Was lange währt, heißt endlich Mi

Angefangen hat es so wie bei vielen anderen Menschen, nämlich damit, dass man immer mal darüber redete, wie es sich nach langer Abstinenz wieder mit einem Haustier leben würde. Verwandtschaft und Freunde berichteten über ihre positiven Erfahrungen mit Tierheimen, wo sie ihre neuen Mitbewohner fanden, ob nun Hunde oder Katzen.

Der nächste logische Schritt folgte und trägt wohl immer und bei allen Adoptionswilligen zunächst die irreführende Überschrift "Nur mal gucken". Ja klar, dafür fährt man auch quer durch Berlin an einem Sonntagmorgen! Eigentlich war uns beiden Menschen klar, wo das enden würde.

Viele Katzen baggerten zärtlich um uns herum. Außer diese kleine rote Mieze, die in einer Art Plüschregal in der hintersten Ecke hockte und apathisch vor sich hin starrte. Ich persönlich nahm es so wahr: Zwei kurze, unsichere Seitenblicke auf mich signalisierten, dass sie mich nicht sieht, womit für sie feststeht, dass ich sie ja auch nicht sehen könne. Kein Fauchen, kein Kratzen, kein Knurren – nur eben diese zwei neugierigen Blicke aus dem äußersten Augenwinkel.

Liebe auf den ersten Blick. Für uns zwei Menschen war die Entscheidung unabhängig voneinander gefallen und bestätigte sich nach kurzer Rücksprache unter vier Augen. Doch zunächst mussten noch Formalitäten erledigt werden: viele Fragen an die adoptionswilligen Menschen und ein Informationsgespräch mit der freundlichen Mitarbeiterin des Tierheims Berlin, Vorlage des Personalausweises und Aufnahme der Personalien, Ausfüllen eines kurzen Formulars.

Nachdem das alles erledigt war und die 65 Euro für die kastrierte, mit einem Chip registrierte und geimpfte Katze bezahlt waren, nahmen wir eine Transportbox (zusätzlich sieben Euro) mit Mi, wie die kleine Rothaarige jetzt hieß, in Empfang und fuhren mit ihr nach Hause. Kein Piep unterwegs, auch kein Pipi.

Eingewöhnung

Zuerst nur auf Abstand (Bild: Katrin Asmuss)

Ankunft im neuen Zuhause

So landete also am 1. Dezember 2013 eine Transportbox sanft auf dem Boden im Flur unserer Wohnung und im D-Zug-Tempo schoss ein roter Pfeil heraus, verstört um sich blickend und entsprechend unüberlegt in der Badewanne landend, wo der weitere Weg zudem durch einen erschreckend blauen Duschvorhang abgeschnitten wurde. Als dieser eine Mensch (die Autorin dieses Erfahrungsberichts, also ich) sich der Katze Mi näherte, entschloss das Tier sich kurzerhand zur bewährten Taktik: Starrer Blick an der Gefahr vorbei, denn wenn ich sie nicht sehe, sieht die mich auch nicht. Logisch.

Katzenklobenutzung war gleich klar, kannte sie aus ihren bisherigen vier Lebensjahren. Futter sowieso.

Vier Tage und ein Protestpinkeln später kam ein kleiner Perspektivwechsel dazu. Im Tierheim wurde gesagt, dass man bei so einer schüchternen Katze erst einmal mit einem Raum anfangen müsse. Das Bad kannte Mi nicht nur, weil sie schließlich dort hockte, sondern zudem von mehreren Panikattacken (Tür auf, Tür zu zum Beispiel - gar nicht zu reden von der Benutzung des Wasserhahns oder gar der Dusche, aus der sie sich zwischenzeitlich hinters Klo verdrückt hatte).

Nach dem sehr zeitaufwändigen Wechsel über den Flur ins Wohnzimmer verbrachte sie die nächsten Tage dort konsequent hinter oder unter der Couch, bevor sie feststellte, wie interessant so ein Sideboard, ein Fensterbrett oder das große Bücherregal sind. Den Weihnachtsbaum ließ sie links liegen, denn der roch so komisch nach Zitrone. Lag das an diesem kleinen Zerstäuber, mit dem die Menschenfrau das riesige und bunte Ding behandelt hatte?

