gemüsefon.acker

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Die Frage - Warum verlässt man sichere Berufslaufbahnen, um einer Vision zu folgen?

In den vielen Küchen, in denen ich während meiner Berufslaufbahn arbeitete, musste ich ständig viele Lebensmittel wegwerfen. Das hatte viele Gründe, die in diesem Buch bereits an anderen Stellen angesprochen sind. Ich beschränke mich auf einen unbeliebten Grund – die Trägheit des Mitarbeiters. Jobs in der Gastronomie sind kein Zuckerschlecken und Motivation durch den Arbeitgeber eher rar. So kommt es zu einer verständlichen Verdrossenheit, die unnötige Handgriffe vermeiden hilft. Lebensmittelrettung ist immer aber mit handwerklicher Arbeit verbunden. Fachlich versierte Mitarbeiter findet man in der Gastronomie immer weniger. Grund dafür ist vor allem die fehlende Bereitschaft des Kunden, für ein gutes Lebensmittel den Preis zu zahlen, den es wert ist. Dies trifft den leidenschaftlichen Koch ins Herz. Der Zorn, die Ohnmacht, die Unsinnigkeit; das erzeugt eine gewaltige Motivation. Dagegen muss ich etwas tun, denn "Leben ist nicht billig!"

 

Wenn Diskounter die Nahrungsmittel billig machen, muss es doch möglich sein, Lebensmittel preiswert anzubieten. Aus dieser Grundüberlegung heraus kommt die Rückbesinnung auf meine Anfangszeit im Beruf des Koches. Inmitten fränkischer Weinberge lernte ich in einem urigen Gasthof, was man mit Lebensmitteln alles machen kann. Dazu gehört in erster Linie die 100% Verwertungsquote. Wegwerfen war verpöhnt. Selbst die Essensreste der Gäste wurden verwendet (was?). Damals gab es noch den "Schweineeimer", den Sammeltrog für das Futter des Schlachtviehs. Im Zeitalter von HACCP undenkbar, wurde so aus Essensresten Schnitzel und Schweinebraten.  Unsere Kochkultur war damals noch bäuerlich geprägt, was bedeutet, wir haben das Gemüse, die Milch, den Braten wertgeschätzt. So war selbstverständlich, Gemüseabschnitte auszukochen, mit Eierschalen Brühen zu klären und mit 1B-Salatblättern die Teller zu dekorieren (ja ehrlich!).

Und wenn du im Leben einen falschen Weg einschlägst gehst du doch auch zurück zur letzten Abzweigung, um die Richtung zu ändern. Und wenn wir merken, dass Fastfood, Schnelligkeit und Individualität in den menschlichen Burnout führen, dann müssen wir zurückblicken und die letzte Verzweigung suchen. Zurück zu Tischkultur und Wertschätzung des Lebensmittels, nicht weiter. Dafür lohnt es sich zu leben. Diese Werte will ich meinen beiden Töchtern mit auf den Weg geben. Damit ihr Leben wert-voll werden kann.

Die Idee - Geschichte des Gemüsefons

Begonnen hat Alles mit einem Spaziergang über den Wochenmarkt. Wie jedem Freitag lasse ich mich von den Gerüchen und Farben der regionalen Feldfrüchte verführen. Im Spätherbst werden die Farben gedeckter. Das Wurzelgemüse beherrscht das Angebot. Mir sticht sofort die imposante Pfahlwurzel ins Auge. 50 cm lang, daumendick, schwarz und schmutzig. Nicht gerade das, was man ein appetitliches Gemüse nennen würde. Im Gespräch mit der Marktfrau wird schnell klar, dass die Schwarzwurzel das Aschenputtel am Gemüsestand ist. Warum das so ist, will ich wissen. "Ach wissen sie, heute kann doch niemand mehr was anfangen mit dem frischen Gemüse. Die Nachfrage beschränkt sich im Grunde auf 10 Artikel. Bei den ganzen Kochshows im Fernsehen wird doch auch kaum Wissen vermittelt. Und so bleibt halt die Schwarzwurzel nur was für die Fachleut'" jammert mir die Bäuerin vor.

 

Dieses Erlebnis, die Begegnung lassen mich nicht mehr los. Von Zuhause und auch von Berufs wegen bin ich sensibilisiert für die Nutzung unserer Ressourcen.

