Wiesnbier im Wiesnzelt (Bild: Nagy/Presseamt München)

Im Oktober anno 1810 bekam das bayerische Volk anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen Ludwig mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen ein rauschendes Fest kredenzt, das fünf Tage dauerte und mit einem Pferderennen auf einer Wiese vor den Toren der Stadt endete. Die Wiese bekam der Braut zu Ehren den Namen Theresens-Wiese und weil das Pferderennen so großen Anklang fand, wurde beschlossen es künftig zu wiederholen und so hatten die Münchner fortan ihr jährliches Oktoberfest, das seinen Namen auch dann behielt, als es im Jahre 1872 in den September verlegt wurde. Ab 1938 kam man dann ohne Pferderennen aus, schließlich überwogen auf der Wiesn längst andere Volksbelustigungen. Das Biertrinken wurde allerdings nicht abgeschafft und statt der kleinen Bretterbuden an denen der Gerstensaft früher ausgeschenkt wurde, gab es mittlerweile Wiesnzelte.

Die Wiesn und das Reinheitsgebot

Es war um die Jahrhundertwende − das Oktoberfest war gut gediehen und dank des nun vorhandenen elektrischen Stroms konnte es ab 1880 bis in die nächtlichen Abendstunden ausgedehnt werden − da entsprossen der Wiesn statt der kleinen Bierbuden die großen Zelte. Bis heute ist in den meisten dieser Zelte der Gerstensaft das bevorzugte Getränk und es darf nur Bier von Münchner Brauereien ausgeschenkt werden, das dem Münchner Reinheitsgebot von 1487 und dem Deutschen Reinheitsgebot von 1906 entspricht. Sechs Brauereien sind es, die die großen Wiesnzelte biermäßig unter sich aufteilen und eigens für die vierzehntägige Sause ein spezielles Bier mit mehr Stammwürze und höherem Alkoholgehalt brauen.

Ob Letzteres angesichts der Alkoholexzesse, die das Fest begleiten, sinnvoll ist, mag mancher bezweifeln, nicht jedem gefällt die dumpfe Bierseligkeit. Die große Masse der Wiesnbesucher aber stürzt sich in das Getümmel der Zelte, von denen eines einer Wirtsfamilie gehört, die schon seit bald 150 Jahren auf dem Oktoberfest zugange ist.

O'zapfn beim Schottenhamel und schiaßn bei den Schützen

Es war 1867 als der frisch verheiratete Oberpfälzer Michael Schottenhamel mit seiner Frau ein Zelt auf der Wiesn eröffnete, das Platz für 50 Gäste hatte. Heute fasst die Festhalle Schottenhamel einige tausend Besucher mehr und schafft es jedes Jahr in die Nachrichten, weil dort der Oberbürgermeister die erste Maß anzapft, womit die Wiesn offiziell eröffnet ist. Kommt das Bier normalerweise von der Spaten-Franziskanerbrauerei, so war das 1950, als die Tradition des O'zapfns durch den Oberbürgermeister begann, anders. Weil Wirt und Brauerei sich nicht auf den Bierpreis einigen konnten, so ist in der Hofbräuhistorie auf der Internetseite der Brauerei zu lesen, kam das Bier in diesem und auch im folgenden Jahr vom Hofbräuhaus. Eine Ausnahme, denn das staatliche Hopfengetränk gibt es sonst nur im, jedes Jahr mit zwölf Zentnern Hopfenreben dekorierten, Hofbräu Festzelt zu trinken.

Noch im ersten Oktoberfestjahrhundert wollten auch Armbrust- und andere Schützen auf der Wiesn Wettkämpfe austragen. So kam es dazu, dass das Schießen auf dem Oktoberfest noch heute Tradition hat − im Schützenfestzelt, in dem an110 Schießständen das traditionelle Oktoberfestschießen ausgetragen wird und im Armbrustschützenzelt, wo stets während des Oktoberfests in einem Anbau des Zeltes die Deutschen Armbrust-Meisterschaften stattfinden. Ob der ein oder andere der Armbrust- und anderen Schützen vorher schon vom Paulaner-, beziehungsweise Löwenbräubier genossen hat, ist nicht bekannt.

