Kindle Voyage: Schicker, schlanker, schärfer – und teurer!

Ob die Präsentation der neuen Amazon-Produkte unmittelbar nach Apples traditioneller Herbst-Show Zufall ist oder nicht, sei dahingestellt. Beabsichtigt ist hingegen ganz gewiss, das Vor-Weihnachtsgeschäft anzukurbeln und den hauseigenen Bestseller in Form des eBook-Readers Kindle gleich in mehrfacher Ausführung unters Leserattenvolk zu bringen. "Voyage" nennt der Onlinehändler sein neuestes Gerät, und tatsächlich: Es war eine weite Reise vom "Ur"-Kindle, der 2009 in Deutschland auf dem Markt gelangte, zum aktuellen Lesegerät.

Dabei gilt es für begeisterte Vielleser zunächst einmal tief in die Tasche zu greifen: Für den Kindle Voyage mit hochauflösendem Display, WLAN und 3G wird ein stolzer Preis fällig, für den man gleich mehrere Basisgeräte des eBook-Readers erstehen könnte.

Begründet wird der happige Kaufpreis vor allem mit dem hochauflösenden Display aus geätztem Glas, das ein noch schärferes Lesevergnügen garantieren und lästiges Spiegeln verringern soll. Neu sind zudem vorne am Gerät angebrachte Lichtsensoren für die automatische Erkennung der und Anpassung an die jeweiligen Lichtverhältnisse.

Auf der Hardware-Ebene fällt die Verdoppelung des Speichers auf, der nunmehr 4 statt 2 GB wie beim Vorgängermodell Kindle Paperwhite beträgt. Da jedes gekaufte Buch automatisch in der Amazon-Cloud abgespeichert wird, fällt diese Speicherverdoppelung höchstens dann ins Gewicht, wenn man partout tausende Bücher parallel auf dem eBook-Reader abgespeichert wissen möchte. Der praktische Nutzen erschließt sich zumindest dem Artikelautor nicht.

Eher in den Bereich "nette, aber nicht unbedingt notwendige Spielerei" fällt die von Amazon als PagePress benannte Funktion. Diese ermöglicht das Umblättern durch leichten seitlichen Druck auf das Gerät, wobei es eine fühlbare Rückmeldung geben soll. Amazon sieht darin den Vorteil, dass der Benutzer fürs Umblättern nicht mehr den Finger heben müsse. Ob diese Erleichterung der offenbar ungeheuren Anstrengung des Daumenhebens den Kindle Voyage unentbehrlich machen wird, steht in den Rezensionssternchen.

Persönliche Einschätzung: Die Navigation erwies sich mit dem ersten Kindle als mühsam, mit dem Paperwhite, der übers Display gesteuert wird, hingegen als Kinderspiel. In diesem Punkt gibt es kaum noch etwas zu verbessern. Ob das neue, noch höher auflösende Display den saftigen Kaufpreis, für den Offline-Reader eine ganze Reihe Bücher erwerben könnten, rechtfertigt, muss sich noch erweisen. Wer erstens über das nötige Kleingeld und zweitens über entsprechende Begeisterung für eBooks verfügt, wird am Kindle Voyage nicht vorbeikommen bzw. vorbeikommen wollen. Für Gelegenheitsleser dürfte das weitaus günstigere Basismodell (ohne 3G) die bessere Wahl sein.

Angenehmer Nebeneffekt der neuen Produktreihe: Die Vorgängerversion Kindle Paperwhite lockt mit einem niedrigeren Preis und ist eine attraktive Alternative zum teureren Voyage.

Kinde oder nicht Kindle - ist das die Frage?

Günstiges Fire HD 6-Tablet ...

Natürlich war Apple mit seinem iPad nicht der erste Tablet-Anbieter – aber der Redmonder High-Tech-Riese war der erfolgreichste. Kein Wunder also, dass auch Amazon ein Stückchen vom Tablet-Kuchen abbekommen möchte. Dummerweise ist der Tablet-Markt weitaus umkämpfter als jener der eBook-Reader. Umso schwerer ist es für Amazon, Marktanteile der Platzhirschen Apple und Samsung abzuzwacken.

Vielleicht gelingt es mit den neuen Tablets, die nur noch unter "Fire" anstatt "Kindle Fire" firmieren. Analog zur Kindle-eBook-Reader –Reihe serviert Amazon bei seinen Tablets eine günstige Basis- sowie eine teure Luxusausführung.

