Wieder tritt Säbelzahneichhörnchen Scrat unabsichtlich eine ganze Reihe globaler Veränderungen los. Darunter leidet auch Manni, der gemeinsam mit Sid (gesprochen von Otto Waalkes), seiner exzentrischen Oma sowie Diego auf einer Eisscholle landet und von seiner Familie getrennt wird. Der Weg zurück ist allerdings mit einem gewaltigen Hindernis in Form des affigen Piratenkapitäns Utan und dessen Spießgesellen gepflastert. Als wären der Scherereien nicht bereits genug, befindet sich Mannis Familie im Wettlauf gegen die verheerenden Folgen der Kontinentalverschiebung …

Deutscher Trailer "Ice Age 4 - Voll verschoben"

Lichtblick Scrat ...

Mitunter führt der Zufall die schönste Regie. Eigentlich sollte Scrat im 2002 angelaufenen "Ice Age" gar nicht auftreten und lediglich in den Trailern und Teasern für ein paar Lacher sorgen. Aber die überwältigende Resonanz der Zuschauer machte klar, dass es das ADHS-Plüschtier zum Publikumsliebling schaffen würde. Auf Biegen und Brechen wurde Scrat nachträglich in den Animationsfilm eingebaut und die Kinobesucher lohnten die Mühen und das Risiko. "Ice Age" geriet zum Überraschungshit des Jahres, dem eine kassenträchtige Fortsetzung nach der nächsten folgen sollte. Qualitativ hinken diese dem Original aber weit nach – und "Ice Age 4 – Voll verschoben" bildet leider keine Ausnahme davon.

 

Platte Tektonik, platter Plot

Cover An den entworfenen Animationen oder den Synchronsprechern – unter anderem ist Otto Waalkes wieder mit an Bord – liegt es nicht, dass auch Teil 4 nicht zu überzeugen vermag. Verständlicherweise gehen Steve Martino und Mike Thurmeier, die erstmals bei einem "Ice Age"-Film Regie führen, kein Risiko ein. Weshalb auch? Trotz lauer Kritiken avancierten die Vorgänger zu Blockbustern. Am Erfolgsrezept etwas zu ändern wäre dumm. Allerdings sorgt eben dieses Erfolgsrezept für Langeweile. Denn im Grunde genommen unterscheidet sich der vierte "Ice Age"-Teil nicht wesentlich von Teil 2 oder 3. Ein Streit sorgt für dicke Luft, die ungleichen Freunde schlittern in höchste Gefahr, lernen neue Gefährten kennen und am Schluss wird ausgesöhnt und der Weg zum nächsten Teil ist freigeräumt.

Insbesondere die stete Vermehrung des Personals ist ein untrügliches Anzeichen für kreative Flaute. Gibt der Plot nichts her, wirft man einfach noch ein paar neue möglichst skurrile Charaktere ins Geschehen und hofft, dass sie von der gähnenden Leere des Drehbuchs ablenken. Diesmal darf sich Säbelzahntiger Diego über eine Herzensdame freuen, während Faultier Sid auf seine tendenziell senile Oma aufpassen muss. Immerhin: Ohne Sids Oma gäbe es in "Ice Age 4 – Voll verschoben" kaum mehr zu lachen als während der "Tagesschau". Ganz im Alleingang zieht die alte Dame die wenigen Gags geradezu magnetisch an und entpuppt sich als erster wertvoller Neuzugang in Mannis Herde. Dabei wirkt auch ihr Auftritt einem Zufall geschuldet: Sids Familie, die bereits ihn selbst ausgesetzt hat, stattet ihm und seinen Freunden einen Besuch ab. Freilich mit dem fiesen Hintergedanken, die unliebsame Omi dem verstoßenen Sohn aufs Auge zu drücken. Soll der doch sehen, was er mit der streng riechenden, wirres Zeug brabbelnden Alten anfangen kann! Da ist er, der im ersten Teil liebgewonnene schwarze Humor, der den Fortsetzungen weitgehend fehlt.

 

Reine Nummernrevue "Ice Age"

Erzählerisch folgt der Streifen den bekannten Bahnen und drückt sich um jegliches Neuland herum. Überhaupt enttäuscht die Vorhersehbarkeit und Beliebigkeit des Plots. Im dritten Teil landeten die Urzeitfreunde in einem mit Dinosauriern gespickten Tal, Teil 4 biedert sich den enorm populären Piraten der Karibik an. Gerade aus dieser steilen Vorlage mit all ihren parodistischen Möglichkeiten holt der Film rein gar nichts heraus. Affenkapitän Utan ist einfach nur ein Schurke ohne jegliches Profil, seine Mannschaft besteht lediglich aus debilen Feiglingen und Psychopathen, die es zu übertölpeln gilt. Schade um die verspielte Chance auf eine abgedrehte Piraten-Parodie.

Größer, lauter, schneller – so heißt es auch in "Ice Age 4 – Voll verschoben". Wo im ersten Teil noch die absurden Gags, kleinen Kabbeleien, aber auch ernsthaften Untertöne herrschten, wird zehn Jahre später eine aalglatte Abenteuergeschichte ohne jegliche Höhen in Szene gesetzt, wobei sich nicht die Bilder der Geschichte, sondern der Plot dem 3D-Hype unterordnet. Das ist natürlich hübsch anzusehen, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck. Von den Konflikten und kleinen und großen Dramen des ersten Teils sind nur noch die Protagonisten übrig. "Ice Age 4 – Voll verschoben" ist wie die beiden Vorgänger eine reine Nummernrevue, der man ein paar zusätzliche Attraktionen spendierte.

Sicher: Familientauglich ist das Ganze immer noch. Emotional berühren die beliebigen Rutschpartien und sattsam bekannten Gefahren nicht im Geringsten. Jüngere Zuschauer werden sich wohl trotzdem bestens amüsieren und für Erwachsene bleiben ein paar skurrile Auftritte von Sids Oma. Und natürlich ist da noch Scrat, den es in der mit Abstand witzigsten und wunderbar parodistischen Sequenz in ein mythisches Reich verschlägt, wo er wie gewohnt alles über den Haufen wirft. Und zumindest diese eine rund einminütige Episode tröstet über die magere restliche Laufzeit hinweg und versöhnt ein wenig für das enttäuschende 3D-Spektakel.

Originaltitel: Ice Age: Continental Drift

Regie: Steve Martino, Mike Thurmeier

Produktionsland und -jahr: USA, 2012

Filmlänge: ca. 88 Minuten

Verleih: Twentieth Century Fox Home Entertainment

Deutscher Kinostart: 2.7.2012

FSK: Freigegeben ab 0 Jahren

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