Diese Zahlen sprechen für sich

Alkoholverzehr gehört zum "guten Ton". Seine Gefahren werden oft verharmlost, obwohl jährlich in Deutschland für 74.000 Todesfälle der Alkohol die Ursache ist.

Der Alkohol und sein Verzehr können in Deutschland mit äußerst bedenklichen Zahlen aufwarten. Über 90 Prozent der Bevölkerung trinken Alkohol. Dafür gibt die Werbewirtschaft pro Jahr in Zeitungen, TV, Radio, Plakate, Publikumszeitschriften und Fachzeitschriften 543 Millionen Euro aus. 3,3 Milliarden Euro nimmt der Staat jährlich an Alkoholsteuern ein. Statistisch trinkt jeder Deutsche 135,4 Liter Alkohol oder 9,6 Liter reinen Alkohol. Die Polizei verzeichnet nimmt jährlich über 15.000 Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss mit knapp 400 Toten zu Protokoll, und bei 55.000 Gewalttaten pro Jahr ist Alkohol im Spiel.

74.000 Menschen sterben in Deutschland pro Jahr wegen ihres Alkoholkonsums. Das sind so viele Menschen, wie sie in das prall gefüllte Berliner Olympiastadion hineinpassen, wenn alle 74.649 Plätze besetzt sind und das Stadion ausverkauft ist.

Die deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) bezeichnet unter Berufung auf den jüngsten Mikrozensus 1,77 Millionen Menschen in Deutschland als alkoholabhängig und 1,61 Millionen Menschen als suchtgefährdet. Rund 10 Millionen Menschen zeigen ein höchst riskantes Verhalten im Umgang mit Alkohol an der Grenze zur Sucht und Abhängigkeit.

Betroffen kann jeder sein

Die Gefahren des Alkoholverzehrs sind allen Menschen eigentlich bekannt, nur meint jeder, das Problem Alkohol und dessen problematischer Verzehr betreffe nicht ihn, sondern immer nur die anderen.

 

Durchschnittlich trinken Erwachsene in Deutschland pro Jahr eine Badewanne ( 130 bis 140 Liter ) voller Alkohol leer.

 

Das ist viel zu viel, sagen alle Experten. Denn die Zahlen sprechen für sich. In Deutschland gibt es zwei Millionen Alkoholiker, und zehn Millionen Menschen gefährden mit Alkohol ihre Gesundheit. Die gesellschaftlichen Kosten auf dem Gesundheitssektor wegen des Alkohols belaufen sich auf 60 Milliarden Euro im Jahr.

Alkohol hat in vielen Kulturen einen festen Platz, auch in unserer. Alkohol ist die legale Droge in der Mitte unserer Gesellschaft. Aber nur wenige Menschen stellen sich die Fragen "Wird der Konsum alkoholischer Getränke vielen zu einfach gemacht? Ab wann wird Alkohol zur gesundheitlichen Gefahr?" Trotzdem hat sich in den vergangenen Jahren in der Alkohol-Politik kaum etwas getan.

Zum Thema Alkohol schläft die Politik tief

Die Schweden haben es uns vorgemacht. Sie haben den Alkohol deutlich verteuert, Hochprozentiges wird nur in speziellen Läden und nicht nachts verkauft, und die Werbung für Alkoholhaltiges ist drastisch eingeschränkt. Diese drei Maßnahmen führten zu dem Ergebnis, dass die Schweden deutlich weniger trinken als davor.

Doch statt die Regeln zu verschärfen, soll zum Beispiel in Baden-Württemberg das Verkaufsverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr durch die grün-schwarze Landesregierung sogar wieder aufgehoben werden, obwohl das Verbot die Zahl der komasaufenden jungen Erwachsenen reduziert hatte.(Foto © ZDF und Felix Korfmann)

Während sich Experten in Deutschland für schärfere Regeln einsetzen, verwässern Wirtschafts- und das Landwirtschaftsministerien offenbar diese Verschärfungen. Das zeigen Dokumente, die "ZDFzoom" und dem Recherchezentrum correctiv.org vorliegen.

Die Politik will offensichtlich gar nicht regulieren. "ZDFzoom" blickt hinter die Kulissen bei den aktuellen Verhandlungen zwischen Gesundheitsexperten und den zuständigen Bundesministerien um schärfere Regelungen beim Alkohol und beleuchtet die Einflüsse der Alkohol-Lobby.

