Die Erklärungsversuche für das geringere Erwerbseinkommen von Frauen

Die eine Seite der Medaille der Einkommensungleichheit kann zur Hälfte auf einen unterschiedlichen Bildungsgrad die berufliche und branchenmäßige Konzentration auf Sozialberufe und Dienstleistungsberufe, unterschiedliche Berufserfahrung und zu einem guten Teil auf den Familienstand zurückgeführt werden. Denn Frauen in Partnerschaften reduzieren gewöhnlich ihre Arbeitszeit zugunsten des gemeinsamen Haushaltes. Die Kehrseite der Medaille, die andere Hälfte der Einkommensungleichheit liegt in der häufigeren Unterbrechung des Erwerbslebens beziehungsweise kürzeren Dauer der Betriebszugehörigkeit aus Gründen der Familienplanung, kürzeren Arbeitszeiten (Teilzeitverhältnisse), unterschiedlichem Verhalten bei der Aushandlung von Gehältern und nicht zuletzt Diskriminierung. Speziell in Österreich ist die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie einer der Hauptgründe für die hohe Einkommensungerechtigkeit. Daten und Fakten aus Österreich:

  • Rund die Hälfte der Frauen in Österreich im Haupterwerbsalter (15-64 Jahre) sind Teilzeitbeschäftigte, wobei der EU-27 Durchschnitt bei etwas unter einem Drittel liegt.
  • Das Bruttojahreseinkommen der Arbeitnehmerinnen ist im Allgemeinen mehr als ein Drittel niedriger als das der Männer.
  • Durch die geringeren Einkünfte sind Frauen, insbesondere Alleinstehende, Alleinerzieherinnen und Migrantinnen in deutlich höherem Maße von Armut betroffen und gefährdet.
  • Männliche Pensionisten erhalten im Durchschnitt die doppelte Pension als Frauen aufgrund der über die Jahre angesammelten Nachteile.
  • Die Ausbildung ist in Österreich nach Geschlecht qualitativ unterschiedlich, was die Integration von Frauen in den technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, also die wachstumsträchtigen und gutbezahlten Branchen, hemmt.
  • Frauen werden durch die Karenzmodelle in Österreich lange Zeitperioden aus dem Arbeitsmarkt herausgerissen und damit für Arbeitgeber ein Kostenfaktor.
  • In Österreich gibt es scheinbar kaum Akzeptanz und Strukturen für arbeitende Mütter und auch nicht genügend Betreuungsplätze für deren Nachwuchs.
  • Österreich als Gesellschaft vertritt klar den Standpunkt, dass Frauen daheim bei ihren Kindern bleiben und den Job aufgeben, allenfalls dazuverdienen sollen.

Vorbild sollten die skandinavischen Staaten sein

In den skandinavischen Staaten konnte mittels Steuerpolitik und Lohnpolitik, die Frauenbeschäftigung deutlich angehoben werden und speziell die staatliche Familienpolitik, teilweiser Auslagerung der Kinderbetreuung und Kindererziehung aus dem Familienverband heraus, bewirkt einen Rückgang der finanziellen Ungleichheit und Rückgang der Nachteile am Arbeitsmarkt. Die dadurch geschaffenen Arbeitsplätze setzen Anreize zur Weiterbildung, welche über einen längeren Zeitraum die Wirtschaft und Produktion günstig beeinflusst. Durch die Weiterbildungsanreize wird der Facharbeiterpool langfristig erhöht, was Engpässen am Facharbeitermarkt entgegenwirkt.

Fazit

Der soziale Wandel in Richtung Gleichstellung und Gleichberechtigung dauert Generationen und fließt in die Gesellschaft langsam aber stetig wie das Wasser ein. Es ist erwiesen, dass Gleichstellung von Frauen nicht allein durch Antidiskriminierungskampagnen zu schaffen ist, sondern nur über ein Umdenken der Gesellschaft, ein Eindringen in die Köpfe aller ist effektiv. Solange das Broterwerbsmodell, wo der Mann arbeiten geht und das Geld heimbringt, die Frau in die Rolle des "Heimchen am Herd" und im Haushalt gepresst wird, in den Köpfen von Herrn und Frau Österreicher verankert ist, kann es keine Gleichstellung geben. Dennoch gibt es einen Lichtblick: Beamtinnen kriegen mehr Pension im Vergleich zu männlichen Beamten. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel der Realität.

Quelle: Frauenbericht 2010, Teil II Kapitel 3, Grudrun Biffl, Bundeskanzleramt Österreich

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