Die Bots auf dem DKP-Fest in Dortmund 2011 (Bild: Vera Kriebel, 24.6.2011)

Mainstream auf dem DKP-Fest

Nicht nur zur Primetime am Samstagabend sollte man beim DKP-Pressefest musikalisch zwischen 40 und 80 Jahre alt, hennagefärbt, graubärtig, links-traditionell-nostalgisch veranlagt sein und auch noch linke Folklore mögen, denn die (alten) Kommunisten haben die Knarren mit den Klampfen vertauscht, und es gibt von morgens bis abends Flauta, Geige und Gitarre mit links-korrekten Liedertexten und Kampfaufrufen, zum Beispiel der unnachahmliche "Singeklub Ernesto Che Guevarra" oder "Die bösen Mädchen", die tatsächlich unter dem Motto "Brave Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin" antreten und vielleicht sogar meinen, dass dies im Deutschland des 21. Jahrhunderts revolutionär ist.

Highlights sind die Bots am Freitagabend, Inti Illimani und Eva Ayllón am Freitag- und Samstagabend und Klaus der Geiger mit gewohnt harter Revolutionslyrik am Samstagnachmittag.

Die Alten - Die Alten reißen noch eine wirklich gute, professionelle Show ab!

Der Freitagabend ist der Abend von den Bots, ein Urgestein aus den Achtzigern. Dass sie auf Bühne 2, in der Nähe des Haupteingangs und im Zentrum des Fests, spielen, ist ein Vorteil. Denn dort drängeln sich die Besucher, stehen jede Menge Zelte, der Platz vor der Bühne ist hübsch eng, so dass Stimmung aufkommen kann.

Beim Einspielen Töne von "Was wollen wir trinken 7 Tage lang". Die Anmoderation weist auf den Erfinder des Deutschen Linken Schlagers hin, Dieter Dehm, ebenfalls im Publikum. Und man möchte eigentlich gleich gehen. Aber dann spielen die Bots - und nicht wie alte, müde Männer - "Ich bin ein Mann, ein Jäger...", und dann geht es tatsächlich noch einmal ab auf Bühne 2, der Platz davor inzwischen pickepacke voll.

Dagegen anzutönen haben es die unzähligen Klampfenspieler, die Rezeptionsklimperer, die Liedermacher, die schieftönigen Kampfliederchöre in den unterschiedlichen DKP-Bezirks-Zelten natürlich schwer, haben meist aber ihr unverdrossenes Stammpublikum dabei, so dass hier jeder zu seinem Recht kommt. Manche der Hinterhofchöre und Möchtegern-Gitarrenspieler sind allerdings stimmlich nur schwer erträglich.

Wie schon in den letzten Jahren darbt - abgesehen vom Samstagabend - vor allem die Hauptbühne im hinteren Teil des Geländes, obwohl dort jede Menge drumherum angeboten wird, zum Beispiel die Casa Cuba mit politischen Disksusionsrunden, das Zelt der Linken und natürlich auch die Bands, die Abweichler vom strammen kommunistischen Klampfen-Mainstream.

DKP-Festival 2011, Dortmund: Die Bots (Bild: Vera Kriebel, 24.6.2011)

Profis, alt und müde: Inti Illimani Histórico und Eva Allón - Folklore aus den Anden und Paolo-Conte-Cover

Nicht immer sind die Alten nicht alt. Inti Illimani ist mit der Abspaltung als "Inti Illimani Histórico" beim DKP-Volksfest vertreten, dabei neue, jüngere Bandmitglieder und die "Alten", darunter Horacio Durán (in Wischlingen mischte auch sein Bruder Sergio Durán mit).

Die Jungen versuchen sich zunächst allein mit swingigen Paolo-Conte-Rhythmen - und reißen die Menge mit. Als die berühmt-alten Inti-Illimani-Männer auf die Bühne steigen, wird aber vor allem eins deutlich: sie sind wirklich alt, auch wenn ihr Name immer noch Zuhörer - besonders bei Auslandschilenen - zieht. Ihre Musik ist der eingängige Mix von Anden-Folklore, chilenischer Volksmusik und politischem Chanson, der sie als eine der Hauptvertreter des Nueva Canción Chilena weltberühmt gemacht hat.

