Ein großes deutsches Nachrichtenportal meinte anlässlich des Beethovenjahres 2020 sogar, der Komponist sei eine Art Womanizer gewesen und habe von einem regelrechten Damen-Netzwerk profitiert. Trotzdem blieb der Musiker zeitlebens unfreiwillig Single, wofür er nur zum Teil etwas konnte: Vielversprechende Damenbekanntschaften machte er zwangsläufig fast ausschließlich in den Adelskreisen, für die er musizierte und komponierte oder denen er Klavierunterricht erteilte. Man schätzte ihn und finanzierte seinen Lebensunterhalt, aber eine standesgemäße Verbindung für die Töchter der Adelshäuser war er nicht. Beethoven war eben ein "van" und kein "von". Während letzteres auf blaues Blut hinweist, ist ersteres lediglich eine flämische Herkunftsbezeichnung… Diese Dramatik begleitete ihn sein Leben lang.

Ein Brief Beethovens verwendet zwar die Formulierung "unsterbliche Geliebte". Doch dieses Schreiben wurde nie abgeschickt oder von der Empfängerin zurückgegeben. Vielleicht übertrieb Beethoven ja in einem Herzschmerz-Moment und bemerkte dies selbst noch rechtzeitig? Es ist daher gut möglich, dass Musikwissenschaftler ebenso wie zahlreiche Amateurforscher vergeblich nach der einen unsterblichen Geliebten suchen. Ein Film aus den 1990er Jahren stellte sogar die schräge These auf, Beethovens unsterbliche Geliebte sei seine verwitwete Schwägerin gewesen, obwohl beide eine herzliche gegenseitige Abneigung füreinander hegten…

Wer waren sie also, die wirklich bedeutenden Frauen in Beethovens Leben, deren oftmals unklaren Beziehungen zum Meisterkomponisten sich keineswegs strikt nacheinander abspielten? Es folgt eine kleine, sehr unvollständige Auswahl:

Eleonore von Breuning

Beethoven verließ seine Heimatstadt Bonn kurz vor seinem 22. Geburtstag in Richtung Wien, wo er den Großteil seines restlichen Lebens verbrachte. Doch trotz des jugendlichen Alters hatte er in Bonn schon eine gewisse Prominenz erlangt. Ausgehend von einer sozial prekären Familiensituation, avancierte Beethoven in seinen Bonner Jahren bereits als Teenager zum Haushaltsvorstand und Hauptverdiener. In dieser kritischen Zeit öffnete eine kunstsinnige Dame namens Helene von Breuning dem knapp 15jährigen Musiker den Zugang zur gehobenen Gesellschaft. Sie lud ihn nicht nur zu den von ihr veranstalteten Musiksalons ein, sondern engagierte ihn auch als Klavierlehrer für zwei ihrer Kinder, darunter die Tochter Eleonore. Gelegentlich soll Beethoven bei der Familie sogar übernachtet haben. Gesichert ist, dass Eleonore als Jugendfreundin Beethoven bezeichnet werden kann. Mutige Biografen machen bisweilen aus dieser Freundschaft eine Liebesbeziehung und nennen Eleonore die erste große Liebe des Komponisten. Eleonore selbst heiratete später einen Freund Beethovens.

Die einzige Oper des Komponisten, Fidelio, trug ursprünglich den Titel "Leonore", benannt nach der Hauptfigur. Ob dies einen Bezug zu Eleonore von Breuning hat, ist nicht explizit belegt. Allerdings arbeitete am Text auch Eleonores Bruder Stephan von Breuning mit…

Therese Malfatti

Die Kaufmannstochter Therese Malfatti (1792 – 1851) stammte ursprünglich aus dem gehobenen Bürgertum. Ihr Vater wurde 1806 jedoch in den Adelsstand erhoben. Wie zahlreiche seiner Angebeteten, lernte Beethoven die junge Frau im Rahmen des Klavierunterrichts kennen. Der Unterricht muss recht erfolgreich verlaufen sein, denn innerhalb ihrer gesellschaftlichen Möglichkeiten galt Therese bis ins Alter als exzellente Pianistin.

