Dankbarkeit ist wieder "in"

Die Empfindung der Dankbarkeit bekommt momentan vor allem im amerikanischen Raum ziemlich viel "Publicity": Dankbarkeit heilt, tut gut, macht glücklich.

Das behaupten zumindest die Vertreter der sogenannten Positiven Psychologie, die der Dankbarkeit zu ganz neuem Ansehen verholfen haben. Sie empfehlen das Dankbarkeitstagebuch als eine wirksame Glücksstrategie.

Was kann Dankbarkeit für uns bewirken?

Die amerikanische Psychologin Sonja Lyubomirsky zählt in ihrem Buch "The How of Happiness" gleich acht positive Wirkungen auf, die Dankbarkeit uns bescheren kann:

1) Wer dankbar ist, kostet die schönen Momente des Lebens intensiver aus

2) Wer dankbar ist, fördert das eigene Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl

3) Dankbarkeit hilft dabei, mit Stress und Problemen besser und konstruktiver umzugehen

4) Dankbarkeit macht hilfsbereiter und rücksichtsvoller

5) Dankbarkeit hilft uns bei der "Beziehungspflege"

6) Dankbarkeit macht uns weniger anfällig für Neid und Minderwertigkeitsgefühle

7) Dankbarkeit kann Gefühle wie Ärger und Bitterkeit verringern

8) Dankbarkeit hilft uns dabei, von positiven Erlebnissen und Begegnungen länger zu zehren

Sonja Lyubomirsky: "Glücklich sein: Warum Sie es in der Hand haben, zufrieden zu leben" ("The How of Happiness")
Glücklich sein: Warum Sie es in der Hand haben,...

Dankbar sein: Auf das "Wie" und "Wann" kommt es an

Für viele Menschen ist es inzwischen ein tägliches Ritual: Gleich morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Einschlafen schriftlich festhalten, wofür man dankbar ist.

Doch Sonja Lyubomirsky schränkt ein: Nicht jedem tut das Dankbarkeitstagebuch gleichermaßen gut, diese Methode muss zur eigenen Persönlichkeit passen, man muss sich wohl damit fühlen.

Und: In ihren Studien mit Testpersonen hat die Psychologin festgestellt, dass man am meisten aus einem Dankbarkeitstagebuch zieht, wenn man einmal pro Woche einen Eintrag macht. 

Erzwungene Dankbarkeit macht keinen Sinn

"Sei doch mal dankbar", "Bedank' dich bei der Tante", …

Die meisten von uns kennen diese Sätze wahrscheinlich noch aus der Kindheit und wissen: Erzwungenes Danken macht keinen Sinn.

Für manche Menschen hat Dankbarkeit deshalb sogar einen negativen Beigeschmack, auf andere wirkt das bewusste Dankbarsein eher pathetisch und klingt nach "positivem Denken. 

Ist Dankbarkeit nicht mehr als "positives Denken"?

Dankbarkeit ist weniger "positives Denken" als vielmehr konstruktives Denken und das ist in den meisten Fällen einfach sinnvoll und praktisch: Gerade wenn es uns nicht besonders gut geht, wenn wir in einer Krise stecken, dann ist es sinnvoll, die eigenen Ressourcen zu nutzen – und die müssen wir eben erstmal erkennen!

Wir Menschen neigen aber dazu, eher das Schlechte, Negative und Ärgerliche wahrzunehmen  - angeblich ist diese Tendenz, so die Psychologie, noch ein Überbleibsel unserer Steinzeit-Vorfahren, die in allem Gefahr und Bedrohung witterten und für ihr Überleben auf dieses "negative Denken" angewiesen waren.

Wir sind also regelrecht aufs "Gefahren-Vermeiden" gepolt.

Dankbarkeit ist konstruktiv

Eigentlich ist es ganz simpel: Uns der guten Dinge bewusst sein, die uns umgeben, die eigenen Gaben erkennen, die positiven Seiten unserer Mitmenschen sehen,...

Ist es nicht schlauer, unseren Blick auf das zu richten, was vorhanden ist, was wir nützen können, mit was wir "etwas anfangen" können als auf

  • den Mangel an... (Geld, Toleranz, Höflichkeit,...)
  • das, was eigentlich da sein "sollte" (es aber nicht ist)
  • das was einer bestimmten Vorstellung entsprechen "müsste" (es aber nicht tut)?

(Was natürlich nicht heißt, dass aus Mängeln und Problemen nicht auch Verbesserungen und Lösungen entstehen können - aber meistens erst dann, wenn man den Blick in eine neue Richtung lenkt und für eine positive(re) Richtung offen wird.)

Wenn wir uns auf das Positive konzentrieren, dann nimmt dieses Positive in unserem Leben zu.