Wenn also der Endverbraucher nicht mehr weiß, wie er mit den heimischen Gemüsesorten umgehen muss; dann sollte man es ihm vermitteln. Oder, noch einfacher, bereits vorgefertigt anbieten.

 

Ja, das war der zündende Gedanke: die Gemüsesorten sollte man bereits zubereitet anbieten. Dann könnte man auch das nicht so ansehnliche Gemüse verarbeiten. Die krumme Kartoffel, die Möhre mit dem Fleck, die schmutzige Schwarzwurzel. Aber wie? Geschält hält sich das Gemüse nur feucht. Oder es wird mit Säure haltbar gemacht. Dann kann man es auch gleich kochen, aber dann ist man bei Dosenqualität. Vielleicht klappt es ja, wenn das Gemüse gedämpft oder bissfest gegart wird. Dann sieht es appetitlich aus, kann offen oder sauber vakuumiert verkauft werden.

 

So entsteht das erste unscharfe Bild einer Gemüseproduktion. Die Lebensmittel in einer Großküche waschen, putzen, schälen und zerkleinern. Dann garen, abschmecken und portionieren. Die Abschnitte und Schalen ergeben eine reine Gemüsebrühe. Frisch abgefüllt in Flaschen braucht man keine Zusatzstoffe zur Haltbarmachung. Wenn alle Artikel 14 Tage haltbar sind, dann genügt das.

Es darf und kann nur angeboten werden, was gerade geerntet wird. So bleibt der lange Winter ohne Angebot, meinen die Kritiker. Weit gefehlt, denn selbst in der eisigen Jahreszeit umfasst das Gemüseangebot in Deutschland mindestens 15 Sorten. Die Kohlsorten überwiegen zwar, doch die Wurzelgemüse bieten die nötige Abwechslung.

 

Alle Gedanken bis hierher sind so schlüssig. Warum gibt es dann dieses Angebot noch nicht? Unter 21 Tage Mindesthaltbarkeit brauchst du nicht zu produzieren höre ich von Fachleuten. Die Handelswege brauchen diese Zeit? Dann hilft hier nur der Direktvertrieb. Doch ein kleines Ladengeschäft am Rande der Stadt kann nicht die Lösung sein. Also muss die Ware zum Endkunden kommen. Als Abonnement, wie die Gemüsekiste. Wöchentlich gibt es eine Lieferung, mit der Möglichkeit, diese zu unterbrechen. Dazu ein vegetarischer Imbiss in der Stadt und das Geschäft an der Produktionsstätte und schon ist es eine runde Sache.

 

Über Monate entwickelt sich aus dem kleinen Gedanken auf dem Wochenmarkt das Bild einer Geschäftsidee. Bevor diese weiter reifen kann kommt es zum ersten Zusammentreffen der FoodFighters.

 

Zucchiniblüte

Rezept - Kürbisfrüchtegulasch

Zutaten:

1 geschälte Zwiebel in Streifen

2 EL Rapsöl

je 200g Zucchini, Muskat-, Hokkaido- und Spaghettikürbis, in 2cm-Stücke

2 EL Tomatenmark

0,1l Rotwein

0,4l Wasser (besser eine Gemüsebrühe)

Kümmel, Knoblauch, Majoran, Zitronenschale, Paprika und Salz

 

Zubereitung:

Den Hokkaido aushöhlen, waschen und in Würfel schneiden (mit Schale). Spaghetti- und Muskatkürbis entkernen, schälen, waschen und ebenfalls in Würfel schneiden. Zucchini waschen und wenn es kleine Früchte sind würfelig schneiden; bei grossen Gewächsen das Kerngehäuse mit einem Löffel herausschaben. Die Kürbiskerne unter kaltem Wasser abwaschen und an der Luft trocknen. Eventuell anrösten und zum Salat geben.

In einen grossen Topf die Zwiebeln in heissem Öl bräunen, Hokkaidowürfel zugeben und mitbraten. Etwas später das restliche Kürbisfleisch mit Tomatenmark in den Topf geben. Unter ständigem Rühren das Tomatenmark leicht karamelisieren, mit Rotwein ablöschen und würzen. Auffüllen mit 0,4 l Wasser und kurz aufkochen, die Zucchini dazu und weitere 5 Minuten köcheln lassen.

 

Autor seit 13 Jahren
28 Seiten
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