliebten wird Mac Aphon spontan von seiner Sprachstörung geheilt. Beim Auftauchen der Römer bricht unter den Clans ein Streit zwischen Mac Abberhs Unterstützern und seinen Gegnern aus. Es kommt zum Handgemenge, das erwartungsgemäß ausgeht.

Mac Aphons erste Amtshandlung besteht darin, die Clans zu vereinen. Außerdem will er, dass zukünftige Königswahlen einfacher gestaltet werden, worauf verschiedene Clanmitglieder ihre Vorschläge äußern. Da nun nichts mehr für Asterix und Obelix zu tun bleibt, wird es für sie Zeit, sich zu verabschieden und heimzukehren, um ihren Sieg gemeinsam mit den Dorfbewohnern am berühmten Festbankett, das mit einer kleinen Abwandlung aufwartet, zu feiern.

Rezension zu "Asterix bei den Pikten"

Spannende Unterhaltung

Alles in allem ist dem neuen Autorenteam hiermit ein unterhaltsames Abenteuer mit Asterix, Obelix und ihren Kumpanen gelungen. Sicher gibt es ein paar Stellen, die man hätte zugunsten wichtigerer Szenen kürzen können. So nimmt der Zeitraum, bis unsere Helden überhaupt erst mal in Schottland landen, allein schon den halben Band ein. Dafür erscheinen ein paar Schlüsselszenen, wo ich gerne noch mehr Einzelheiten erfahren hätte, teils etwas gestrafft. Aufgrund der ausreichenden Handlungsdichte ist die Spannung aber dennoch gegeben.

Einige typische Einlagen, wie man sie von den Heften der Reihe kennt, wurden sinnvoll in das Geschehen eingebunden. Ein paar innovativere Ideen sind ebenfalls enthalten. Auch diese fügen sich passend in die Handlung ein. Wen übrigens die letzten, noch von Uderzo verfassten Asterix-Bände enttäuscht haben, den kann ich beruhigen: Hier kommen keine Aliens oder dergleichen vor.

Darstellung der Figuren

Alle Charaktere sind in diesem Band originalgetreu und stilecht gezeichnet. Die bekannten Persönlichkeiten werden im Großen und Ganzen ebenfalls authentisch dargestellt. Wesentliche Eigenschaften von Asterix, Obelix, Miraculix, Majestix, Gutemine und den anderen Dorffrauen, Verleihnix, Automatix und Troubadix kommen gut in Wort und Bild herüber. Lediglich manche Eigenheiten sind eventuell hier nicht so deutlich zu bemerken wie in den älteren Werken oder kommen noch etwas flach herüber.

Wo ist zum Beispiel die liebenswürdige Trotteligkeit von Obelix, über die wir in den alten Bänden so gelacht haben? In "Asterix bei den Pikten" passieren ihm kaum eigene Missgeschicke, außer dass er eben die örtlichen Manieren nicht beherrscht. Dass er hingegen Lachs als neue Leibspeise erwählt, sobald er schottischen Boden betreten hat, erscheint mir etwas seltsam.

Politische Anspielungen

Auch politische Anspielungen sind vereinzelt in diesem Band enthalten. So geben die Gallier ein Statement zur Asylpolitik ab. Und dann ist da noch der Streit der piktischen Stämme über verschiedene Politikformen.

Humor und Wortwitz

Beim bildlichen und wörtlichen Humor kann dieses Werk wiederum punkten. Die in ausreichendem Maße eingestreuten Gags kommen ohne künstliche Übertreibung aus und laden zum Schmunzeln ein. Auch an Wortwitz fehlt es nicht. So werden beispielsweise verschiedene Sprichwörter durch den Kakao gezogen, die römischen Legionäre verstehen ihre Parole falsch, und auf den durch den Sprachfehler bedingten, gesungenen Ausruf Mac Aphons antwortet sein Feind Mac Abberh mit einer Abwandlung eines deutschen Schlagers. Insgesamt hätten es für meinen Geschmack noch mehr Wortspiele sein können, aber bei einem eher handlungsbezogenen Comic empfinde ich die gelieferte Dosis an Wortwitz schon als in Ordnung.

Wortspiel (Bild: Karin Scherbart / Asterix bei den Pikten)

Detailreiche Zeichnungen

Die Zeichnungen lassen die gewohnte Präzision und Sorgfalt erkennen, die auch Uderzos Qualitätsmerkmale waren. Wort und Bild ergänzen sich dabei auf adäquate Weise. Nicht selten wird mit diesen beiden Komponenten auf amüsante Weise gespielt.