Denn: Unsere gesteigerte Wahrnehmung für positive Dinge führt dazu, dass wir mehr von ihnen erkennen.

Jeder kennt wahrscheinlich diesen Effekt: Wenn wir uns heute für eine bestimmte (neue) Automarke entscheiden, dann sehen wir auf den Straßen plötzlich überall Autos dieser Marke. Vorher hätten sie aber genausogut unsichtbar sein können, denn wir haben sie einfach nicht wahrgenommen.

"Begegnet uns jemand, der uns Dank schuldig ist, gleich fällt es uns ein. Wie oft können wir jemandem begegnen, dem wir Dank schuldig sind, ohne daran zu denken!"

(Johann Wolfgang von Goethe)

Auch das kann Dankbarkeit sein

Manchmal fällt es einfach schwer, richtig dankbar zu sein. Erzwingen sollte man eine dankbare Haltung auf keinen Fall.

Dankbarkeit kann aber auch heißen:

"… ist zwar echt blöd (ärgerlich/frustrierend/unangenehm…), aber immerhin …"

Dankbarkeit kann auch mit einer Haltung des Nicht-Urteilens anfangen:

"Wer weiß, wofür es gut ist, dass …?"

Vielleicht hat eine vermeintliche negative Entwicklung ja tatsächlich auch einige positive Aspekte. Auch daraus kann später Dankbarkeit entstehen.

"Hm, ist ja vielleicht gar nicht mal so schlecht, dass …"

Barry N. Kaufman praktiziert diese Haltung des Nicht-Urteilens ganz radikal in seinem Buch "Happiness is a choice":

"Die Börse bricht zusammen und ich verliere mein Kapital - wie wunderbar! Was für eine Gelegenheit, mich nicht auf meine Investitionen zu stützen. Meine Frau kündigt an, dass sie mich verlassen wird. Perfekt! Ich vertraue darauf, dass dies zum Besten für sie, mich und die Kinder sein wird. Ich werde gekündigt. Wie interessant! Meine Gelegenheit, zu überdenken, wer ich wirklich bin und was ich vom Leben möchte."

"Happiness is a choice" (Barry N. Kaufman)
Happiness Is a Choice

Jeder muss selbst entscheiden, ob ihm bewusste Dankbarkeit gut tut

Wer kein Dankbarkeitstagebuch führen möchte, für den gibt es auch andere Wege, um die positive Wirkung der Dankbarkeit für sich zu nutzen.

Sonja Lyubomirsky empfiehlt:

  • eine Methode zu finden, mit der man sich selbst wohlfühlt
  • auch Dankbarkeit direkt auszudrücken tut vielen Menschen gut
  • die Haltung der Dankbarkeit sollte niemals zur langweiligen Routine werden, sondern "neu" und interessant bleiben
  • eine wunderbare Alternative zum Dankbarkeitstagebuch ist der Dankeschönbrief - der wirkt gleich doppelt gut! Wer mehr darüber erfahren möchte, findet hier nähere Informationen.
Sonja Lyubomirsky: Dankbarkeit macht glücklich - (in englischer Sprache)

Das Dankbarkeitstagebuch als Geschenkidee

Ein Dankbarkeitstagebuch ist auch eine sinn- und wertvolle Geschenkidee für Menschen, die wirklich offen sind für diese Erfahrung.

Alles, was man braucht: Ein dekoratives leeres (Tage)Buch und vielleicht einige Musterfragen als Anreiz zum "Weiterdenken".

Beispiele:

Meine Top Ten: Dinge, für dich ich ganz besonders dankbar bin:...

Ich könnte einfach nicht ohne … (meine Tasse Kaffee am Morgen, die entspannende Dusche nach der Arbeit, meinen Sonntagsspaziergang, …)

5 Dinge, die ich an mir selbst mag

5 Dinge, die ich an meinem Wohnort wirklich zu schätzen wüßte, wenn ich hier meinen Urlaub verbringen würde... 

Wenn ich aus dem Fenster schaue, dann bin ich heute wirklich dankbar für …

Dankeschön!

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für euer Interesse an diesem Artikel!

Welche Erfahrungen habt ihr mit der Dankbarkeit gemacht?

Wie fändet ihr es, wenn wir (wie die USA und ihr "Thanksgiving") auch einen eigenen Feiertag für die Dankbarkeit hätten?

Führt ihr ein Dankbarkeitstagebuch - oder würdet ihr es gerne ausprobieren?

Könntet ihr euch vorstellen, dass die täglichen Fernsehnachrichten mit dem folgenden Kommentar enden: "… aber wird sind dankbar dafür, dass …" :)

Michaela, am 30.09.2010
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