In einem Callcenter werden die verschiedensten Bereiche abgedeckt. Dies reicht von der Bestellannahme, der Servicehotline bis zum aktiven Telefonverkauf. Dabei unterscheidet man zwischen:

Inbound

Hier ruft der Kunde oder Gast bei der jeweiligen Firma an und möchte etwas z.B.

  • Artikel, Produkte oder Konzertkarten bestellen
  • eine Reise buchen
  • einen technischen Service nutzen, weil eine Ware oder ein Programm nicht funktioniert
  • Informationen einholen.

Outbound

Darunter versteht man die typischen Telefonakquisejobs, bei der man den Kunden anruft um

  • einen Termin für einen Vertriebler zu vereinbaren
  • etwas zu verkaufen
  • Mitglieder und Kunden kostenpflichtig zu werben.

Anforderungen an den Call-Center-Agenten

Je nach gewünschter Tätigkeit sind die Anforderungen unterschiedlich. Es reicht nicht aus, gerne zu telefonieren. Dies ist aber schon eine gute Voraussetzung. Man muss gerne mit Menschen umgehen. Gefragt sind in der Regel

  • gute Computerkenntnisse
  • gutes Hochdeutsch
  • kommunikative Fähigkeiten
  • Flexibilität

Bei technischen Hotlines oder im Tourismus (Reiseveranstalter, Fluglinie, Mietwagenfirma) sind besondere Fachkenntnisse gefragt.

Das Fräulein vom Amt (Bild: 1874235)

In früheren Zeiten gab es noch das Fräulein vom Amt, welches die Telefonleitungen verband. So sieht es heute nicht mehr aus. Man hat einen PC mit Telefonanlage und ist mit einem Headset (Kopfhörer) mit dem Telefon verbunden, fast wie angeleint. Herumlaufen und mal einen Kaffee mit der Kollegin trinken gehen, ist da nicht möglich!

Die Einarbeitung innerhalb einer Woche

Meine Einarbeitung in mein Callcenterleben sah so aus:

Am ersten Tag wurden wir durch das Großraumbüro geführt und bekamen alle Grundlagen erklärt. Es fand eine Schulung zu der hauseigenen Software, einem touristischen Buchungsprogramm, statt. Wir erhielten grundlegende Informationen zu den angebotenen Reisen sowie Ordner mit Buchungsanweisungen und Arbeitsmaterial.

Ein Telefonseminar füllte den gesamten zweiten Tag aus.

Am dritten Tag übten wir die Einbuchung von schriftlichen Buchungsanfragen in der Reisesoftware.

Tag vier saßen wir jeweils bei einer Mitarbeiterin. Wir erhielten ein Headset und konnten so das Telefongespräch zwischen dem Kunden und der Servicemitarbeiterin verfolgen.

Am letzten Tag durften wir telefonieren und die Mitarbeiterin war mittels Headset eingebunden, um uns Tipps geben zu können. Nach einer erfolgreichen Woche wurden wir auf die Menschheit losgelassen.

Verschiedene Levels in der Telefonanlage

In einem Callcenter arbeiten sowohl Vollzeitmitarbeiter als auch Aushilfen wie z.B. Studenten, Mütter mit Kindern (gerne am Abend und am Wochenende), Zeitarbeitskräfte. In meinem Großraumbüro telefonierten 75 Personen gleichzeitig. Die Schreibtische waren in Viererblogs angeordnet. Über ein Telefonprogramm bekommt man die Anrufe auf seine Telefonanlage weitergeleitet. Dies geschieht nach einem s.g. Level. Anfangs ist man in Level vier und erhält nur wenige Anrufe, mit der Zeit und der Leistungsfähigkeit steigert man sich bis Level eins. Man muss sich das so vorstellen: Mitarbeiter in Level eins erhalten die Anrufe zuerst, alle weiteren Anrufer landen bei Level zwei usw. An starken Tagen können Sie in Vollzeit auf fast 200 Telefonate kommen!