Das Fire HD 6-Tablet zielt in jeglicher Hinsicht auf Einsteiger ab. Als Kaufanreiz dient vor allem der verhältnismäßig günstige Preis. Zudem lockt die Farbenvielfalt: Insgesamt fünf verschiedene Farben verleihen dem Kampfpreis-Tablet jenen Hauch Spielfreudigkeit, den man bislang eher von Apple gewohnt war.

In Punkto Hardware muss der User freilich Abstriche machen: Die Auflösung des Displays mit 1.280 x 800 Pixeln bei 252 dpi vermag nicht gerade zu überzeugen, genauso wenig wie die rückseitig integrierte Kamera mit 2 Megapixeln. Erhältlich ist das Fire HD 6-Tablet in zwei Ausführungen: Mit 8 GB und mit 16 GB Speicher. Dabei sollte man unbedingt zum Modell mit 16 GB greifen: Der Aufpreis in der Höhe von 20 Euro lohnt sich, denn bereits 16 GB sind gerade einmal ausreichend, während 8 GB wenig Freude bereiten.

Positiv ist das Gewicht von nur knapp 300 Gramm zu vermerken. Damit lässt sich das Fire HD 6-Tablet tatsächlich leicht in der Hand halten, ohne wie bei einigen anderen Tablets das Gefühl eines als Mini-Computer getarnten Ziegelsteins zu vermitteln.

… und teures Fire HDX 8.9

Erheblich tiefer in die Tasche muss der Weihnachtsmann – oder, so die Verschwörungstheoretiker Recht behalten sollten, der Mensch hinter dem Bart – für das Fire HDX 8.9. Dafür bietet das teuerste Amazon-Tablet mit dem drei Zoll größeren Display ein weitaus schärferes Lese- bzw. Sehvergnügen. Die augenschonende Auflösung von 2560x1600 Pixeln bei 339 dpi erzeugt naturgemäß ein schärferes, detailreicheres Bild. Der Speicher bis zu 64 GB bietet üppig Platz für zahlreiche Medieninhalte, der neue 2,5-GHz-Quad-Core-Prozessor erhöht die Performance gegenüber dem Vorgängermodell erheblich.

Im deftigen Preis inbegriffen sind Spielereien wie die vom Amazon-Handy fire phone bekannte Firefly-Technologie, die auf Tastendruck Daten wie Filme, Texte oder Bilder erkennt und weiterführende Information online bereitstellt. Keine Spielerei, sondern aus Sicht des Artikelautors nützlicher ist der Live-Support über die Mayday-Taste. Amazon möchte Anfragen binnen 15 Sekunden (!) beantworten. Ob diese Funktion angesichts der NSA-Abhörskandale auf gewünschte Weise aufgenommen wird, steht auf einem anderen Blatt.

Neu an Bord ist auch die X-Ray genannte Technologie, die Informationen etwa zu Schauspielern in einem gerade laufenden Film bereitstellt. Abgerufen werden diese via IMDB, das wiederum Amazon gehört. Die Intention dahinter ist klar: Der User soll auch beim Fire-Tablet an den Online-Giganten gebunden werden und beispielsweise Apps oder eBooks von diesem beziehen.

Persönliche Einschätzung: Ohne Frage sind die Amazon-Tablets der Fire-Serie technisch am Puls der Zeit und können mit der Konkurrenz mithalten oder sie sogar übertrumpfen. Beim Fire HDX 8.9 überzeugt vor allem das hervorragende, hochauflösende Display, welches allerdings buchstäblich einen hohen Preis verlangt.

Pluspunkt: Die Einrichtung der Amazon-Tablets ist selbst für Technik-Laien ein Kinderspiel, ebenso wie die größtenteils selbsterklärende Bedienung.

Weder in Punkto Ausstattung, noch (idealerweise günstigem) Preis vermag das Fire HDX 8.9 meiner Ansicht nach die Konkurrenz klar auszustechen. Diskussionslos handelt es sich wieder um ein großartiges Tablet, das man unbesehen erwerben kann, auch wenn es keine wirklich herausragenden technischen Eigenschaften (Stichwort: USB 3.0 – warum verfügen immer noch die meisten Tablets über USB-2.0-Anschlüsse?) oder Funktionen besitzt, sieht man von der Mayday-Taste ab.

Amazon erfindet die Tablet-Welt mit seiner Fire-Reihe zwar nicht neu, liefert aber mit seinem Spitzenmodell state-of-the-art-Technik zum stolzen Preis ab. Möchte man haben – falls man es sich leisten kann.

Autor seit 13 Jahren
815 Seiten
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