Die ew'ge Schuld des weißen Mannes!

Der Geist des in den 1990er-Jahren geprägten Begriffes "Islamophobie" schwebt drohend wie das Damoklesschwertüber der politischen, wie auch medialen und gesellschaftlichen Landschaft. Wagt man öffentliche Kritik am Islam, saust es unweigerlich auf das Haupt des als "Islamophob" Geouteten herab. In schönster Tradition politisch korrekter Doktrin reiht sich die "Islamophobie" nahtlos zwischen Rassismus, Frauenverachtung und Diskriminierung ein. Wer klug ist, verkneift sich jegliche kritischen Worte zum Kanon der Heiligen Kühe politischer Korrektheit und lästert besser über jene Menschengruppen, die unbesehen beleidigt werden dürfen. Etwa Männer. Weiße Männer, wohlgemerkt! Die tragen schließlich an allem Übel der Welt schuld. Oder Christen, die bisweilen mit geradezu larmoyanter Selbstkasteiung die andere Wange hinhalten und um Züchtigung bitten.

Dabei bedürften doch gerade die Auswirkungen der Masseneinwanderung aus moslemisch geprägten Ländern (alleine in Österreich versechsfachte sich zwischen 1981 und 2009 die Anzahl der Moslems an der Gesamtbevölkerung) in das christliche Abendland schonungslos unaufgeregter Debatten. Immerhin treffen hierbei zwei höchst unterschiedliche Kulturkreise aufeinander, was fast unweigerlich zu Konflikten führt. Tatsächlich aber wird jegliche offene Debatte im Keim erstickt und Kritiker dieser Entwicklung sehen sich als Rassisten oder islamophob gebrandmarkt.

Ungeachtet der völligen Ignoranz den gesellschaftlichen Problemen gegenüber, schanzen Politiker und Intellektuelle mit Vorliebe dem ach so intoleranten Westen die Rolle des Schurken zu, der aus purer Bösartigkeit und Fremdenfeindlichkeit heraus dem Islam mit Misstrauen begegne. Weshalb es derlei Vorbehalte nicht auch etwa dem Buddhismus oder Atheisten gegenüber gibt, wird geflissentlich übersehen.

Der Publizist Wolfgang Pohrt fasst in seinem im "Tagesspiegel" unter dem völlig unaufgeregten Titel "In Europa sind Gottlose in einen Religionskrieg getreten" erschienenen Vorabdruck seines neuen Buches "Kapitalismus Forever: Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam" die schönsten diesbezüglichen Absurditäten zusammen. "Absurd" deshalb, weil es zirkusreifer Akrobatik bedarf, um die Besorgnis vieler Europäer als geradezu alberne Nichtigkeit abzustrafen.

Faschistenalarm!

Leser des bemerkenswerten Textes (Originalzitate werden kursiv dargestellt) dürften kaum überrascht sein, gleich nach wenigen Sätzen mit den üblichen Faschistenvorwürfen nazial gekeult zu werden. Dennoch darf man über die Verrenkungen schmunzeln, mit denen das Unbehagen der Scharia oder dem Koran gegenüber in geistiges Nazi-Territorium verschoben wird. Da heißt es:

Mit der Scharia kenne ich mich nicht so gut aus. Ich weiß nur so viel: Wenn ein Idiot heute weder von Religion noch von Politik und auch sonst gar keine Ahnung hat – von der "Scharia" quasselt er immer. [...] In jedem Diskussionsforum im Internet gibt es faschistische Hetzer, die Koransuren angeblich aus dem Original zitieren, um zu beweisen, wie schrecklich und gefährlich der Islam sei.

Diese Akribie erinnert an Eichmanns Judenreferat im Reichssicherheitshauptamt der SS, wo mit der Zeit die umfassendste Sammlung von Judaika zusammengetragen wurde und die Beflissensten unter den Mördern sogar Hebräisch gelernt hatten. Die kannten den Talmud besser als jeder Jude. Und so ist das heute auch. Die Moslemfresser können Koransuren zitieren, die einem Moslem mit Sicherheit unbekannt sind.