Seit Jahrzehnten ist belegt, dass nicht nur hohe Dosen Alkohol die Gesundheit schädigen. Schon kleine Mengen von Alkohol können Krebs auslösen oder Krankheiten verstärken.

Alkohol kennt viele Ausreden und fadenscheinige Begründungen

Alkohol verdunstet beim Kochen

ist eine beliebte Redewendung. Sie stimmt aber nur zum Teil. Tatsächlich verdunstet Alkohol ab einer Kochhitze von 78 Grad schneller als Wasser. Er verbleibt aber in den Lebensmitteln. Auch nach einer Kochzeit von 15 Minuten sind noch etwa 40 Prozent des Alkohols im Essen enthalten.

Ein Schnaps nach dem Essen hilft bei der Verdauung

gehört ebenfalls in die Schublade der großen Irrtümer. Mit dem "Schnaps danach" benötigt der Körper sogar länger als ohne Schnaps, das Fett im Magen abzubauen.

Rotwein schützt Herz und Gefäße

ist eine beliebte Begründung für ein Glas Rotwein. Ein Schutz des Herzens durch den Alkohol im Rotwein ist nicht nachgewiesen, wohl aber für die Flavonoiden, die auch im Traubensaft und Tee enthalten sind. Grundsätzlich begünstigt Alkohol bis zu 60 verschiedene Krankheiten.

Ein Gläschen düfen auch Schwangere trinken

ist der wohl größte Irrglaube. Das ungeborene Kind muss jeden Schluck mittrinken. Es hilft während der Schwangerschaft nur ein unbedingter Verzicht auf Alkohol, der in kleinsten Dosen schon zu einer Schädigung der Organe und Nerven des ungeborenen Kindes führen kann. Auch nur ein kleines bisschen Gift bleibt Gift.

Nach einer Stunde Warten ins Auto?

Nein, denn erst nach einer Stunde hat sich der Alkohol so richtig im Körper platziert und der Promillewert seinen Höchststand erreicht. Der Körper braucht zum Abbau des Alkohols für 0,1 bis 0,2 Promille eine Stunde, egal, ob der Mensch schläft oder nicht. Und dazu: Schon mit 0,3 Promille kann ein Unfall zu einer Straftat werden.

Alkoholismus ist eine "schleichende" Krankheit

"So viel trinke ich doch gar nicht, und die anderen trinken doch viel mehr" ist der beliebte Standardsatz, wenn Menschen auf ihr regelmäßiges Trinkverhalten angesprochen werden. Aber Alkoholverzehr hängt nicht vom Verhalten anderer ab. Der Betroffene spürt nämlich seine Alkoholabhängigkeit im Normalfall nicht, denn die Sucht ist ganz langsam durch Gewohnheit und langsame Steigerung der Mengen gewachsen. Meistens geht die Steigerung der Menge der "weichen Suchtmittel" mit dem gelegentlichen bis ständigen Verzehr von "harten Suchtmitteln" wie Schnaps einher. Die Alkoholsucht und -krankheit tritt "normalerweise" dann auf, wenn zwei Dinge zusammenwirken: Alkoholkonsum über viele Jahre oder gar Jahrzehnte und genetische Voraussetzungen.Die Medizin spricht dann von Alkoholkrankheit.

Ein Test zur Überprüfung der eigenen Alkoholgefährdung

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren (DHS) konstatiert eine Alkiholabhängigkeit, wenn innerhalb der letzten 12 Monate zwei von sechs Indikatoren für eine Alkoholsucht erfüllt wurden:

  • Man hat den starken Wunsch, Alkohol zu konsumieren.
  • Zeitpunkt, Beginn, Beendigung und vor allen Dingen die Menge des Konsums verschieben sich.
  • Körperliche Entzugserscheinungen wie Zittern treten ohne Alkoholkonsum auf.
  • Es steigt über die Zeit der Zwang, immer mehr Alkohol zu konsumieren, um die Wirkung des Alkohols zu verspüren.
  • Der Verzehr von Alkohol wird langsam wichtiger als andere Interessen wie beispielsweise Familientreffen, Sport oder andere Freizeittermine.
  • Körperliche, soziale und psychische schädliche Folgen des erhöhten und fortwährenden Alkoholkonsums hindern nicht am weiteren Alkoholkonsum.

