"O Holy Night"

Nat King Cole ist für mich buchstäblich der König des Gesangs. Mit seiner unverwechselbaren, samtigen Stimme, die ihren letzten Schliff laut eigenen Angaben durch zuviel Rauchen erhalten hat, lullt er den Zuhörer ein wie in eine weiche Decke. Nat King Cole, ein kuscheliges Sofa, ein Glas (Glüh-)wein - mehr braucht es nicht, um den Romantiker in mir wachzukitzeln.

Auch Neil Diamonds Version von "O Holy Night" verfehlt bei mir ihre Wirkung nicht. Lustigerweise heißt das Lied im Original "Minuit, Chrétiens" (Mitternacht, Christen), und wird dennoch in seinen populärsten Interpretationen von Juden vorgetragen. Entstanden ist der Text  von "Minuit, Chrétiens" um 1840, als ein französischer Ortspfarrer den Gelegenheitspoet Placide Cappeau um ein Weihnachtsgedicht gebeten hatte. Insofern hat es beinahe eine ähnliche Geschichte wie das 1817 komponierte "Stille Nacht" von Joseph Mohr und Franz Gruber, das einen Siegeszug durch die gesamte Welt angetreten hat und in viele Sprachen übersetzt wurde. Ganz so berühmt ist "O Holy Night" nicht, doch der Text geht ans Herz und wurde sogar von Enrico Caruso in großen Opernhäusern interpretiert.

Rudolph the rednosed Reindeer - Dean Martin

Eigentlich bin ich nicht so sehr für "alberne" Weihnachtslieder zu haben. Ich mag es, wenn die Weihnachtsbotschaft der göttlichen Liebe vermittelt wird, was in "Leise rieselt der Schnee" oder "Jingle Bells" nicht der Fall ist. Eine Ausnahme gibt es: Dean Martins Version von Rudolph, dem rotnasigen Rentier. Mit typischer Weinseligkeit, einem Augenzwinkern und Launigkeit sondergleichen gibt Dino die Geschichte des tierischen Außenseiters zum Besten, der aufgrund seiner Andersartigkeit von seinen Rentierkameraden gehänselt und gemieden wird, dafür aber Santa Claus auf die zündende Idee bringt, ihn als "Leuchter" vor den Schlitten zu spannen. So wird der ehemals verspottete Rudolph zum Star.

Eine sehr schöne Metapher, die sich durchaus auf unsere Gesellschaft übertragen lässt und der Weihnachtsbotschaft kein bisschen fern ist.

Leider kann ich Dinos Version von Rudolph nicht finden, daher muss eine Alternative her...

Joy to the World (Freue dich Welt)

"Joy to the World" wird hauptsächlich im angelsächsischen Raum gesungen. Als eigene Komposition kann es nicht bezeichnet werden; die Melodie stammt aus dem "Messias" von Georg Friedrich Händel, den Text schrieb 1719 Isaac Watts. Er basiert auf dem 98. Psalm. In seine endgültige, heute gängige Form arrangierte es Lowell Mason im Jahre 1836. Ich mag die poppige Version von Boney M., habe jedoch ein Kuriosum aus "Bonanza" gefunden, dass ich euch nicht vorenthalten möchte:

Auch die Cartwrights feiern Weihnachten mit Hausmusik

Little Drummer Boy - Bob Seger

Ganz ehrlich: dieses durch und durch amerikanische Stück gefällt mir - bei entsprechender Stimmung - selbst von Heintje, der Kelly Family oder Heino. Wer allerdings immer und wahrscheinlich sogar im Hochsommer damit bei 30°C im Schatten in mir weihnachtliche Gefühle wecken könnte, ist Bob Seger. Sein Little Drummer Boy kommt eher unprätentiös daher, ein wenig schroff, und doch mit soviel Inbrunst, dass der Text beinahe zur Nebensache wird. Der Titel lautete ursprünglich "Carol of the Drum" und wurde - man höre und staune - trotz der unbestreitbaren kriegerischen Referenzen - 1941 von einer Frau geschrieben. Im selben Jahr am 8. Dezember traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Die Trapp-Familie sang ihn knappe zehn Jahre später im Filmklassiker "The Sound of Music" zum Weihnachtsevergreen-Olymp.

Auch Jimi Hendrix und Cyndi Lauper, die schrille Skandalnudel der 1980er, schreckten nicht davor zurück, sich daran zu versuchen. Die wohl bekannteste "experimentelle" Version ist "Peace on Earth", ein Duett zwischen Bing Crosby und David Bowie, das Elemente aus "Little Drummer Boy" mit einer eigener Kompositionen verknüpft.

White Christmas - Nein, nicht von Bing Crosby.

Nichts ist so beliebt, aber auch so oft gecovert wie Bing Crosbys Traum von Weißer Weihnacht. Leider werden einem solche immer wieder den Gehörgang malträtierenden Evergreens oft verleidet, und so ist es kein Wunder, dass "White Christmas" für mich in etwa auf dem selben Level rangiert wie das die Geister scheidende "Last Christmas" von Wham. Nämlich ziemlich weit unten. Nein, ich mag Otis Reddings eigenwillige, melancholische Version.

Der großartige Soul-Sänger, der mit nur sechsundzwanzig Jahren 1967 bei einem Flugzeugunglück starb, wurde vor allem mit "Sitting on the Dock of the Bay" weltbekannt. Seine Songs sind aber immer noch in Werbefilmen und in Kino oder Fernsehen zu hören.

Otis Redding - neu entdeckt für "Love Actually"
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