Zwar gibt der Publizist zu, dass im Koran "unschöne Regeln" stünden, relativiert dies aber souverän mit dem Bibelzitat "Auge um Auge, Zahn um Zahn" und dem Bekenntnis, an "Religionsbüchern" nicht interessiert zu sein. Dem Artikelautor ist es ein völliges Rätsel, wie Herr Pohrt den entscheidenden Unterschied zwischen der Bibel und dem Koran übersehen kann. Während der christliche Glaube im Zuge der Aufklärung - Gott sei's gedankt! - einer Säkularisierung unterworfen wurde, bildet der Koran im sunnitischen Islam die Grundlage der Scharia. Die mitunter erstaunlichen Urteile dieser "Rechtssprechung" können unter anderem in Saudi-Arabien, dem Iran, Afghanistan oder Teilen Somalias bewundert werden. Man muss wahrlich nicht besonders viel Ahnung von der Scharia haben, um sie von ganzem Herzen abstoßend finden zu können, was im übrigen auch auf viele Moslems zutrifft - aber vermutlich sind auch diese "islamophob"...

 

CDU: Auf einer Stufe mit islamistischen Parteien?

Untergehendes Abendland?Gänzlich skurril wird es, wenn islamische Parteien mit dem Verweis auf die CDU und die CSU verharmlost werden.

Wenn die Nachrichten melden, in einem islamischen Land habe eine islamische Partei die Wahl gewonnen, dann nicht ohne besorgten Unterton. Ist es hier denn anders?

Ja, das ist es! Beispielsweise trachtet die in Ägypten siegreiche "Freiheits- und Gerechtigkeitspartei" nach der Implementierung der Scharia und erachtet Frauen als ungeeignet in politischen Führungspositionen.

 

Relativismus, oder: Und was habt ihr mit den Indianern gemacht?

Ebenso absurd sind haarsträubende Verweise auf den Umgang mit der Homosexualität. Seit 1969 ist Homosexualität bei einem "Schutzalter" von 21 Jahren legalisiert, wobei die Altersgrenzen stufenweise herabgesetzt wurden. Tatsächlich wurden nach Ende des Krieges zehntausende Homosexuelle strafrechtlich verfolgt, was nicht nur aus liberaler Sicht unentschuldbar ist. In welcher Beziehung ein vor Jahrzehnten (!) begangenes Unrecht mit der in einigen islamischen Ländern ausgeübten Verfolgung Homosexueller stehen soll, erschließt sich erst dann, wenn man die mächtigste Waffe der Relativisten in Betracht zieht: Die Aufrechung von Verbrechen!

Die Moslems anzuschwärzen, hilft also den Westlern, die eigene dunkle Vergangenheit zu verdrängen und den eigenen Dreck, der immer noch herumliegt, unter den Teppich zu kehren.

Etwa Zwangsheiraten:

Das ist zum Beispiel beim Thema "Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen durch ihre Eltern" in Internetforen zu beobachten. "Der Wüstling und die blütenreine Unschuld" – der Stoff, aus dem die Träume alter Männer sind. Von denen gibt es gerade hier eine ganze Menge, aber die fliegen lieber nach Thailand, wo man mit jungem Gemüse Spaß haben kann, ohne gleich Lebenslang zu kriegen.

Allen Ernstes wird Zwangsverheiratung mit - freiwilliger oder erzwungener - Prostitution verharmlost. Es kommt aber noch besser:

Klar, es ist bitter für die Frau, einen Mann nehmen zu müssen, den sie nicht will. Das kommt aber auch ohne Zwangsheirat vor. Nämlich dann, wenn der Mann, den sie will, sie nicht will.