Da dieses Callcenter für verschiedenen Auftraggeber arbeitete, war in der Telefonanlage eine Bandansage vorgeschaltet wie z.B. "Guten Tag, Sie sind mit Firma XY verbunden.". Dann hörten wir ein Tutut und mussten uns wie folgt vorstellen: "Guten Tag, mein Name ist Vorname, Nachname. Was kann ich für Sie tun?" Man hebt also keinen Hörer ab, sondern bekommt den Anrufer automatisch eingeschaltet. Das heißt aber auch, dass Sie mit der vorherigen Aufgabe beim nächsten Anrufer fertig sein müssen! Es gibt zwar eine Pausentaste an der Telefonanlage, die soll aber nur in Ausnahmefällen genutzt werden.

Young Woman Working in the Emergency Service (Bild: Stocktrek Images)

Zeit ist Geld - warum man sich am Telefon kurzfassen muss

Unsere Vorgabe war es, eine Reisebuchung mit allen Daten am Telefon in 2,5 Minuten zu erledigen. Dieser Durchschnittswert errechnete sich, sowohl aus langen Telefonaten wie Reklamationen, Buchungen mit vielen Familienmitgliedern und schwierigen Namen, die buchstabiert werden müssen sowie allgemeiner Information. Die Folge ist, dass man sich immer etwas gehetzt fühlt am Telefon und versucht, den Kunden so schnell wie möglich loszuwerden, pardon abzuwickeln. Einmal im Monat bekam man eine Statistik mit den eigenen Durchschnittswerten. Sehr langsame Mitarbeiter behielten ihre Arbeitsstelle nicht langfristig. Dem eigentlichen Servicegedanken am Kunden entspricht dies leider nicht!

Arbeitszeiten, Schichtdienst und Pausen

Die Arbeitszeiten richten sich nach dem Auftraggeber. Gehen Sie davon aus, dass Sie sowohl am Wochenende als auch an Feiertagen arbeiten. Unser Callcenter war an 364 Tagen an 24 Stunden erreichbar. Die Arbeit erfolgte in festgelegten Gruppen und Schichten zwischen morgens 8 Uhr und 24 Uhr. Den Nachtdienst machten meist festgelegte Freiwillige. Auch die Arbeitspausen und die Mittagszeit sind genau festgelegt und erfolgt in sich abwechselnden Gruppen. Der Hintergrund ist der, dass gesichert sein muss, dass immer genügend Mitarbeiter am Telefon sind um unnötige Wartezeiten oder gar ein Auflegen des Kunden zu vermeiden.

Schichtdienst wirkt sich auf den Schlafrhythmus aus und ist auf Dauer ungesundet. Nicht jeder kann damit gut umgehen. Bei mir bewirkte es nach einigen Monaten eine Dauermüdigkeit.

Die Bezahlung

Während vor einigen Jahren die Gehälter in einem Callcenter noch dem eines Bürosachbearbeiters entsprachen, ist man zum Teil zu einem Grundgehalt mit Provision (Telefonakquise) übergegangen. Manche Büros arbeiten nur noch mit Zeitarbeitskräften, die nach einem Jahr durch andere Kräfte ausgetauscht werden. Andere Firmen stellen nur noch Aushilfen bzw. Minijobber ein, um Kosten zu sparen. Zuschläge für Wochenend- oder Feiertagsarbeit gibt es kaum noch. Die Flexibilität der Arbeitnehmer und die schlechten Arbeitszeiten zahlen sich meist nicht in barer Münze aus.

Der Verdienst liegt heute ca. zwischen sechs und zehn Euro die Stunde uns sollte sich nach Einführung des Mindestlohns hoffentlich auf mindestens 8,50 Euro erhöhen. Spezialisten mit besonderen Herausforderungen erhalten auch mehr.

Das durchschnittliche Gehalt eines Call-Center-Agenten nach Bundesländern wurde auf der Seite mein Chef ermittelt. Auf der Karte kann man die Werte für sein eigenes Bundesland suchen. So liegt das durchschnittliche Einkommen im Callcenter bundesweit bei 1.450,00 Euro brutto. Auf dieser Seite können auch Mitarbeiter ihre Arbeitgeber bewerten. Wie immer im Internet, muss man bei Zahlen und Bewertungen vorsichtig sein.

