Was der Mensch wissen sollte im Zusammenleben mit seinem alten Pferd

Unsere beiden Pferde-Rentnerinnen sind Leila, eine Lusitano-Araber-Stute, 30 Jahre alt, und Tao, eine portugiesische Mischung mit 25 bisherigen Lebensjahren.

Auf dem Weg dahin, zu akzeptieren, dass sich zwei Reitpferde langsam aber sicher im Laufe der Jahre zu Pferde-Rentnern entwickelt haben, die so manchen Tag dösend und gähnend in der wärmenden Sonne stehend verbringen wollen, haben mir zwei fachliche Aussagen sehr geholfen. Da war einmal der Hufschmied, der mir erklärte, alte Pferde seien wie alte Menschen, sie haben bessere und schlechtere Tage. Manchmal haben sie wegen einer Wetteränderung mehr Gelenkschmerzen als an anderen Tagen, eben auch wie viele menschliche Rentner. Und dann war da der Tierarzt, der mir sagte, meine alten Pferde werden nie wieder so werden, wie sie in jüngeren Tagen waren. Das Problem sind nicht die alten Pferde, das Problem ist die menschliche Einstellung der Besitzer. Hat man sich damit abgefunden, keine Wunder erwarten zu wollen, ist alles viel entspannter und manchmal passieren dennoch kleine Wunder, wie ein plötzlich galoppierendes Pferd, das vorher so getan hat, als hätte es Schwierigkeiten 100 Meter weit zu gehen. Meine persönliche Schwierigkeit dabei war das Umschalten von "lange in die Zukunft denken" auf "sich jeden Tag aufs Neue freuen", dass es beiden Pferden gut geht. Und vielleicht dabei doch noch viel gemeinsame Zukunft zu erleben, aber diese nicht als selbstverständlich anzusehen.

Leila und Mandelbaumblüte

Positive Nebeneffekte im Umgang mit alten Pferden

Alte Pferde sind ruhiger, und weniger ausbruchslustig. Sie müssen nicht mehr zwingend notwendig jeden Tag stundenlang bewegt werden, wenn die freiwillige Auslaufmöglichkeit für die Pferde groß genug ist, Koppel oder Weide über genügend Fläche verfügen. Dadurch wird das Zusammenleben auch für die Menschen entspannter. Unsere beiden Pferdeseniorinnen beispielsweise spazieren jeden Morgen mindestens eine Stunde lang auf dem ganzen Grundstück herum auf der Suche nach grünen Leckerbissen. Das wäre undenkbar gewesen in jüngeren Tagen, wo sie eine solche Gelegenheit sicherlich genutzt hätten, um abzuhauen. Heute können wir Menschen dabei draußen frühstücken und gemeinsam die Situation genießen. Wollen die beiden Stuten ihren morgendlichen Ausflug beenden, kehren sie freiwillig in ihren Auslauf vor dem Stall zurück in Erwartung eines zweiten Pferde-Frühstücks.

Bedürfnisse von alten Pferden

Alte Pferde benötigen genauso Pflege wie junge Pferde, sogar noch etwas mehr davon.   

  • Gestriegelt werden und eine damit verbundene Hautmassage ist vor allen in Zeiten des Fellwechsels im Frühjahr und im Herbst sehr wichtig.
  • Genauso wie Schutz vor Kälte im Winter, wenn erforderlich durch eine Decke.
  • Regelmäßige Zahnkontrolle und wenn nötig Zahnbehandlungen, damit die Reibefläche der Zähne glatt bleibt und vor allem Rauhfutter gut verwertet werden kann. Eine nicht erklärbare Abmagerung des alten Pferdes kann auch als Ursache ein Zahnproblem haben.
  • eine altersgemäße Ernährung: zuviel Eiweiß im Kraftfutter belastet Nieren und Leber. In kalten Wintermonaten muss die Energiezufuhr erhöht werden, gut geeignet dafür ist die Beigabe von Pflanzenöl. Weder Über- noch Untergewicht sind förderlich. Übergewicht belastet die Gelenke und kann ein Auslöser für Hufrehe sein.
  • Mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt sind besser für Verdauung und Magen. Genau wie manche alte Menschen fressen alte Pferde auch gern "Brei". Mash kann selbst hergestellt werden aus Weizenkleie und Haferschrot zu gleichen Teilen  und etwas Leinsamen. Alles mit heißem Wasser gut bedecken, umrühren und eine halbe Stunde lang quellen lassen.
  • Homöopathische Mittel, Schüssler-Salze und Bachblüten können bei Altersbeschwerden helfen.
  • Hufpflege ist immer noch wichtig. Manche alten Pferde können noch vorsichtig geritten werden, manche nicht, brauchen aber dennoch Bewegung. Wer rastet, der rostet. Überlässt man es ihnen selbst, bewegen sie sich vielleicht nicht genug und dösen lieber in der Sonne. Besser ist es, der Mensch greift ein und animiert zu einem gemeinsamen Spaziergang und/oder etwas Paddockarbeit.
  • Alte Pferde brauchen mehr Schlaf. Manche machen sogar ein Mittagsschläfchen. Was bin ich am Anfang erschrocken, als eine der beiden Stuten damit angefangen hat. Sie hob nur den Kopf und ich konnte fast sehen, wie sie dachte "die spinnen, die Menschen, machen selbst manchmal Siesta und regen sich bei mir darüber auf". Die andere Stute hält dann Wache. Eine passt immer auf die andere auf und stellt sich schon mal dazwischen, wenn der Tierarzt zu Besuch kommen muss.
Bunte Pferde für die Wand

Horse in a Landscape, 1910 (Bild: Franz Marc)

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