Den Gefühlen gehen die Gedanken voraus

Wie jemand die Umwelt und sich selbst darin wahrnimmt, beeinflusst ganz entscheidend, wie er sich fühlt. Den ganzen Tag lang werden gedankliche Selbstgespräche geführt, Wahrnehmungen thematisiert und bewertet. Möchte man sich besser fühlen, weil man sich häufig schlecht fühlt, ist der erste Schritt "zuzuhören", welche Botschaften man sich selbst gibt. Ist eine schwarze Katze, die über den Weg läuft, ein schönes Tier oder der Bote von drohendem Unglück? Ist ein Glas, das auf den Boden fällt, ein Symbol für Glück oder Unglück? Kann man wirklich mit dem falschen Fuß aufstehen und sich damit den ganzen Tag verderben? Bei diesen Beispielen spielt auch die Vorerfahrung und die Erziehung eine Rolle. Viele Sprichwörter werden von Generation zu Generation weitergegeben und oft genug gehört, werden sie quasi internalisiert und beginnen auch unbewusst zu wirken. Schwarze Katzen bringen dann eben Unglück und Scherben Glück. Der linke Fuß, der zuerst auf den Boden gesetzt wird, ist verantwortlich für einen schlechten Tag.

Eigene und übernommene, fremde Bewertungen

Und damit taucht eine weitere Schwierigkeit auf: bei all den Selbstgesprächen, die jemand Tag für Tag führt, ist es wichtig herauszufinden, welche Bewertungen sind die eigenen und welche sind die, die von eigenen Eltern und anderen wichtigen Personen aus der Vergangenheit, mit auf den Weg gegeben wurden? Sie wirken fort, wenn sie oft genug gesagt wurden, oder wenn eine Aussage fiel, während man sich selbst in einer emotional aufgewühlten Situation befand. Ein Kind, das mit einem schlechten Schulzeugnis nach Hause kommt und Angst vor seinen Eltern hat, befindet sich in einer emotional aufgewühlten Situation. Reagieren die Eltern dann auch noch dementsprechend mit Unverständnis und Kritik, untermauert mit negativen Zukunftsaussichten für das Kind, nach dem Motto "Du wirst es nie zu etwas bringen", ist es nahe liegend, dass dieses Kind als Erwachsener immer noch Zweifel an sich selbst und seinem Können hat, verbunden mit Zukunftsängsten. Vor allem dann, wenn die negative Botschaft der Eltern hinsichtlich der Fähigkeiten des Kindes öfter wiederholt wurde.

Wie kann ich meine Bewertung der Welt ändern?

Um sich besser zu fühlen, befreit von "Altlasten", die in der Gegenwart und Zukunft nicht mehr relevant sind, ist es wichtig,

a) auf die eigenen Selbstgespräche zu hören

b) ständig wiederkehrende Botschaften herauszufiltern und aufzuschreiben

c) versuchen herauszufinden: kommen diese Botschaften aus mir selbst oder wurden sie mir von anderen Menschen mitgegeben? Passen sie zu mir, so wie ich bin? Oder wollen sie mich grundlos runterziehen?

Das Bewusstmachen der eigenen Botschaften ist der erste Schritt. Geduld der zweite.

Was lange eingeübt wurde, wird selten schnell wieder verschwinden.

Selbstaufmerksamkeit ist der dritte Schritt. Wenn es gelingt, fremde Bewertungen so gut wie möglich von eigenen herauszufiltern, können die fremden "weggeschickt" werden und von eigenen ersetzt werden. Geschieht das oft genug, werden sie an Wirksamkeit verlieren. Wünschenswert ist natürlich, dass die eigenen Bewertungen positiver sind, als die eingeschlichenen. Auf Dauer wird Negatives von Positivem ersetzt. Als Folge davon wird man sich besser fühlen. Eine Umwelt, die realitätsbezogen wahrgenommen wird, kann immer noch zu schwierigen Gefühlen führen, sollte aber nicht mehr zu vernichtenden, hoffnungslosen Gefühlen führen. Nicht nur schlechte, sondern auch gute Ereignisse dürfen nebeneinander bestehen und nicht vermehrt negative, sondern mindestens im gleichen Ausmaß positive Gefühle haben dann ihre Daseinsberechtigung. Hier können auch positiv formulierte Selbstsuggestionen unterstützend zum Einsatz kommen.

 

 

Die Wirksamkeit von Bewertungen

Dazu gibt es noch die Anekdote von der todkranken Frau, die im Krankenhaus liegt, als die Arztvisite kommt. Der verantwortliche Arzt denkt sich, er möchte nicht seine Zeit mit einem hoffnungslosen Fall verschwenden und beachtet die Frau nicht weiter. Diese nimmt das natürlich wahr, bewertet es selbst aber völlig anders. Sie freut sich darüber, dass der Arzt keine Zeit mehr an ihr verschwenden möchte, ist dies doch ein eindeutiges Indiz dafür, dass sie so gut wie gesund ist und bald entlassen wird. Wie die Geschichte ausgeht? Die eigene Bewertung der Patientin ist kraftvoll genug, um zu einer Spontanheilung zu führen. Sie wird bald darauf gesund aus dem Krankenhaus entlassen.

 

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