Nur kleine Schwächen

Gleich zu Anfang ist Didier Conrad leider ein darstellerischer Fehler unterlaufen. Im gallischen Dorf und somit auch seiner Umgebung ist es offensichtlich gerade tiefster Winter. Doch kaum kommen Asterix und Obelix an den Strand, liegt zumindest dort auf einmal kein Schnee mehr und es wachsen grüne Gräser auf den Dünen. Hier hätte sich der Zeichner meiner Ansicht nach schon für eine Jahreszeit entscheiden können.

Der zweite kritische Aspekt betrifft die Darstellung des Seeungeheuers. Okay, in einer der Nessie-Legenden, die im Laufe der Zeit kursierten, ist das Ungeheuer von Loch Ness den Pikten wohlgesonnen. In anderen Legenden wird das Seeungeheuer aber nicht so lieb und brav dargestellt wie in dieser Geschichte. Jedoch trat die erste Nessie-Legende erst um 565 n. Chr. auf, also lange nach der Zeit, in der die Abenteuer der berühmten Gallier spielen. Da das Seeungeheuer aus diesem Werk Fafnie heißt, könnte allerdings auch der "Fafnir" aus der nordischen Mythologie seinen Teil zur Inspiration beigetragen haben. Dieser bewacht in einer Höhle einen Goldschatz. Da dieser Schatz jedoch verflucht ist, verwandelt er sich in einen Lindwurm. Beide völlig verschiedene Legenden (Nessie und Fafnir) werden hier jedoch nur unzureichend voneinander getrennt.

Zudem wird die piktische Kultur in vielen Punkten in "Asterix bei den Pikten" nicht historisch korrekt dargestellt, sondern deutlich mit kulturellen Elementen der späteren Schotten und der Kelten vermischt. Die historischen Genauig- und Ungenauigkeiten nehme ich im nächsten Abschnitt detaillierter unter die Lupe.

Fazit

Trotz der kleineren inhaltlichen Schwächen, vor allem der recht freien Interpretation der historischen und kulturellen Hintergründe, weiß dieser Comicband durchaus zu unterhalten. Wer nicht zu viel Wert auf die realistische Darstellung der Sachverhalte legt, wird seine Freude an diesem Werk haben können. Er stellt in jedem Fall eine deutliche Verbesserung zu den Vorgängerwerken dar.

Dichtung und Wahrheit

Zur piktischen Kultur

Da über die Kultur der Pikten recht wenig bekannt ist, haben sich die Autoren auch hier einige Freiheiten herausgenommen. Deshalb haben sie diese Völkergruppe in Schottenröcke gekleidet und lassen deren Barden Dudelsack spielen, obwohl diese kulturellen Merkmale erst sehr viel später, nämlich im Mittelalter, aufkamen. Statt Dudelsäcke dienten den Pikten Harfen als Musikinstrumente.

Auch die Clanstrukturen, mit denen in diesem Werk die Gesellschaft der Pikten organisiert wird, gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ob der Whisky, der in dem Comic "Malzwasser" genannt wird, im Jahre 50 v. Chr. schon erfunden war, ist ungewiss. Denkbar wäre es, dass es dann schon eine Form davon gegeben hat (sicher überliefert ist das nicht), allerdings wird eher ein keltischer Ursprung vermutet. Während die Sache mit den Piktogrammen in Wahrheit ein reines Wortspiel ist, ist es historisch überliefert, dass die Pikten sich tätowierten und bemalten. Ihre Steingravuren stammen in Wirklichkeit allerdings aus dem 5. bis 9. Jahrhundert.

Kelten und Pikten - zwei verschiedene Völkergruppen

In "Asterix bei den Pikten" taucht in dem piktischen Dorf von Mac Aphon ein Druide auf. Druiden gab es aber bei den Kelten. Der keltische Stamm der Skoten kam allerdings erst im 3. bis 5. Jahrhundert nach Schottland. Somit können sie im Jahr 50 v. Chr. noch keinen Einfluss auf die Kultur der Pikten genommen haben. Zur Spiritualität der Pikten habe ich leider keine Informationen gefunden. Eines der Dinge, die Pikten und Kelten gemeinsam haben, ist die für die damalige Zeit recht fortschrittliche Rolle der Frauen, welche in dem Band treffend dargestellt wird. Doch solche Gemeinsamkeiten machen die Pikten noch lange nicht keltisch. Beide Völkergruppen waren bis zu ihrer politischen Vereinigung im Jahre 843 n. Chr. sogar verfeindet.