Bier aus dem Hirschen

Die Wiesnpremiere des Armbrustschützenzelts, so vermelden die Betreiber auf ihrer Internetseite, fand 1895 statt, ein paar Jahre nachdem sich ein Streit von einiger Wichtigkeit entwickelt hatte, nämlich um die Frage, ob man den steinernen Maßkrug durch einen gläsernen ersetzen sollte, so wie es ab 1892 geschehen war. So fiel das Armbrustschützenzelt ebenso wie die bald folgenden Zelte Paulaner Festhalle Winzerer Fähndl und Augustinerfesthalle schonin die Glaskrugzeit. Dafür kommt das Bier im Zelt der ältesten Brauerei Münchens – als Gründungsjahr der Augustinerbrauerei gilt deren Webpräsentation zufolge das Jahr 1328 – noch in Holzfässern, sogenannten Hirschen, die 200 Liter fassen, zum Ausschank. In anderen Zelten hat man dafür längst Stahlcontainer. 

Noch aus dem steinernen Krug wurde in den Anfängen der Ochsenbraterei getrunken.Seit im Jahre 1881 das erste Hornvieh mit Hilfe einer Dampfmaschine gebraten wurde, sind die Ochsenbrater auf der Wiesn zugange. Zirka 80 bis 100 Ochsen nahmen in den vergangenen Jahren den Weg in das Festzelt, jeder angeblich von den Wirtsleuten persönlich ausgewählt, eine Ehre von der ein solchermaßen erwählter Ochse freilich nicht viel hat, er soll ja gegrillt werden, damit er, in Stücke geschnitten, mit reichlich Spatenbier hinuntergespült werden kann.

Neue Wiesnzelte nach der Jahrhundertwende

Schlag auf Schlag ging es dann Anfang des 20. Jahrhunderts. Bräurosl, Hippodrom, Fischer Vroni, Hacker- und Löwenbräuzelt drängten nun auf den Festplatz. Damals gab es eine Hackerbrauerei und eine Pschorrbrauerei, denn nach dem Tod des Ehepaares Georg Pschorr und Maria Theresia Hacker wurde das Erbe an die Söhne geteilt, so eröffnete jede der beiden Brauereien ihr Wiesnzelt, die eine die Bräurosl, die andere das Hacker-Festzelt. Erst seit den 70er Jahren sind die beiden Brauereien wieder vereint, so dass in beiden Zelten Hacker-Pschorr ausgeschenkt wird. Bei der Fischer Vroni dagegen gibt es Augustiner, natürlich auch aus dem Holzfass und zum essen den original Steckerlfisch, wofür Lachsforelle, Zander oder auch Renke, alle hübsch brav nebeneinander auf einem Stock aufgespießt, gegrillt werden.

Im Hippodrom übrigens, konnte man früher auf richtigen Pferden reiten, was bei ungeübten Reitern und noch mehr bei den Zuschauern für großes Vergnügen sorgte. Heute besteht diese Möglichkeit längst nicht mehr, was für jene, die schon ein paar Maß Spaten-Franziskaner intus haben auch besser sein dürfte.

Junge Oktoberfestzelte und das Historische Festzelt auf der Oidn Wiesn

Seit den 70er beziehungsweise 80 Jahren gibt es auch die beiden Nachtschwärmer-Zelte Käfer Wies‘n-Schänke und Nymphenburg Wein- und Festzelt, die im Gegensatz zu den anderen Zelten nicht um 23 Uhr schließen müssen, sondern bis Eins geöffnet haben. In beiden soll die Promidichte recht hoch sein. Bier, von Paulaner, kann man dort auch trinken, vor allem aber Champagner und, zumindest in Letzterem, auch Wein. 

Damitwäre nun eigentlich Schluss, wäre nicht im Jahr 2010 aus Anlass des Wiesnjubiläums eine eigene Historische Wiesn auf dem Südteil des Festplatzes aufgebaut worden. Nachdem diese bei den Besuchern sehr gut ankam, wird es sie unter dem Namen Oide Wiesn auch künftig geben, was heißt, dass es damit als 15. großes Zelt nun auch das Historische Festzelt weiterhin gibt. Da hier Augustiner ausgeschenkt wird, gibt es nun also noch ein weiteres Zelt in dem das Bier aus dem Holzfass gezapft wird und ja, es wird sogar wie anno dazumal in Steinkrügen serviert. Allerdings: Alle vier Jahre, wenn auf dem Oktoberfest auch das Zentrale Landwirtschaftsfest stattfindet, ist für die Oide Wiesn und damit auch das historische Festzelt wohl kein Platz, dann ist die Auswahl wieder etwas enger begrenzt – auf freilich immer noch 14 Zelte.

Quellen: www.muenchen.de und die im Text genannten Internetseiten der Brauereien oder Festhallen.

 

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