Telefonieren mit schwierigen Kunden.

Telefonieren mit schwierigen Kunden. (Bild: 8018928)

Persönliche Herausforderungen

Bedenken Sie, Sie sind nur auf Ihr Gehör angewiesen. Dabei ist höchste Konzentration erforderlich. Ein Block für kurze Notizen sollte neben dem Schreibtisch liegen und aktives Zuhören ist gefragt. Bei Buchungen, Bestellungen oder ähnlichen Produkten sollte man dem Kunden am Ende alles noch einmal wiederholen, um Hörfehler abzugleichen.

Reklamationen und schwierige Kunden erfordern ein Fingerspitzengefühl. Manchmal kann es da am Telefon laut zur Sache gehen und auch vor Beschimpfungen ist man nicht geschützt. Man muss auch hier zuhören und versuchen, die Frage für den Anrufer so gut wie möglich zu lösen. Im Idealfall hat das Call-Center eine Reklamationshotline, an die man ganz schwierige Fälle verbinden kann.

Telefonakquise

Bei der Telefonakquise sollten Sie ein besonders dickes Fell haben. Es ist nicht so einfach, immer wieder Ablehnung zu erfahren, bevor man einen Termin mit einem Kunden machen kann oder etwas verkauft. Bei 20 oder mehr Anrufen funktioniert das vielleicht einmal. Hier wird häufig ein geringes Grundgehalt sowie eine leistungsbezogene Provision gezahlt. Das Verkaufsziel für die Provision liegt häufig sehr hoch! Es wird einem vorgegaukelt, dass man dieses Ziel leicht erreichen kann und dass die meisten Mitarbeiter mehr verdienen. Sie erleben eine böse Überraschung, wenn dann die Gehaltsabrechnung erheblich davon abweicht.

Für wen ist die Arbeit geeignet?

Nach meiner persönlichen Erfahrung arbeiten die wenigsten Mitarbeiter langfristig in der Call-Center-Branche. Viele nutzen die Arbeit, um ihr Geld aufzustocken (Hausfrauen, Studenten, Aushilfen), andere als Überbrückung (Arbeitslose, Studenten). Es kann für eine gewisse Zeit auch eine Notlösung sein, damit man Erfahrungen sammelt und sich wieder aus dieser Situation bewerben kann.

Man sollte versuchen, direkt bei der Firma zu arbeiten. Im Gegensatz zu früher wird man über Zeitarbeitsfirmen heutzutage selten beim jeweiligen Arbeitgeber übernommen und arbeitet dazu noch unter noch schlechteren Bedingungen.

In meinem persönlichen Fall ist mir der Wechsel zu einem anderen Büro gelungen. Mein Traum war es immer, im Tourismus zu arbeiten. Lehrstellen gab es für die Babyboomer-Generation zu wenige, sodass ich einen kaufmännischen Beruf erlernte. Nach einem Fernstudium war mein erster Arbeitgeber für zwei Jahre ein Callcenter, das zum Sprungbrett für die Tätigkeit in der Reiseindustrie wurde.

Große Anbieter der Callcenter-Branche

Für die Callcenter-Branche ermittelt die Fachzeitschrift CallCenterProfi jährlich ein Ranking nach Firmenumsatz und Anzahl der Mitarbeiter. So steht die Firma Arvato Customer Service mit 11.485 Arbeitsplätzen in 2013 an der Spitze, gefolgt von Walter Services GmbH mit 6.580 und der SITEL GmbH mit 3.355. Die zehn größten Arbeitgeber dieser Branche haben allein 50.218 Beschäftigte.

Die Arvato AG bietet allein in Deutschland 23 Standorte und arbeitet für die Touristik/Airlines, den Gesundheitssmarkt und viele andere Branchen.

Reisefieber, am 26.04.2014
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Bildquelle:
johannes flörsch (Jobsuche für Freiberufler. Ein paar Tipps)

Autor seit 10 Jahren
165 Seiten
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