Walpurgisnacht, 30. April auf dem Brocken

Obwohl der Brocken im Norden Deutschlands ganze 1142 Meter über den Meeresspiegel ragt, glauben die Menschen hier nicht an den Sitz der Götter. Im Gegenteil betrachten sie den Brocken als Amtssitz des Teufels. Zur Walpurgisnacht, jährlich am 30. April versammelt der Teufel auf dem Brocken sein Gefolge. Ganze Heerscharen von Hexen werden empfangen, um hier Kraft für neue böse Taten im folgenden Jahr zu sammeln. Um ihre Unterwerfung unter die Macht des Teufels zu zeigen, küssen die Hexen sein stinkendes Loch am Hintern. Ansonsten ist die Walpurgisnacht ein ausuferndes Gelage mit Tanz und Schabernack zwischen Hexen und Tieren. Schrille Musik, wilde Tänze, lodernde Feuer, Saufen, Fressen und Wollust bestimmen das Treiben in dieser Nacht. Danach haben die Hexen genug der "bösen Kraft" aufgenommen. Ist die Mitternacht beendet, verschwinden alle Geister und die Maikönigin sowie der Maigraf übernehmen das Zepter des Frühlings in der Natur. Vom Hexenspuk bleiben dann nur die Felsen Teufelskanzel und Hexenaltar zurück.

Tafel auf dem Brocken vor dem Hexenaltar

Hexenkult - was stimmt wirklich?

Schon viele Jahrhunderte tanzen die Hexen auf dem Brocken. Sagen und Geschichten berichten eindringlich davon. Brauchbare geschichtliche Belege sind allerdings rar. Im 15. Jahrhundert wird in einem Beichtbuch von Zauberinnen berichtet, die auf dem Brockesberg waren. Aus alten Akten von Hexenprozessen im 15. Jahrhundert ist bekannt, dass hier immer wieder Angeklagte berichten, sie seien im wilden Ritt auf den Brocken gestiegen und hätten dort mit dem Teufel getanzt. Nun ist es möglich, dass die Frauen unter der Folter letztendlich aussagten, was von ihnen erwartet wurde. Dennoch traten in den Geständnissen der Hexenprozesse über Jahrhunderte immer wieder ähnliche Aussagen auf über den Ritt zum Brocken, Tanzrituale, Liebesspiele und Saufgelage auf.

Kräuter könnten Halluzinationen ausgelöst haben

Der Göttinger Ordinarius Will-Erich Peuckert wollte es 1960 genau wissen. Nach alten Überlieferungen rieben sich die Hexen zur Walpurgisnacht mit einer selbst hergestellten Kräutersalbe ein. Peuckert stellte sich nach Angaben aus einem Hexenprozess von 1568 eine solche Salbe her. Gemeinsam mit einem befreundeten Juristen starteten sie einen Selbstversuch und bestrichen sich damit vor allem Stirn und Achselhöhlen. Sie fielen in einen rauschähnlichen Schlaf. Beide berichteten anschließend unabhängig voneinander über ihre Träume und Sinnestäuschungen. Beide hatten ebenfalls das Gefühl, weite Strecken durch die Lüfte zu fliegen sowie an einer ausschweifenden Feier teilzunehmen. Es könnten also giftige Kräuter die Halluzinationen hervorgerufen haben, die zu ähnlichen Aussagen der Hexen führten.

Tanzende Hexe?

Traditionen vor den Hexenprozessen

Der Beginn der Hexenverfolgung fällt in das 15. Jahrhundert. In der Zeit davor war es üblich, dass sich junge Frauen im Frühling an verschwiegenen Plätzen im Wald mit erfahrenen Alten trafen. Die jungen Frauen erfuhren hier die Geheimnisse der Heilkunst und erhielten Rat zu den zukünftigen Aufgaben als Ehefrauen. 

Solche "Mädchenrathausplätze" sind heute noch überliefert. In einigen Flurnamen tauchen sie auf. Der Brocken als schwer zugänglicher Berg eignete sich hervorragend als Treffpunkt für die nächtlichen Ausflüge. Durch die beginnende Hexenverfolgung waren die Frauentreffen später nicht mehr möglich. Geschichten und Sagen aus dem Harz blieben jedoch erhalten und mehrere Puzzleteile zusammengefügt können vielleicht erklären, woher die Hexengeschichten stammen.
Quelle und weitere Informationen:
Mythologie Harz – Märchen und Sagen von Hans-Günther Griep – ISBN 978-3-928 728-50-8

Autor seit 13 Jahren
152 Seiten
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