"Aber die sind alt - die kennt doch keiner mehr hier", sagt der Mann einer Chilenin, und meint damit auch, dass keiner der Jüngeren mehr hier (in Deutschland) die Pinochet-Diktatur kennt. All das ist passé, das wird am Freitagabend im Zelt der Casa Cuba und am Samstagabend auf der Hauptbühne draußen klar, auch wenn Zelt und Platz randvoll sind und einige alte und junge Mädels vorne mittanzen - das Publikum, darunter einige Chilenos, schießt Fotos und lauscht melancholisch, viele mit feuchten Augen, den nostalgischen Klängen einer vergangenen Epoche.

Auf der Bühne ist wenig Elan und viel durch Professionalität getarnte Müdigkeit - und das ändert sich nicht grundlegend, als Eva Ayllón dazustößt. Eine tolle kräftige, dunkle Stimme, aber der oft zitierte Vergleich mit Tina Turner (Los Angeles Times) hinkt, denn da fehlen Tina Turners kraftvolle und explosive Songs: Eva Ayllón steht für peruanische Folklore, gemixt mit spanisch-afrikanischen Elementen (wie sie zum Beispiel auch auf Kuba zu finden sind). Und obwohl Ayllón große Ausstrahlung in die Performance mit Inti Illimani bringt - auch sie wirkt müde.

Ihre westlich-kompatible lateinamerikanische Musik ist heute etwas für Clubs oder Kabinetts - insofern war das Ambiente der Casa Cuba auf dem DKP-Fest am Freitagabend genau richtig.

The Barcodes, DKP-Fest, Dortmund-Wischlingen, 24.6.2011 (Bild: Vera Kriebel, 24.6.2011)

Verlorene Hauptbühne: Ska-Punk und Rockabilly & Surf - Marc Foggo, Microphone Mafia, The Barcodes, Bandbreite

Bühne 1 ist - außer am Samstagabend - eine suboptimale Konzert-Location, das erweist sich in diesem Jahr erneut. Der Platz davor wird nicht so voll, dass Festival-Stimmung aufkommt, und die Musiker müssen vor mehr oder weniger "leeren Rängen" spielen. Angesichts dieser - trotz des guten Wetters - etwas tristen Umstände haben am Freitag die Gruppen auf Bühne 1 eine Glanzleistung mit einer Super-Performance vollbracht!

Während die Punk-Rock-Band "Abriss West" aus Thüringen auf Bühne 2 selbst bei strömendem Regen am Samstag vor recht gut gefülltem Platz spielt, wirkte zum Beispiel Marc Foggo aus den Niederlanden mit fetzigem Ska-Punk und toller Show bei Spitzen-Wetter auf der hinteren Hauptbühne geradezu verloren - Foggo, der am Freitagnachmittag auftrat, wäre auch ein guter Abendkiller gewesen. Stattdessen gab es am Freitagabend Längen und Pausen, in denen das Publikum wieder nach vorn Richtung Haupteingang abwanderte, weil es drumherum keine Alternativveranstaltungen gab.

Toll aber am späteren Freitagabend die Show von "The Barcodes" mit Rockabilly & Surf auf der Hauptbühne 1 - allerdings ebenfalls wieder vor abzählbarem Publikum. Und am Samstagabend zeigte Síncopa trotz Kälte und beständigem Nieselregen ihre fetzige, frische Show mit kubanischen Rhythmen - eine echte Entdeckung!

Síncopa - Kubanische Rhythmen und fetzige Show (Bild: Vera Kriebel, 25.6.2011)

Verhindertes Hip-Hop-Konzert von Bandbreite - Und am Schluss haben sich fast alle doch wieder lieb ...

Für einen kleinen Skandal bereits im Vorfeld des DKP-Fests sorgte die Konzertabsage von "Die Bandbreite": Die Hip-Hop-Band "Die Bandbreite" tritt nicht auf, weil die Veranstalter Unruhen auf dem Fest befürchten: "In den letzten Wochen wurde massiver Druck, insbesondere aus dem politischen Spektrum der sogenannten "Antideutschen", auf den Veranstalter ausgeübt, diese Gruppe wieder auszuladen. Sie dürfe nicht auftreten, weil sie sexistische, homophobe, rassistische, faschistische und antisemitische Inhalte verbreite" (Presseerklärung der DKP, 21.6.2011).


Linke Spießer behalten Oberhand: Hip-Hop-Band Bandbreite ausgeladen

Die DKP als Veranstalter knickte vor so viel antideutscher Sorge um das geistige Wohl seines Publikums ein und sagte den Auftritt von "Bandbreite" ab.

