Ein zweiter Versuch nach der Teilung Tonderns

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Volksabstimmung über den Verlauf der deutsch-dänischen Grenze. Sie führte zur Teilung des Kreises Tondern mit dem Ergebnis, dass der Nordteil mit dem Hafen Hoyerschleuse zu Dänemark und der Südteil als Landkreis Südtondern zu Deutschland gehörte. Nun war für Deutsche plötzlich ein Visum erforderlich, um über Dänemark zum Festlandshafen Hoyerschleuse (dänisch: Højer Sogn) und dann weiter nach Sylt zu kommen. Auch nach der Teilung Tonderns ging der Bäderverkehr nach Sylt weiter. Dänemark erlaubte den Transit und plombierte einfach an der dänischen Grenze die Züge. So war eine Fahrt nach Sylt weiter problemlos möglich, und sogar eine Zollkontrolle konnte entfallen.

Trotzdem, aber dieses Mal weitaus heftiger als beim ersten Versuch, begannen 1920 ernsthafte Überlegungen für einen "deutschen Zuweg" nach Sylt.

1921 beginnen die Vorarbeiten zum Bau des geplanten Bahndammes. Im Mai 1923 startete der Bauversuch. Aber nach nur drei Monaten Bauzeit spülte eine verheerende Sturmflut die gesamte Baustelle fort ins Wattenmeer.

Im dritten Versuch klappte der Versuch des Bahndammbaus

Danach musste neu geplant werden, um das Desaster aus dem zweiten Versuch ausschließen zu können. Entlang des geplanten Bahnkörpers wurde eine Spundwand aus Stahlplatten in den Wattboden getrieben, um das Wasser fern zu halten. Erst dann konnte der Bau des Bahnkörpers von beiden Seiten beginnen. Von der Insel brachten täglich 30 Frachtsegler, drei Schlepper und 20 Schuten Material heran, vom Festland rollten täglich 70 Waggons Baumaterial heran. 3,6 Millionen Kubikmeter Erde und 400.000 Tonnen Steine wurden verbaut, bis der Bahndamm mit 50 Metern Breite auf seiner Sohle und auf der Krone mit 11 Metern Breite fertig war. Der Damm kostete 18,5 Millionen Rentenmark und bot bis zu 1500 Menschen Arbeit..

Der Hindenburgdamm

Reichspräsident Paul von Hindenburg auf der Jungfernfahrt

Paul von Hindenburg ließ es sich nicht nehmen, bei der Jungfernfahrt am 1. Juni 1927 dabei zu sein und die Fahrt von Klanxbüll nach Sylt in seinem Salonwagen zu genießen. Damit war auch der Name "Hindenburgdamm" für die feste Bahnverbindung vom Festland nach Sylt geboren.

Die ursprünglich eingleisige Bahnverbindung wurde wegen des immer größer werdenden Passagieraufkommens später weiter ausgebaut – der Autotransport per Bahn wurde 1932 eingeführt - und wird seit 1972 durchgängig zweigleisig betrieben.

Im Herbst 2016 wurde nach jahrelangen Prozessen das Monopol der Reichsbahn, Deutschen Bahn und Bahn AG gebrochen und mit dem amerikanischen Bahnunternehmen RDC ein weiterer Wettbewerber zugelassen

 

 

Heute werden über den Hindenburgdamm pro Jahr per Bahn rund vier Millionen Menschen und rund eine Million Autos befördert. Hinzu kommt ein Pendelverkehr mit dem Schiff als Auto- und Personenfähre zur 3 Kilometer entfernten dänischen Nachbarinsel Rømø.

Eine direkte Verbindung schafft auch Probleme

Spötter behaupten immer noch, der Hindenburgdamm sei der Gleisanschluss für eine Sandbank. Für Sylter und Gäste der Luxusinsel ist der Hindenburgdamm seit 90 Jahren die unverzichtbare Lebensader, die aber tiefgreifende Veränderungen für die Insel brachte.

Da der Damm das Wattenmeer durchschneidet und sich Ebbe und Flut nicht mehr ganz rund um Sylt auswirken können, hatte sich das Wasser auf der Ostseite beruhigt. Dort setzte sich immer mehr Schlick im Watt ab.

Probleme für Watt, Flora und Fauna

Als der Damm fertig ist, ist er 11,3 Kilometer lang, er teilt das Watt. Damit umspülen Ebbe und Flut die Insel nicht mehr an ihrer Ostseite. Durch das beruhigte Wasser setzte sich immer mehr Schlick und Sand ab. 1954 entstand so direkt an Damm und Festland der Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog als Landgewinnung. Damit ist der Hindenburgdamm zwischen dem letzten Punkt des Festlandes und der Insel inzwischen nur noch 8,1 Kilometer lang.

Über den Damm als feste Verbindung konnten auch Fuchs, Maulwurf und Dachs auf die Insel gelangen. Das brachte außergewöhnliche Veränderungen für insbesondere die Vogelwelt auf der Insel und im Watt.

Probleme für die Insel

Das Inselleben hat sich völlig verändert. Sylt erlebt durch die vielen Autos jedes Jahr inzwischen vor allem im Sommer einen Verkehrsinfarkt. Wartezeiten für die Verladung der Autos auf die Bahn von drei Stunden während der Hochsaison sind trotz rechtzeitiger Anmeldung keine Seltenheit.

Rund 15.000 Einwohner in 12 Ortschaften und rund 60.000 Gästebetten machen die Touristenhochburg Sylt aus. Wenn sich im Sommer täglich rund 150.000 Menschen inklusive der Tagestouristen auf der Insel befinden, kann das auch für deren Erholung ein Problem werden. Man erinnert sich an die Worte der Sylter Urväter, die schon bei der Planung des Bahndammes eine Entfremdung ihrer Orte befürchteten.

Es soll aber auch erwähnt werden, dass sich überall auf der wunderschönen Insel Sylt immer ruhige naturnahe Plätze abseits der Stadt Westerland und seines Strandes finden lassen, weil sich in Westerland "das Leben konzentriert".

Die Insel ist inzwischen sehr zersiedelt, obwohl oder weil die Immobilienpreise mit durchschnittlich rund 7.500 € pro Quadratmeter für einen Kauf von Wohnraum noch immer steigen und der Bauboom keinen Halt kennt. Erhöhte Lebenshaltungskosten - schließlich müssen alle Lebensmittel und alle sonstige Waren auf die Insel transportiert werden - vertreiben viele Einheimische und von der Tourismusbranche dringend benötigte Arbeitnehmer von der Insel aufs Festland. Viele Arbeitnehmer pendeln täglich zwischen Festland und Sylt, weil ihnen auf der Insel kein Wohnraum zur Verfügung steht und vorhandener Wohnraum an Urlauber vermietet wird.

Ein weiteres Problem sind die Zweitwohnungen, die den Insulanern Wohnraum entziehen und das gewachsene dörfliche Leben auf der Insel zum Erliegen bringen, weil meist teure Liegenschaften von ihren wohlhabenden Eigentümern nur wenige Wochen im Jahr bewohnt sind. Die Gentrifizierung Sylts ist in vollem Gang.

 

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