Wissenswertes für die Haltung dreibeiniger Hunde oder Katzen

  • Das Tier sollte auf keinen Fall übergewichtig sein, um die Gelenke nicht noch zusätzlich zu belasten.
  • Schnelleres Laufen ist oft unkomplizierter als langsames Gehen: beim Gehen werden die Pfoten nacheinander aufgesetzt, beim Laufen dagegen paarweise.
  • Der größere Körpergewichtsanteil wird von den Vorderbeinen getragen. Tiere, die nur ein Vorderbein benutzen, ermüden deshalb schneller und können schlechter bergab laufen.
  • Durch die vermehrte Belastung von drei Beinen kann es zu frühzeitigen Verschleißerscheinungen wie Arthrose kommen. Nahrungsergänzungsmittel wie grünlippiges Muschelschalenextrakt und Tipps vom Haustierarzt können dem entgegenwirken.
  • Tiere nehmen im Gegensatz zu den Menschen um sie herum ihre Behinderung nicht wahr. Wird ein Hund oder eine Katze ohne Behinderung geboren und verliert im Laufe des Lebens durch beispielsweise einen Unfall die Fähigkeit auf vier Beinen laufen zu können, wird sich das Tier meist schnell an seine veränderte Lebenssituation gewöhnen und sein Handicap problemlos in seinen Alltag einbauen. Für den Hund oder die Katze wird es danach kein Thema mehr sein. Der Haustierhalter wird sich sicherlich auch an die Behinderung seines geliebten Haustieres gewöhnen und sie im Laufe der Zeit immer weniger wahrnehmen; anders als viele Mitmenschen, die ein behindertes Tier bemitleiden oder im Extremfall als unästhetisch empfinden. Hier ist dann Kommunikationsbedarf und Geduld angesagt.

Fazit: Eine Gehbehinderung bei einem Hund oder einer Katze schließt ein glückliches Tierleben nicht aus.

Unsere Erfahrungen mit gehandicapten Katzen: Kater Leo

Leo ist ein graugetigerter, sterilisierter Kater, der schon viele Jahre bei uns wohnt und ein amputiertes Hinterbein hat. Leo wurde vierbeinig bei uns geboren und im keine unnötige Abenteuerlust aufkommen zu lassen, wurde er bereits jung sterilisiert. Das hielt ihn aber im Teenageralter von einem Jahr nicht davon ab, die große weite Welt zu erkunden und plötzlich war er verschwunden. Nachdem wir zwei Tage lang bei sämtlichen Nachbarn und Bekannten mit seinem Foto nach ihm gesucht haben, tauchte er eines Abends wieder auf. Er war allerdings schwer verletzt, ein Hinterbein hing kraftlos nach unten, vermutlich war Leo in eine verboten ausgelegte Schlingfalle für Kaninchen geraten und nach unseren Fahndungsversuchen wieder freigelassen worden. Der Tierarzt hat noch versucht, das Hinterbein zu retten, es war aber schon zu spät, es war bereits am Absterben und um das Leben des Katers zu retten, musste es amputiert werden. Es wurde ganz oben amputiert, damit Leo lernt, mit einer veränderten Körperwahrnehmung zu leben. Wäre es nur halb amputiert worden (am hinteren Sprunggelenk), wäre er viel mehr in Versuchung gewesen, es zum Laufen mitbenutzen zu wollen. Diese Amputation hat mich als Katzenhalterin in eine Art Depression gestürzt, wusste ich doch nicht, ob es die richtige Entscheidung war, einem Kater ein solch gehandicaptes Leben zuzumuten. Leo hingegen hatte weder eine depressive Verstimmung noch irgendwelche Zweifel. Leo überlebte einfach die OP und kam mit drei Beinen aus der Tierklinik guter Dinge zurück. Fast so, als hätte er schon immer nur drei Beine gehabt. Nach ein paar Wochen Um- und Eingewöhnung raste er schon wieder an mir vorbei und einen Baum hoch. Mittlerweile ist Leo bereits über 10 Jahre alt und rauft vergnügt mit dem Nachwuchs. Für ihn war es bis jetzt sicherlich ein sehr lebenswertes Leben und für uns ist Leo einfach der Kater mit den drei Beinen. Natürlich kann man sehen, dass er eher hüpft denn geht, wenn er sich langsam fortbewegt, in einer schnelleren Gangart ist aber fast kein Unterschied zu erkennen. Und was er sehr gern mag, ist hinter dem Ohr auf der Seite, wo das Hinterbein fehlt, gekrault zu werden. Kein Wunder, ist das doch die einzige Stelle, an die er nicht allein hinkommt. Und er wird am Boden gefüttert, denn aus dem Stand einen Meter noch oben zur Futterstation zu springen kann er nicht im Gegensatz zu Piper, die ihre beiden Hinterbeine benutzen kann.