Hierzu erübrigt sich eigentlich jeder Kommentar. Deshalb nur so viel: Eine Minderjährige wie ein Stück Vieh an einen erwachsenen Mann zu verkaufen, der frei über sie verfügen darf, unterscheidet sich von unglücklicher, einseitiger Liebe in so ziemlich allem, was Freiheit und Menschenwürde ausmacht.

Diesem möglicherweise als ernsthafte gesellschaftliche Parallele getarnten Versuch eines horriblen Kalauers, folgt die in derlei Diskussionen unausweichliche Aufzählung vergangener europäischer Verbrechen. Von den Blutbädern der französischen Revolution und den brennenden Scheiterhaufen über die Massenmorde an den indigenen amerikanischen Völkern bis hin zu Auschwitz: Die Schuld des weißen Mannes ist enorm! Offenbar so enorm, dass:

[...] der Islam vergleichsweise wenig auf dem Kerbholz hat.

Nun könnte man einwenden, dass Völkermorde, grausamste Folter, Verfolgung Andersgläubiger, brutale Unterdrückung von Frauen, wahnwitzige Glaubenskriege oder Sklaverei dem Islam bestens vertraut sind. Freilich: Erinnert dies nicht verdächtig an verschämte Pseudo-Argumentationen à la: "Und was habt ihr Amerikaner mit den Indianern gemacht?" oder "In den sowjetischen Gulags sind auch Millionen Menschen umgebracht worden!"?

Wenn Wolfgang Pohrt nun schlussfolgert, dass der Islam keine besonders schlimme Religion sei, mag er im historischen Kontext recht haben. Bei all den ermüdenden "Christen haben auch schlimme Verbrechen begangen!"-Relativierungen wird freilich der entscheidende Punkt tunlichst vermieden: Die Konquistadoren, Scheiterhaufen, Kreuzzüge und Auschwitz sind Vergangenheit. Eine Vergangenheit, die für die meisten Menschen so weit zurückliegt, wie die Steinzeit. Kopfschüttelnd lesen wir von den Hexenverfolgungen oder dem Sklavenhandel, deren Täter wie auch Opfer längst nicht mehr unter uns weilen.

Ganz im Gegensatz zu den im Namen Allahs begangenen Barbareien der Gegenwart. Das Abschlachten der indigenen Völker Amerikas lässt sich nicht mehr verhindern - das Aufhängen Homosexueller in islamischen Staaten hingegen schon. Die Unterdrückung von Frauen im Mittelalter ist Geschichte - Zwangsverheiratungen, Beschneidungen oder Ehrenmorde geschehen in der Gegenwart.

Folgte man der Doktrin der Relativierung, ließe sich jedes noch unbegangene Unrecht mit dem Hinweis auf vergangene Verbrechen verharmlosen. Mit Sicherheit wurden Urahnen des Artikelautors in den Weltkriegen von feindlichen Soldaten getötet, vielleicht von Napoleons Armee auf dem Durchmarsch gemeuchelt oder von römischen Legionären versklavt und zu Tode geschunden. Die Auswirkungen auf das moralische Gerüst der Gegenwart halten sich dennoch in überschaubaren Dimensionen: Was geschehen ist, ist geschehen und durch Kranzniederlegungen vor Denkmälern oder Reparationszahlungen nicht mehr gutzumachen. Was heute geschieht, kann hingegen verhindert werden! Es nicht zu verhindern und mit Verweisen auf historische Geschehnisse herabzuspielen, ist aus Sicht des Artikelautors der falsche Weg, den vielbeschworenen "Dialog auf Augenhöhe" zu führen.

 

Trittbrettfahrer Osama bin Laden?

Gänzlich peinlich wird's, wenn abstruseste Scheinzusammenhänge dermaßen windschief konstruiert werden, dass im Vergleich dazu der Schiefe Turm von Pisa wie ein Musterbeispiel für standfeste Statik wirkt. Wer lieferte die Blaupause für die Anschläge vom 11. September 2001? Ganz einfach: Der amerikanische Bestsellerautor Tom Clancy!