In den Vortagen befragte Festival-Besucher finden die Vorwürfe gegen "Bandbreite" haltlos, scheinen aber gegenüber dem von Drohungen geprägten Vorgehen der Antideutschen hilflos. Kai Degenhardt, beim DKP-Fest 2011 in Dortmund auftretender Liedermacher, kommentiert einen früheren Auftritt von Bandbreite laut kommunisten.de: "Das Waldeck-Publikum zeigte sich sehr angetan und konnte sich ganz nebenbei davon überzeugen, wie lächerlich die von »antideutscher« Seite ausgerechnet gegen diese Band erhobenen Vorwürfe in Sachen Nationalismus, Homophobie, Sexismus, Verschwörungstheorie und was auch immer noch alles sind. Wer meint, satirische Texte eins-zu-eins auf ihre politische Korrektheit überprüfen zu müssen, hat das Genre ohnehin nicht kapiert." Fraglich ist allerdings, was hier unter Ironie verstanden wird - die Bandbreiten-Texte (Beispiel: "Kein Sex mit Nazis") wirken eher harmlos-provokativ, als sophisticated, ironisch oder satirisch.

Hip-Hop, Bilderberg und Nazis: Diskussion um das Linkstum der Bandbreite

In einer offenen Diskussionsrunde wurden im Dortmunder Revierpark dann am letzten Tag des DKP-Fests 2011 die Argumente ausgetauscht und den beiden Bandbreite-Mitgliedern die Möglichkeit gegeben, ihre Kompatibilität mit der reinen Leere zu beweisen.

Die Diskussion lässt sich kurz so zusammenfassen: Befürworter des Konzerts bezweifelten die Vorwürfe und sprachen sich für eine weitgehende künstlerische Freiheit aus. Abgesehen von den Totschlagsargumenten der Antideutschen hatte die Hip-Hop-Gruppe aus Sicht ihrer Kritiker vor allem den Lapsus begangen, bei einer Infoveranstaltung zur so genannten Bilderberg-Konferenz 2011 in der Schweiz zu spielen, letztere eine zum Beispiel mit Peer Steinbrück (SPD) hochkarätig besetzte Veranstaltung, auf der über globale Problemfelder diskutiert wird - die betreffende Infoveranstaltung wurde nun aber laut DKP-Informationen durch die rechtsgerichtete Schweizer SVP veranstaltet. Das wiederum wussten die zwei in Dortmund etwas naiv wirkenden Bandbreite-Jungs nicht. (Die Infolage im Internet ist etwas konfus, da sich unter "Bilderberg" fast ausschließlich Webseiten der Bilderberg-Gegner finden; die Webseite zur Bilderberger-Infoveranstaltung, die auch den Bandbreiten-Auftritt in der Schweiz erwähnt, hat allerdings deutliche Hinweise auf die SVP - und vor allem auf deren politische Ausrichtung).

Bandbreite in Dortmund - Sicherheit nicht gewährleistet

Da die Band an sich schon in der linksradikalen Szene umstritten ist, waren sich die Organisatoren des DKP-Fests nicht sicher, ob die eigene DKP-Security gerade diese Band gegen die "eigenen Leute" verteidigen würde - dies zumindest klang zwischen den Zeilen durch. Eine Konzert-Absage war daher für die Mehrheit des Veranstalterteams nicht nur aus rein ideologischen Gründen folgerichtig.

Bandbreite... schaltet hoffentlich demnächst einmal vorher das Hirn an

Über Twitter kursierten Meldungen, die selbst das Stattfinden einer Diskussionrunde torpedierten, weil man damit "Bandbreite" ein "Forum zur Selbstdarstellung" (amzdo) biete. Doch am Ende der erfrischend kurzen Diskussionsrunde konnte Bandbreite spielen - das Publikum sorgte selbst dafür, dass die gefühlt fünf anwesenden Antideutschen nicht den Mut aufbrachten, das Kurzkonzert ernsthaft zu stören.

Viel einfacher wird das Leben der Bandbreite dadurch aber vermutlich nicht, denn es wird nicht überall so mutige Veranstalter wie beim UZ-Pressefest geben. Absagen gab es laut Bandbreite-Aussagen schon einige. Aber auch als Hip-Hopper sollte man eben zukünftig das Hirn und nicht nur die am Laptop generierte Musik anschalten, wenn es eine Event-Anfrage gibt...

Umfassende Auskunft zum DKP-UZ-Pressefest mit Infos zu Anfahrt, Wetter und so weiter gewünscht?

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