Erschließung neuer Welten

Fressen klappte, Katzenkloreinigung auch, sogar Leckerchen gab es überall dort, wo nicht das Hinter-Oder-Unter-Der-Couch-Land war.

Die Entscheidung der Katze Mi für ihre neue Familie fiel umso leichter, da irgendeiner von den beiden Menschen öfter mal mit diesen beiden Puscheln spielte, die an einer Schnur befestigt waren, die ihrerseits an so einem langen Stock hing, an dem wiederum schließlich einer von den Menschen dran war. Mi spielte jedes Mal emsig mit, damit ihre Menschen sich wohl fühlen.

Gut, der Pappkarton, in den der Menschen-Mann eine Öffnung vorne und eine andere oben hineingeschnitten hatte, sah im Flur nicht dekorativ aus, aber dafür rappelte es schön laut, wenn man darauf oder darin spielte.

Einen kleinen Wermutstropfen gab es nach einer Woche: Die Menschen fuhren mit Mi zum Tierarzt, wo Fäden gezogen und Krallen geschnitten werden mussten. Da war noch einmal ein Protestpinkeln fällig, denn man ist als Katze schließlich nicht irgendwer. Kurioserweise scheinen die Menschen damit gerechnet zu haben, denn Mi fand die zwei Protest-Pinkelstellen nie wieder. So entschloss sie sich, fortan nur noch im Klo tätig zu werden – egal, ob aus Rebellion oder nicht.

Und das mit dem Krallenschneiden war gar nicht so schlecht, denn jetzt kann Mi endlich mal wieder den Kratzbaum nutzen, ohne bei jeder Maniküre ständig darin hängen zu bleiben.

Vier Wochen später

Schöne, verspielte und zunehmend verschmustere Weihnachtstage liegen hinter den drei Protagonisten dieses sehr kurz gefassten Erfahrungsberichts. Was zunächst die Menschen nicht glauben und das Tierheim wegen der kurzen Verweildauer der Katze von zwei Tagen nicht wissen konnte: Mi ist definitiv nicht schüchtern!

Ihre ersten Erziehungsmaßnahmen wurden immerhin gut von ihren Menschen umgesetzt: Wenn die nämlich daheim sind, wird eine Sitzung im Katzenklo stets mit einem kontinuierlichen Miauen gekennzeichnet, was bedeutet, dass bitte die umgehende Reinigung desselben zu erfolgen hat. Nur wenn die Menschen mal länger außer Haus sind, ist Mi kompromissbereit und hält an sich. Was noch dringender Nachbesserung bedarf: Die Menschen haben nicht nur zwei Mal am Tag sofort die Tüte mit den Leckerchen zu zücken, wenn Mi dergleichen signalisiert, sondern ständig - quasi minütlich auf Wunsch einer einzelnen Katzendame. Immerhin kennen doch alle die Binsenweisheit: Hunde brauchen ein Herrchen, Katzen Personal.

Da man jedoch wild entschlossen ist, weiterhin die Wohnung miteinander zu teilen, bleibt auch genügend Zeit, um sowohl Mensch als auch Tier noch etwas zu prägen und auf den richtigen Pfad der eigenen Ansprüche zu geleiten. Bis dahin wird weiter gespielt, geschlafen und geschmust.

Unsere persönliche Tatsache ist jedenfalls: Bereits in der Vorweihnachtszeit adoptiert zu werden und nach der Eingewöhnung schöne Feiertage als den Start in ein gemeinsames Leben zu haben, ist einfach nur optimal!

Kati, am 30.12.2013
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Bildquelle:
a.sansone (Kapern - Woher sie kommen, wie sie aussehen und wo sie besonders gu...)
https://pagewizz.com/users/Adele_Sansone (Rosen und die Frage: Dorn oder Stachel?)

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