Was sagt die Wissenschaft zum Burn-out-Syndrom?

Burn-out oder auch Burn-out-Syndrom wird oft unterschiedlich umschrieben. Am häufigsten finden man wohl die folgende Umschreibung:

Burn-out ist einen Zustand physischer oder seelischer Erschöpfung, der als Auswirkung lang anhaltender negativer Gefühle entsteht, die sich in Arbeit und Selbstbild des Menschen entwickeln.
(Quelle: Emener und Mitarbeiter, 1972, in Fengler, 1998, Seite 92)

 

Erweitert wird diese Ausführung zum Burn-out mit der Erklärung:
Das Ausbrennen ist das Resultat andauernder oder wiederholter emotionaler Belastung im Zusammenhang mit langfristigem, intensivem Einsatz für andere Menschen: Das Ausbrennen ist die schmerzliche Erkenntnis (von Helfern), dass sie diesen Menschen nicht mehr helfen können, dass sie nicht mehr zu geben haben und sich völlig verausgabt haben.
(Quelle: Pines, Arsons und Kaffrey, 1993, Seite 25)

 

Alles Quatsch - das gab es früher auch nicht !

... und vielleicht haben sie sogar recht. Hier ein Versuch der Ursachenforschung. Ist es wirklich so schlimm und wenn ja, warum nur?

Zieht man Parallelen zwischen früher, sagen wir mal, vor 50 Jahren und heute, hat sich das Arbeitsleben grundlegend gewandelt. Damit verbunden aber auch die Art, wie heute in der Familie gelebt wird, wie die Ansprüche an die eigene Freizeitgestaltung ist oder die Stellung in der Gesellschaft von sich aus und von Anderen gesehen wird.

Wenn man tiefer in die Thematik einsteigt, erkennt man schnell, dass nicht nur ein Punkt für diesen rasanten Anstieg von Burn-outs verantwortlich ist. Und es ist auch nicht nur im Verhalten der Menschen untereinander zu suchen, nein auch die fortschreitende Technik, vor allem im Bereich der Informationstechnologie, kurz IT, hat einen sehr großen Anteil an dieser Misere.

 

Der Arbeitsplatz

Vergleichen wir zum Beispiel einen Büro-Arbeitsplatz. Heute und vor 50 Jahren.
(Natürlich steht dieses Beispiel nur exemplarisch, denn viele andere Berufe sind ebenfalls betroffen.)

Zitat eines Ruheständlers: "Ich weiß nicht, was die jungen Leute haben, heute arbeiten die 38 Stunden in der Woche. Wir haben früher 48 und mehr Stunden gearbeitet."

Diese Aussage ist absolut korrekt! Aber wie sah der Arbeitsalltag den aus? Vor 50 Jahren gab es keine, oder nur im sehr begrenzten Maße, Unterstützung von Computern am Arbeitsplatz. Das bedeutete, dass sehr viel manuell erledigt werden musste. Stupide, immer wiederkehrende Handgriffe. Es wurden Stunden oder sogar Tage damit verbracht, irgendwelche Zahlen zu addieren. Es steht völlig außer Frage, dass diese Arbeiten mindesten so wichtig waren, wie heute. Dennoch hatte man nicht viel mehr als eine oder zwei verschiedene Aufgaben innerhalb eines Tages zu erledigen.

Mit fortschreitendem Einzug der IT in den Büros hieß es dann auch immer: "Prima, dann sind wir ja viel schneller fertig, der Computer macht ja jetzt die Berechnungen". Nur leider hat es bis heute keinen Chef gegeben, der den Mitarbeitern erlaubt, die gewonnene Zeit mit "Füßehochlegen" zu verbringen. Vielmehr wurde nach und nach die "gewonnene" Zeit mit neuen, sehr wichtigen und dringenden Aufgaben, zu füllen. Wenn wir also den Arbeitsalltag eines Büromenschen von heute mit dem von vor 50 Jahren vergleichen stellen wir fest, dass die Anzahl der verschiedenen Aufgaben um ein Vielfaches gestiegen ist. Wohlgemerkt - in 10 Stunden pro Woche weniger an Arbeitszeit. Gleichzeitig ist natürlich auch die Anzahl der angrenzenden Arbeitsgebiete, die von den produzierten Ergebnissen abhängig sind, im gleichen Maße gestiegen.

