Das Fundament der Ewigkeit: Die Rahmenhandlung

Ken Follett wagt es, die Handlung seines neuen Romans in die wahrscheinlich chaotischste Epoche unserer Zeitrechnung zu verlegen – in das 16. Jahrhundert. Er hält damit ungefähr den Zeitabstand ein, der auch zwischen dem ersten und dem zweiten Teil der Romanreihe besteht.

 Ein neues Zeitalter ist angebrochen: Handel und Seefahrt prägen das Wirtschaftsleben, bislang unbekannte Welten werden entdeckt. Technik und Kunst gehen neue Wege, Religionskonflikte sowie gesellschaftliche Umbrüche verdrängen alte Ordnungen und Gewissheiten. England leidet im 16. Jahrhundert zusätzlich unter dem Frauenverschleiß eines gewissen Heinrich VIII.. Die daraus entstehenden Probleme in Religion und Politik bilden die Grundlage für Folletts Romanhandlung. Der überwiegende Teil des Buches befasst sich mit der Herrschaftszeit der großen Königin Elisabeth I.. Der Meister bleibt auch diesmal historisch korrekt und verschweigt die Grausamkeiten jener Zeit nicht. Wenn man sie im Roman liest, fragt man sich daher unwillkürlich, warum diese Epoche manchmal das Goldene Zeitalter Englands genannt wurde!

Die Erzählung setzt im Jahr 1558 ein. Nach wie vor blüht in Kingsbridge der Handel. Auch die altehrwürdige Kathedrale, thematischer Anker der beiden vorangegangenen Romane, bildet weiterhin das Zentrum der Stadt. Die dazugehörige Abtei hingegen steht leer und verfällt allmählich – eine Folge der Religionspolitik Heinrich VIII..

Der junge Ned Willard, Spross einer alten Händlerfamilie, verknüpft sein Schicksal notgedrungen mit dem der jungen Prinzessin Elisabeth. Seine Liebe zu Margery Fitzgerald wird nicht nur durch ihre unterschiedlichen Glaubensbekenntnisse auf eine harte Probe gestellt. Neds Bruder Barney wiederum durchlebt in Spanien, den Niederlanden und in der Neuen Welt zahlreiche Abenteuer. In Paris hingegen treibt Pierre Aumande, ein zwielichtiger Halunke, sein Unwesen im Dienste eines ehrgeizigen, katholischen Adelsgeschlechts. Er liefert sich ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel mit heimlichen Protestanten. Ihrer aller Wege kreuzen sich beständig.

Ken Follett führt seine Romanhandlung sorgsam entlang der historischen Wegmarken dieser Zeit: die Inquisition, die blutige Bartholomäusnacht, der Sieg über die Armada, das Drama um Maria Stuart und vieles mehr finden Erwähnung. Nur der berühmte Zeitgenosse Shakespeare wird komplett vernachlässigt. Allerdings gibt es bisweilen Szenen, in denen reisende Theatertruppen auftreten…

Was ist anders und was vertraut beim "Fundament der Ewigkeit"?

Sowohl das englische Original "A Column of Fire" (Eine Säule aus Feuer), als auch der deutsche Buchtitel "Das Fundament der Ewigkeit" legen nahe, dass es erneut um bautechnische Leistungen an der Kathedrale geht. Bei den Vorgängern "Die Säulen der Erde" und "Die Tore der Welt" bildeten diese jeweils den Roten Faden der Handlung. Doch vermutlich wurde zumindest der deutsche Titel (der englische ist mehrdeutig) aus rein marketingtechnischen Gründen gewählt, um eine gewisse Kontinuität zu suggerieren. Tatsächlich taucht in diesem Roman kein genialer Baumeister auf. Alleiniger Schwerpunkt der Handlungsstränge sind die Religionskonflikte. Im weitesten Sinne ist natürlich für Christen der Glauben an ein Leben nach dem Tod ein "Fundament der Ewigkeit"...

Gewachsen ist (wie bereits beim zweiten Teil) erneut der geografische Umfang der Handlung. Er erstreckt sich nun auch auf exotische Gebiete in der Karibik.

Insgesamt ergibt die Romanhandlung nur noch schwache Anklänge an die Protagonisten der ersten beiden Bände. Bereits zu Beginn des zweiten Romans waren die familiären Stränge so verworren, dass es einige Mühe kostete, die verwandtschaftlichen Beziehungen auseinanderzuhalten. Es erscheint logisch, dass sich somit keine klaren Ahnenlinien für das dritte Buch ergeben. Die Verbindung zu den Vorgängerromanen wird daher zum großen Teil durch die baulichen Hinterlassenschaften gehalten: Merthins Brücke beispielsweise, der steinerne Engel mit Caris‘ Gesicht sowie natürlich die Kathedrale selbst.

Ken Follett wendet zudem ein stilistisches Mittel aus dem ersten Band erneut an: Er beginnt mit einer Hinrichtung, deren Thematik am Ende des Buches noch einmal aufgegriffen wird.

Auch ein bedeutendes Detail im Handlungsverlauf ist geblieben: Das zentrale Liebespaar (Ned und Margery) darf sich zunächst nicht haben. Beide heiraten anderweitig, zum Teil nicht ganz freiwillig. In späteren Jahren beginnt dann erst eine heimliche Liaison, ehe doch noch alles gut wird. Hier folgt Follett strikt dem Erzählmuster der beiden Vorgängerromane. Das ist auch gut so, denn jene an Dramatik reiche Konstellation dürfte einer der Erfolgsfaktoren der Romanreihe sein.

Erwartungsgemäß ist es also kein Fehler, auch Ken Folletts dritten Roman zur Geschichte des fiktiven Städtchens Kingsbridge zu lesen. Sieht man einmal vom etwas irreführenden Buchtitel ab, so sind erneut Spannung, überraschende Wendungen, Abenteuer und Herzschmerz garantiert. Alles natürlich dargeboten in der perfekten Mischung. Von einem Ken Follett hätten wir sicher auch nichts Anderes erwartet…

Donky, am 12.03.2018
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