Wunderbares Mattinata

Urlaub in Italien bei den Menschen von Mattinata: freundlich und bescheiden

Lässig wie eine weiße Katze döst es am Hang unterhalb des Bergs Monte Sacro. Doch seiner Silhouette wegen trägt das zauberhafte, kleine Städtchen in der Region Apulien, am Sporn von Italien, einen luftigeren Namen: ‚weißer Schmetterling‘ nennen es seine Einwohner: la farfalla bianca!

Ruhig geht es zu in den Gassen zwischen den weißen Häusern. Es ist Samstag, Rentner stehen in Grüppchen an den Kreuzungen, sitzen auf Bänken, grüßen sich über die Straße. Nur wenige Frauen sind unterwegs, die meisten schleppen Einkaufskörbe oder Taschen, aus denen das Gemüse breit und grün herausdrängt. Die 6.500 Einwohner leben, scheint es, im Ruhestand. Und das, findet Michelle Granatiero, hat Mattinata nicht verdient.

Michelle ist Präsident von Consorzio Gargano Incoming. Der Zusammenschluss von Hoteliers, Gastronomen und Tourismusunternehmen will die Liebenswürdigkeit des Vorgebirges Gargano bekannter machen. Liebenswürdigkeit allein aber ist für den Erholungssuchenden selten ein Grund, aufzubrechen in eine Region, die von Deutschland aus, na ja: zumindest nicht mal eben so angesteuert werden kann. Was also hat Mattinata, was hat der Gargano zu bieten?

Mattinata – Urlaub in Süditalien zwischen gestern und heute

Da steht, so darf vermutet werden, Michelle vor einem Dilemma. Einerseits schwärmt er von der Freundlichkeit seiner Bewohner. Andererseits weiß er nur zu genau, dass die sich nur bewahren konnte, weil Mattinata eben nicht vom Tourismus überrollt worden ist. Wie also schafft man den Spagat, gleichzeitig zu bewahren und nach vorne zu führen – also etwas festzuhalten in der Bewegung?

Vielleicht zunächst einmal, indem man etwas nicht tut. Indem man nicht auf Hype setzt. Nicht in einen Wettstreit antritt, um die rauschendsten Strände, die partywütigsten Altstadtzonen, die hippesten Restaurants. Das sollen andere tun, nicht aber das Consorzio!

Und so setzt beispielsweise das Hotel Torre del Porto ganz bewusst auf Familie. Torre del Porto wird von Angelo Granatiero geleitet. Der Vater von Michelle ist mittlerweile 77, steht aber noch immer mit geradem Rücken und freundlicher Miene gleich einem Grandseigneur inmitten des Hotel-Restaurants. Mit seinen hohen weißen Schiebetüren erinnert das Restaurant an einen Wintergarten, und sofort fühlt man sich heimisch, besonders, wenn Angelo seine deutschen Sprachkenntnisse zusammenkratzt.

In Mattinata geht es lässig zu

Gastarbeiter Angelo: Vorreiter für einen Urlaub in Italien

Angelo hat Schienen verlegt für die Kölner Straßenbahn; damals wird er einer der ersten Gastarbeiter gewesen sein. Zwischen 1963 und 1965 hieß es für ihn sparen, dann endlich konnte er sich seinen Traum erfüllen: ein Grundstück am Meer, das er und seine Familie Stück um Stück und Grund um Grund erweiterten.

Aufregend muss das gewesen sein: Mamma buk abends den ersten Touristen zu Hause die Pizza, ging im Morgengrauen an den Strand, den Fischern (auch Angelo) den Fang abzunehmen, während die Männer die Hotel-Anlage hochzogen. Geld verdienen rund um die Uhr, kämpfen ums Überleben.

Heute ist das weitläufige Gelände eine Oase der Ruhe: Wer zur entsprechenden Jahreszeit kommt, kann die Zitronen und Mandarinen von den zahlreichen Bäumen pflücken und mit auf die geräumigen und bis in die Wandverzierung liebevoll gestalteten Zimmer der Suiten nehmen.