Logische Folge daraus ist dann wieder die Tatsache, dass wenn die Ergebnisse nicht zeitig oder sogar falsch abgeliefert werden, andere Teile des Betriebs nicht mehr weiterarbeiten können. Es baut sich so ein enormer Druck auf, eine ständige Angst zu versagen und als Grund für einen allgemeinen Stillstand zu gelten. Keine Frage, ein seelisches Problem. Verstärkt wird das Ganze dann noch dadurch, dass der Schreibtisch niemals leer wird. Der Mitarbeiter hat das Gefühl, das wenn er nicht 110% gibt, ist die Arbeit am Ende des Tages noch mehr, als am Morgen.

Das private Umfeld

In der heutigen Gesellschaft herrscht leider allzu oft die Meinung, nur wer stark ist, gilt auch etwas. Diese "Stärke" wird leider immer wieder verwechselt mit dem Besitz von teuren materiellen Dingen, wie z.B. einem Luxuswagen oder teuren Luxusreisen. Damit wird jedoch immer nur die "finanzielle Stärke" zur Schau gestellt. Und dieses Wettrennen versuchen viele Zeitgenossen, Gott sei Dank nicht die Meisten, mitzumachen.

So kommt es dann, dass der, der dieses Wettrennen mitmacht, permanent im Hamsterkäfig steckt und rennt. Keine Zeit für die kleinen, aber bestimmt nicht unwichtigeren Dinge im Leben. Die fünf Minuten für das kleine Töchterchen, oder das Gespräch mit dem Partner passen leider nicht in den Zeitplan.

Der Betroffene, bzw. der gefährdete Mitmensch hat immer das Gefühl, die zur Verfügung stehende Zeit muss lückenlos ausgefüllt werden. 

Was tun?

Ein guter Bekannter von uns war einmal in dieser misslichen Lage. Immer gehetzt, nie Zeit und ständig ruhelos. Leider ist es nicht gut ausgegangen. Die Ehe ist daran zerbrochen und unser Bekannter fast auch. Heute, etwa 6 Jahre später, steht vor uns ein neuer Mensch. Nichts erinnert mehr an den gehetzten und oft unfreundlich wirkenden Mann von vor 6 Jahren. Wie ist es dazu gekommen?

Der Bruch der Ehe hat ihn sozusagen wach gerüttelt. Natürlich sollte es, um dem Burn-out zu entgehen, nicht immer solcher drakonischen Geschehnisse bedürfen.

Er hatte gelernt, NEIN zu sagen. Es funktionierte. Die Welt drehte sich weiter, obwohl die Arbeit liegen blieb. Zu Hause oder im Büro.

Wissenschaftliche Studien belegen, dass ausgeruhte und ausgeglichene Menschen Aufgaben und Probleme wesentlich effektiver und effizienter lösen, wenn Ausgeruhtheit und innere Ausgeglichenheit gegeben sind. Der Gehetzte, Überarbeitete und Unausgeruhte dagegen, macht mehr Fehler und die Aufgabe muss noch einmal erledigt werden. Das führt zu noch mehr Zeitknappheit und ist der Beginn des Teufelskreises. Man steuert zielsicher auf ein Burn-out zu.

Natürlich ist es jedoch nicht möglich, immer und in jeder Lebenslage, privat oder auch beruflich, Nein zu sagen. Deshalb ist es ratsam, sich feste Zeiten einzuplanen, an die NIEMAND rütteln darf.
Wie diese Zeiten genutzt werden, kann völlig unterschiedlich sein. Der gemeinsame Spaziergang mit dem Partner, die Gutenacht-Geschichte für die Kinder oder einfach nur mal eine Stunde lang nichts tun - einfach nur seinen Gedanken nachhängen. Sie werden sehen - die Welt funktioniert trotzdem noch. Außerdem werden Sie feststellen, wie schön es sein kann, die kleinen und unscheinbaren Dinge des Lebens wahrzunehmen und vielleicht sich daran zu erfreuen.

Der erste Schritt wäre getan - so wie damals bei unserem Bekannten.

Wussten Sie, dass das genaue Gegenteil von Burn-out fast dieselben Symptome hervorrufen kann?

Lesen Sie hier über das Bore-out-Syndrom.

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Eine weitere, sehr interessante Betrachtungsweise.

Autor seit 12 Jahren
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