Aber das Drehbuch für den Horrorfilm kam aus Amerika. Mit dieser Szene endet Tom Clancys Bestseller "Ehrenschuld", und sein Bestseller "Befehl von oben" beginnt damit. Nur ist der Typ, der seine Maschine aufs Kapitol krachen lässt und damit die gesamte politische Spitze einschließlich des Präsidenten ausradiert, bei Clancy ein rachsüchtiger Japaner. Die Thriller erschienen 1994 und 1996, damals hatte man noch andere Feindbilder.

Die Beweislage ist erdrückend: Irgendwann fiel Osama bin Laden ein amerikanischer Thriller in die Hand, der ihn inspirierte. Wieso sitzt Clancy eigentlich noch nicht auf Guantanamo fest?

Wem derlei abenteuerliche Konstrukte, die jede "Akte X"-Episode wie puren Realismus aussehen lassen, nicht zu überzeugen vermögen, sollte sich den Schlusssatz des Textauszuges vergegenwärtigen:

Wo uns der Islamismus am finstersten und archaischsten erscheint, ist die Verwestlichung am weitesten fortgeschritten.

Die ach so schlimme "Verwestlichung" übt also schlechten Einfluss auf den Islamismus aus. Wie das bei dermaßen gegensätzlichen Weltanschauungen überhaupt möglich sein soll, bleibt zumindest in diesem Textauszug ungeklärt. Wenn fanatische Moslems den westlichen Lebensstil hassen, ist das wohl deren Problem, nicht jenes des Westens. Einer aufgeklärte, säkularisierten Gesellschaft das "Täter"-Schildchen umzuhängen, ist gleichermaßen grotesk wie lächerlich. Millionen Moslems wandern unter anderem deshalb nach Europa und Nordamerika aus, weil sie eben jene westliche Kultur offenbar schätzen (von den finanziellen Anreizen, die nicht Gegenstand dieses Artikels sein sollen, ganz zu schweigen). Nur hier dürfen und können sie einen Lebensstil pflegen, der ihnen in angestammten Heimaten Gefängnis, Auspeitschung oder den Strick einbrocken würde. Merkwürdigerweise zieht es kaum einen von ihnen zurück, geschweige denn, dass gebürtige Westeuropäer oder US-Amerikaner ihre Zelte abbrechen, um in Saudi-Arabien oder Pakistan ein neues, nicht vom üblen Westen kontaminiertes Leben zu beginnen.

Oder vielmehr: Es ist natürlich nicht merkwürdig, sondern nur konsequent. Mit derselben Konsequenz ereifern sich FeministInnen über die angeblich so schreckliche Unterdrückung der Frauen im Westen, lassen es aber an gelebter Solidarität mit den gerüchteweise fast ebenso schlimm unterdrückten Geschlechtsgenossinnen in islamisch geprägten Gegenden vermissen. Kein Wunder: Wer in Berlin zum Slut Walk aufmarschiert, kommt höchstens ins Fernsehen - in Riad würden Bedrohungen an Leib und Leben nicht lange auf sich warten lassen.

Das Problem sind nicht "die Moslems" oder "die Araber", genauso wenig, wie "die Deutschen" des Dritten Reiches per se allesamt skrupellose Mörder waren. Es waren die Erbauer, Helfer und Mitläufer des Systems, die für seine Untaten verantwortlich waren, und niemand sonst. Im selben Maße sind es die offen gewalttätigen, fundamentalistischen Moslems, die der "Islamophobie" Angriffsflächen bieten. Diesen Menschen gegenüber gibt es keine Verpflichtung zur Toleranz und Freundschaft. Ihnen sind die Werte des Westens ein Dorn im Auge. Nach Ansicht des Artikelautors ist dies aber deren Problem, nicht unseres. Offenbar sehen das auch viele Moslems ganz ähnlich, die all der vorgeblichen "Ausländerfeindlichkeit" und "Islamophobie" zum Trotz in Massen nach Westeuropa strömen.

Autor seit 13 Jahren
815 Seiten
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