Zeitverschiebung bei der Krönungszeremonie

Die Krönung Mac Aphons findet auf einem Stein statt. Dies erinnert an den Stone of Scone, auf dem der erste gemeinsame König der Pikten und Skoten, Kenneth Mac Alpin, gekrönt wurde. Allerdings geschah dieses Ereignis in der Geschichte erst im Jahre 843 n. Chr. Ob dem eine Wahl vorausging bzw. ob sich - wie im Comic dargestellt - zuvor verschiedene Kandidaten vorstellten, dazu konnte ich keine Quellen finden.

Die historische Unabhängigkeit der schottischen Bevölkerung

Tatsächlich blieben die Völker Kaledoniens (wie Schottland von den Römern genannt wurde) stets unabhängig und haben sich erfolgreich gegen die Römer behaupten können. Damit waren sie um einiges unbeugsamer als die Gallier, welche etwa um die Zeit, in der die Asterix-Geschichten spielen, endgültig von den Römern besiegt wurden. Als die römischen Herrscher bemerkten, dass sie keine Chance hatten, sich dieses Gebiet jemals einzuverleiben, ließen sie unter Kaiser Hadrian zwischen 122 und 128 n. Chr. eine Mauer errichten, welche Schottland vom römisch besetzten Gebiet auf der britischen Insel trennte. Laut Wikipedia war der Hadrianswall 113 Kilometer lang.

Hadrianswall

Hadrianswall (Bild: Karin Scherbart / Asterix bei den Pikten)

Die Autoren dieses Bandes

Didier Conrad (Zeichner)

Die ersten veröffentlichten Zeichnungen des 1959 in Marseille als Sohn Schweizer Eltern geborenen Comiczeichners erschienen schon, als er 14 war, in der Zeitschrift "Spirou". Es folgten dort eine Serie und ein paar längere Comicgeschichten. Im Laufe der Zeit kamen zahlreiche weitere Comics von ihm auf den Markt, darunter "Bob Marone", "Lucky Kid", "Helden ohne Skrupel" und "Die weiße Tigerin". Heute lebt er mit seiner Frau in Kalifornien.

Jean-Yves Ferri (Texter)

Die Karriere des im Südwesten Frankreichs lebenden Comicautors begann mit Comics in Kinderzeitschriften. Sein erstes eigenes Comicheft erschien 1996 mit dem Titel "Les Fables Autonomes" (Die unabhängigen Fabeln). Anfang des neuen Jahrhunderts veröffentlichte er vier Bände, die sich um den ungewöhnlichen Bauern Aimé Lacapelle drehten. Anschließend ersann er gemeinsam mit seinem Autorenkollegen Manu Larcenet, der in diesen Werken für die Zeichnungen verantwortlich war, eine Comicserie namens "Le Retour à la Terre" (Die Rückkehr zur Erde).

Die "Väter" von Asterix und Obelix

Albert Uderzo (Zeichner, später auch Autor)

Er wurde 1927 als Kind italienischer Einwanderer in Reims geboren. Schon im Kindesalter entwickelte er sein Talent zum Zeichnen und brachte sich autodidaktisch die Techniken des Comiczeichnens bei. 1951 lernte er René Goscinny kennen und produzierten außer der Asterix-Reihe einige weitere Comicserien zusammen. Die Asterix-Bände, die sie gemeinsam ersannen, wurden zwischen 1959 und 1974 zunächst in der Zeitschrift "Pilote" veröffentlicht. Die dazugehörigen Filme entstanden ab 1974 in ihrem eigenen Filmstudio. Nach Goscinnys Tod 1977 führte er die Bände alleine weiter und gründete 1979 mit seiner Tochter den eigenen Verlag, die "Editions Albert René" in Paris. 2008 verkaufte er seine Anteile daran.

René Goscinny (früherer Autor)

Goscinny lebte von 1926 bis 1977 in Paris, Buenos Aires, New York und Brüssel. Er war ein Kind jüdischer Eltern aus Polen, die beide die französische Staatsangehörigkeit erlangt hatten. Außer der Gemeinschaftsproduktion der Asterix-Bände mit Uderzo verfasste er unter anderem die Texte zu Lucky Luke sowie einem Tim und Struppi Band. In der Zeitschrift "Pilote" erschien von ihm eine Serie zu "Der kleine Nick". Er starb an einem Herzinfarkt.

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