 

Piper

Als wir Piper fanden, war sie eine junge Katze und lag ausgestreckt mitten auf der Straße, sie war gerade erst angefahren worden. Wir brachten sie zur Untersuchung sofort in eine Tierklinik. Die Diagnose war ein irreparabler Nervenschaden, der das linke Vorderbein betrifft. Sie würde es nie wieder benutzen können und es wurde zu einer baldigen Amputation geraten. Natürlich haben wir Piper mit nach Hause genommen und darüber nachgedacht, wie das funktionieren soll mit dieser gehandicapten jungen Katze, unseren anderen Katzen, unseren Hunden, die manchmal doch versuchen, eine Katze einen Baum hinaufzuscheuchen und der Tatsache, daß wir im Süden wohnen, wo die Türen schon klimabedingt offenstehen und alle Katzen somit Freigänger sind. Der Gedanke an eine Weitervemitlung von Piper an ein behütetes Zuhause scheiterte daran, daß Piper nicht nur behindert, sondern auch kohlrabenschwarz ist. Niemand wollte sie haben und deshalb blieb sie bei uns. Nach Erfahrungsaustausch mit anderen Katzenbesitzern und einer zweiten Tierarztmeinung haben wir uns gegen eine Amputation entschieden. In ähnlichen Fällen hat eine Amputation des Vorderbeins bereits nach wenigen Lebensjahren zu unerträglichen Rückenschmerzen der Katze geführt und der zweite Tierarzt sah keinen Grund, warum Piper nicht mit einem Vorderbein, das nicht genutzt werden kann, leben sollte. Mittlerweile lebt Piper seit über zwei Jahren bei uns und hat schnell gelernt, ihre "unnütze" Pfote nicht einfach hinterherzuschleifen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wird das Bein mit einem Tagesverband vor Abschürfungen geschützt. Seitdem gleicht sie nun ihre Bewegungen mit ihrer Schulter aus, die Pfote wird höher getragen und Piper, die vermutlich die Tochter einer Strassenkatze war, ist ihrer Natur treu geblieben. Sie ist eine wunderschöne schwarze Katze geworden, eher klein geblieben, und den ganzen Tag auf Achse. Am späten Nachmittag kommt sie über die Fensterbank (!) ins Haus, schlägt sich den Bauch voll und entscheidet sich je nach Wetterlage und Laune dazu, nachts im Haus zu bleiben oder wieder auf Abenteuer zu gehen. Piper ist eine weitgehend unabhängige Katze geblieben mit gelegentlichen Schmuseanfällen. Sie kommt mir ihrem Handicap gut zurecht, einzig ihre wachsame Art schreibe ich dem zu. Sie scheint zu wissen, dass sie im Ernstfall nicht ganz so mobil wäre wie eine vollkommen uneingeschränkte Katze und baut lieber vor, um einen Ernstfall gar nicht erst eintreten zu lassen.

Unsere Erfahrungen mit einem gehandicapten Hund

Petuscha ist eine kleinere Terriermischlingshündin, die einige Jahre voller Energie und Elan bei uns lebte, bis sie eines Tages auf die blöde Idee kam sich auf die Straße zu stellen, um nachzusehen, warum der Nachbar am Straßenrand herumstand. Prompt wurde sie angefahren und lag wie tot im Straßengraben. Sie war aber nicht tot, sondern in einem lebensgefährlichen Schockzustand. Ab in die Tierklinik, wo eine Kreislaufspritze sie wiederbelebte. Ihre linke Schulter war durch den Aufprall mit dem Autoreifen gebrochen. Sie wurde insgesamt zweimal operiert, das Bein per Verband ruhiggestellt. Das Ergebnis war eine verheilte Schulter, aber eine Pfote, die sich nicht mehr strecken ließ, vermutlich durch eine Verkürzung der Bänder, und eine Hündin in der Mitte ihres Lebens, die auf keinen Fall noch einmal operiert werden wollte. Deshalb hat Petuscha seitdem eine Vorderpfote, die sie nicht benutzen kann und hat sich gut daran gewöhnt. Morgens, nach einer langen Ruhepause rast sie herum wie früher, zerrt gemeinsam mit unserem Windhund Spielzeug durch die Gegend und läuft gern mit Gassi. Genau wie bei Kater Leo ist in einer langsamen Gangart ihr Handicap eher wahrnehmbar, sie hüpft mehr als sie geht. Bei schnellerem Laufen sind ihre Bewegungen flüssiger. Sie läuft gern zweimal täglich eine Spazierrunde mit und hält sich ansonsten in Hausnähe oder in ihrem Körbchen im Haus auf. Wer sie noch nie gesehen hat, empfindet vielleicht Mitleid mit diesem behinderten Hund, aber würde man sie fragen, was ihr lieber ist, ein solches, etwas anderes Leben oder gar keins, ich bin mir sicher, ich kenne die Antwort.

Über unsere Tiere
Von der Autorin für Tier- und Portugal-Liebhabe...
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