Wie alle anderen Herbergen ragt auch das Torre del Porto kaum über die Wipfel der umgebenden Olivenhaine heraus. Das wirkt alles andere als spektakulär – ist aber zugleich sehr menschlich. Übertreibung scheint den Menschen in Mattinata fremd.

Und so macht es auch gar nichts, dass Torre del Porto nicht unmittelbar am Strand liegt – die drei Minuten bis zur Adria vorbei an Campingplatz, kleinen Restaurants, aufgelassenen Gärten schenken bereits Abstand zum Alltag.

Sanft schwingt der Kieselstrand in die Bucht von Mattinata: Hier, mit den silbrigen Olivenhainen und Campingplätzen im Rücken, ist Erholung angesagt. Das Mittelmeer rollt flach an den Strand, weit geht der Blick zum Horizont. Da können die Eltern getrost ein wenig dösen – ihren Kindern wird nichts geschehen.

Kleine und große Köstlichkeiten

Typisch italienisch: das Beste aus Meer und Getreide

Mattinata und der Gargano: Dinos, Gräber, Stauferkönig

Doch vierzehn Tage ausschließlich am Strand können lang werden. Das ist auch Michelle bewusst und seinem Consorzio. Und vorsorglich zählt der ruhige, im Ton so feine und verbindliche Mann rasch auf, was Mattinata zusätzlich auszeichnet: Erstklassige und vergleichsweise günstige Restaurants wie zum Beispiel das direkt am Strand liegende Giardino Monsignore oder das nur ein kleines Stückchen Wegs zurückgezogene Masseria Liberatore. Hier, im Masseria, kann man auch übernachten, das Lokal ist Mitglied der Aktion ‚Slow food‘. In erster Linie aber ist Mattinata Standort für den Urlauber, von dem aus er seine Unternehmungen startet.

Pläne schmieden – im Gargano bleibt keine Zeit für Langeweile

Man kann seine Ausflüge nach geschichtlichen Interessen ausrichten und Castel del Monte bestaunen, das Bauwerk voller Geheimnisse von Friedrich II. Einer der berühmtesten Wallfahrtsorte Europas liegt in unmittelbarer Nähe: Monte Sant‘Angelo. Man kann sich an die Fersen der Kulturgeschichte heften: Das sagenhafte Volk der Daunier hat hier gewirkt; eine Nekropole mit mehr als 500 Grablöchern im Kalkboden zeugt davon wie auch die Ausstellung im ‚museo civico‘, dem Museum des Ortes.

In Planung ist ein Dinosaurier-Park – vor Urzeiten muss es in der Gegend zahlreiche Saurierarten gegeben haben. Man kann einfach nur Radtouren absolvieren oder die Flora der Umgebung bewundern: Auf nur 0,7 Prozent der Fläche Italiens wächst im Gargano ein Drittel aller im Land vorkommenden Pflanzenarten! Berühmt ist der Gargano für seinen Orchideenreichtum; Orchideenzeit ist vom Februar bis in den Juni hinein. Für den Herbst bietet sich die Pilzsuche an oder die Mithilfe bei der Olivenernte.

Mattinata, so zeigt es sich, sollte jeder als Ziel ins Auge fassen für seinen Urlaub in Italien, der die Ferne sucht und zugleich Nähe braucht: die Nähe zu den Menschen!

Mattinata: Heimat der rätselhaften Daunier und Heimat zahlloser Orchideenarten

Adressen

Die Reise nach Mattinata fand statt mit freundlicher Unterstützung des italienischen Fremdenverkehrsverbands ENIT. 

Autor: Johannes Flörsch

Ort für Romantiker: Mattinata an ...

Ort für Romantiker: Mattinata an der südlichen Adria

jofl, am 19.08.2014
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