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Es helfen nur die eigene Einsicht und der eigene Wunsch zur Änderung

Die obigen Punkte sollte jeder für sich allein im stillen Kämmerlein ehrlich beantworten. Ehrliche Selbstbeobachtung und die Erkenntnisbereitschaft zur Einsicht sind aber für viele Alkoholkranke die erste (fast) unüberwindbare Hürde, wieder Herr über sich selbst zu werden und einen erfolgreichen Kampf gegen die eigene Abhängigkeit führen zu können. Der erste, wichtigste Schritt "zurück in die Realität" ist die eigene Erkenntnis, alkoholkrank zu sein.

Alkoholsucht ist eine Krankheit

Alkoholismus ist seit 1968 als Krankheit anerkannt. Seitdem fällt die Behandlung dieser Krankheit in die Zuständigkeit der Krankenkassen und der Rentenversicherung. Nach dem jährlich erscheinenden "Jahrbuch Sucht" der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) erzeugt Alkohol bei Alkoholkranken meistens Abhängigkeit in rein körperlicher, aber auch psychischer Hinsicht, zumal Alkohol überall und jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar und sein Konsum gesellschaftlich zu jedem Anlass gefördert wird.. Darin besteht sein besonderes Gefährdungspotenzial. 20 Prozent der Menschen, die regelmäßig Alkohol zu sich nehmen, können alkoholkrank und damit abhängig bis stark abhängig werden, während die übrigen 80 Prozent "nur" ihren Körper schädigen: Nervenleiden, Nervenkrankheiten und Depressionen, der Abbau von Zellen vorrangig im Gehirn, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und die Rückbildung von Organen und Geweben und die Verkürzung der Lebenszeit sind die bekanntesten Folgen.

Hilfe bei der Bekämpfung der Alkoholsucht

Folgende Schritte gegen die Alkoholsucht sollten der Reihe nach unternommen werden, weil dieser Weg schon oft erfolgreich begangen wurde:

  1. Der Betroffene muss merken, dass er alkoholkrank ist, und wollen, dass er nicht mehr süchtig ist. Ohne eigene Einsicht klappt gar nichts. Und wenn Angehörige oder Verwandte den Betroffenen immer wieder auffordern, doch mal etwas zu tun, wird der Betroffene höchsten bockiger und erklärt nur, er sei doch gar nicht alkoholkrank.
  2. Einen Arzt aufsuchen, das Problem besprechen. Meist kann der Arzt eine Selbsthilfe-Organisation in der Nähe benennen, die erfolgreich arbeitet.
  3. Kontakt mit der Organisation aufnehmen. Die erste Kontaktaufnahme kann und sollte durch den Alkoholsüchtigen oder nur mit dessen Einwilligung durch den Partner geschehen.
  4. Mit Hilfe dieser Selbsthilfe-Organisationen gelingt meist noch am selben Tag die Einweisung in eine eigens darauf spezialisierte Klinik zur 10-tägigen Entgiftung.
  5. Danach Aufnahme des gewohnten Lebensrhythmus und regelmäßiger wöchentlicher Besuch des Treffens der Betroffenen.

Der "Weg zurück" ist lohnenswert

Die Bekämpfung der Alkoholsucht geschieht oftmals mit fremder, meist ärztlicher Hilfe, jedoch ist ein Erfolg nur möglich, wenn der Kopf und die Einsicht mitspielen. Aber selbst dann kann sich noch zeitweise die Sucht durchsetzen.

Es gibt meist bedauerliche, aber "normale" Rückfälle, in denen die Sucht vorübergehend über die Einsicht "siegt". Das gilt für jede Form von Sucht, sei es die Tablettensucht, die Spielsucht oder die Drogensucht, also auch für die Alkoholsucht. Oft sind mehrere Versuche notwendig, bis es beim letzten Versuch klappt. Der "Weg zurück" lohnt immer, denn Alkohol macht einsam, lässt die Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit abnehmen, verändert die Persönlichkeit grundlegend und verhindert Sensibilität.

Der Alkoholsüchtige sollte sich auf seinem Weg zurück in die Gesellschaft jeden erfolgreichen Tag auf diesem Weg belohnen: Einfach etwas "Schönes" ohne Alkohol genießen.

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