Die Geschichte des Kasperls

Am 11.9.1957 begrüßte der Kasperl zum ersten Mal mit seinem obligatorischem "Kinder, seid ihr alle da?" die Jüngsten unter den österreichischen Fernsehguckern. Mittwoch war von nun an Kasperltag, denn jeden Mittwoch um 15 Uhr wurde die beliebte Serie ausgestrahlt und zwar zunächst direkt live aus dem Urania Puppentheater, in schwarz-weiß natürlich. "Kasperl und Petzi" hieß das Programm von Hans und Marianne Kraus. Vier Jahre lange hielten sich ihre Figuren alleine auf der Bühne, bis schließlich 1961 ein weiteres Programm dazu kam.

"Kasperl und Petzi" mussten sich von nun an abwechseln mit "Kasperl und Strolchi", den Figuren von Wolfgang und Hertha Kindler aus der Wiener Handpuppenbühne. Etwas komplett Neues kam 1971 vom Theater Arlequin dazu: Nicht nur Puppen hatten nun ihren Auftritt, sondern auch der menschliche Clown Habakuk war ab jetzt in "Clown Habakuks Puppenzirkus" zu sehen, immer noch abwechselnd mit den anderen Programmen und immer noch am Mittwoch. Mehrere andere Puppenbühnen hatten von nun an Gastauftritte im Mittwochskasperl und brachten neue Stücke auf den Markt, schließlich musste man ja etwas mit der Zeit gehen. So kamen Roboter und andere Neuheiten dazu oder hatten kurze Auftritte. Sehr beliebt waren die verschiedenen Produktionen vom Figurentheater Lilarum, die "Kasperl und Hopsi"-Serie vom Kindertheater Liliput und "Kasperl & Co" von Stefan Gaugusch.

Im neuen Jahrhundert gab es viele Neuigkeiten vom Kasperl. Nachdem die Sendung 2008 unbenannt wurde, trat er von nun an unter "Servus, Kasperl" auf und zwar täglich um sieben in der Früh. Wohnen tut er nun in seiner "Kasperlvilla", allerdings nicht alleine, sondern mit richtigen Menschen, die die Sendung moderieren. Eines ist dem Kasperl aber immer noch geblieben: Seine hohe Stimme, die viele Menschen ganz schön nerven kann mit seinen typischen Sprüchen wie "Kinder, seid ihr alle da?" oder "Krawuzikapuzi".

Die Figur des Kasperls

Die Figur des Kasperls entstand schon früher und war eigentlich nicht für Kinder gedacht. Er war nicht einmal eine Puppe. Im 18. Jahrhundert hatte jedes Land seine eigene Blödelfigur. In Österreich war das der bekannte Hanswurst, in Italien Pulcinella, in England Puch und Judy etc. Die Figuren hatten alle einiges gemeinsam: Sie waren furchtbar obszön und traten spontan auf, ohne Drehbuch. Oft wurden bei den verschiedensten Wandershows Puppen eingesetzt, um die Schauspieler zu unterstützen, denn Puppentheater war schon in der Antike und im frühen Mittelalter überall beliebt.

Doch in Europa begann kurz darauf eine neue Zeit. Zensur und Stegreifverbot wurden eingeführt. Es bestand der Wunsch nach pädagogisch wertvolleren Figuren, nicht nach reinen Spaßmachern, die nur über Furze, Geschlechtsverkehr und Trinkgelagen sprachen. Im Prinzip sollten Menschen im Theater nicht mehr lachen. So entstand nach und nach der Kasperl in Österreich. Denn während man in Deutschland recht streng mit der Zensur und dem Komikverbot umging, wurde diese in Österreich gerne umgangen. 1780 bis 1790 war der Schauspieler Johann Josef La Roche der Kasperl in Wien. Im Prinzip hielt sich sein Theater in der Leopoldstadt an die Zensur, zumindest in den Texten. Doch das Aussehen und die Gesten des Kasperls brachten die Menschen trotzdem zum Lachen. Leute waren begeistert und das Theater konnte sich vor Stücken kaum retten, denn jeder Autor wollte ein Stück für La Roche schreiben, der schließlich 1806 starb. Das Theater behielt den Namen "Kasperltheater", nicht nur wegen La Roche, sondern auch, weil die Leute, die aus der ganzen Welt kamen, um das Theater zu besuchen als Eintritt eine 34-Kreuzer-Münze bezahlen mussten, die "Der Kasperl" genannt wurde.

Ab dem 19. Jahrhundert stiegen immer mehr Theater in Europa auf Puppen um und so wurde der Kasperl schließlich zur Puppe. Und nachdem in München das Marionettentheater von Franz von Pocci, das rein für Kinder gedacht war, ein voller Erfolg war, wurde auch der Kasperl nicht nur selbst zum Kind, das niemals heiratete, sondern immer nur bei seiner Oma lebte, und auch zur Kinderfigur.  

Handpuppenspiel dient nicht nur zur Unterhaltung

Ganz klar, als der Kasperl bei Kindern mehr und mehr beliebt wurde, wollten auch die die Abenteuer des lustigen Kerls nachspielen. Handpuppen wurden gebastelt und aus einem Karton und ein paar Stofffetzen oder einem gekippten Tisch entstand schnell ein Puppentheater.

Inzwischen ist auch der pädagogischer Wert des Handpuppenspiels absolut unumstritten. Es IST sinnvoll, Kindern Handpuppen anzubieten, denn die kleinen Wichte haben eine große Wirkung. Handpuppen werden gerne gezielt eingesetzt, um Werte zu vermitteln, von pädagogischer, sozialer, emotioneller oder kognitiver Bedeutung. Stillere Kinder, die ins Handpuppenspiel einbezogen werden, blühen richtig auf, denn durch die Puppe bekommen sie Mut zu sprechen. So werden Handpuppen natürlich auch bei Kinderpsychologen gerne eingesetzt. 

Das Spielen mit Handpuppen ist für Kinder rundherum wertvoll, denn alle Sinne werden angesprochen, Sprechen und soziale Interaktionen werden geübt und Erlebtes wird durch das Spiel aufgearbeitet.

Handpuppen und Puppentheater
Alternativ und platzsparender: Fingerpuppen und Fingerpuppenthater
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