Als Beethoven der jungen Dame allerdings einen Heiratsantrag machen wollte, erwiesen sich seine Vorbereitungen als umsonst, denn die Angebetete schlug sein Ansinnen schlichtweg aus. Umso dramatischer, dass nur ein Jahr später wiederum ein Freund Beethovens, Ignaz von Gleichenstein, Thereses Schwester heiratete. Der Glückliche besaß eben einen Adelstitel…

Beethovens abgelehnter Heiratsantrag ereignete sich im Jahr 1810, in welchem er auch "Für Elise" fertigstellte. An diesem Stück mit dem Beinamen "Bagatelle" hatte der Perfektionist rund zwei Jahre lang gearbeitet… Aus der Zeitabfolge, Beethovens miserabler Handschrift und anderen Indizien strickte die Musikwissenschaft später die Legende, das Stück habe ursprünglich "Für Therese" geheißen…

Therese Malfatti heiratete sechs Jahre später einen anderen Mann und hieß fortan "von Droßdik". Obwohl es mit der Liebe nicht geklappt hatte, blieb sie mit Beethoven offenbar in freundschaftlicher Verbindung. Therese von Droßdik nannte sich trotz ihres eigenen virtuosen Könnens am Klavier zeitlebens "Schülerin Beethovens" und besaß ein Manuskript der Klaviersonate Nr. 24 Fis-Dur op. 78. Dieses trug die Widmung "a Therese". Es war allerdings ursprünglich einer Namensvetterin gewidmet, von der weiter unten noch die Rede sein wird.

Giulietta Guicciardi

Wer sich schon einmal selbst am Klavier mit Beethovens berühmter Mondscheinsonate befasst hat, wird den Namen Giulietta Guicciardi vermutlich kennen, denn das Werk ist ihr gewidmet. Die junge Gräfin mit italienischen Wurzeln war in den Jahren 1801/02 Schülerin Beethovens und faszinierte diesen. Auch in diesem Fall gehen Biografien und Musikhistoriker bisweilen von einer Beziehung aus, wobei die Indizien dafür recht einseitig auf Beethovens Seite zu finden sind. Giulietta selbst soll ein Liebesverhältnis zeitlebens bestritten haben und heiratete 1803 stattdessen einen Grafen von Gallenberg. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits nicht mehr Beethovens Schülerin.

Giulietta muss auch in reiferen Jahren noch eine begehrenswerte Schönheit gewesen sein. Während ihrer Ehe, die häufig von wirtschaftlichen Problemen gekennzeichnet war, hatte sie zahlreiche Affären, unter denen sich solche bekannten Persönlichkeiten wie Fürst Pückler befanden. Selbst der Sohn ihrer Kusine Josephine verfiel ihrem Charme…

Aus den Konversationsheften, welche Beethoven aufgrund seiner Ertaubung in den letzten Lebensjahren führte, geht hervor, dass sich der Komponist zu dieser Zeit von Giulietta von Gallenberg distanzierte, als sie ihn einmal in Wien aufsuchte. Ob dabei die verschmähte Liebe eine Rolle spielte oder doch eher der Lebenswandel der Gräfin, bleibt ungewiss. 

Giulietta war eine Kusine der Geschwister Brunsvik und gehörte damit in eine Familie, welche das Liebesleben des großen Komponisten vermutlich am nachhaltigsten prägte:

Therese Brunsvik

Die Geschwister Franz, Josephine, Therese und Charlotte Brunsvik entstammten einem ungarischen Adelsgeschlecht. Zumindest die ersten drei waren nachweislich Klavierschüler Beethovens. Vermutlich war es das große, musikalische Talent von Therese, welches Ende der 1790er Jahre die schicksalsträchtige Beziehung des Komponisten zur Familie Brunsvik begründete.

Auch Therese geriet später in den Kreis der Kandidatinnen, welche die Historiker für die unsterbliche Geliebte hielten. Bisweilen gehen die Behauptungen sogar dahin, sie sei kurzzeitig heimlich mit Beethoven verlobt gewesen. Der Komponist widmete ihr die bereits erwähnte Klaviersonate Nr. 24 Fis-Dur op. 78.

Interessanterweise blieb Therese zeitlebens ledig und erlangte später bescheidene Bekanntheit durch pädagogische Pionierarbeit. Ihr Nachlass bildete eine wichtige Quelle für Forschungen und Biografien zu Beethoven.

Josephine Brunsvik

Die wohl komplizierteste, langwierigste und geheimnisvollste Frauenbekanntschaft in Beethovens Leben dürfte Josephine, die zweitjüngste der Brunsvik-Schwestern gewesen sein. Sie soll außerordentlich liebreizend ausgesehen haben, was allerdings ihr Leben nicht weniger dramatisch als das des Meisters werden ließ. Erste Annäherungsversuche zwischen beiden wurden bald von der Familie unterbunden. Josephine heiratete, bekam mehrere Kinder und wurde bereits 1804, mit gerade einmal 25 Jahren, Witwe. In den folgenden Jahren wuchs der Druck der Familie gegen erneute Avancen Beethovens. Gleichzeitig widmete der Komponist seine berühmte Appassionata dem Bruder Franz von Brunsvik, ein vermutlich recht durchsichtiges Manöver…

1810 heiratete Josephine einen Baron von Stackelberg. Für den Bräutigam sprachen aus Sicht der Familie vermutlich nur zwei Umstände: Er war zumindest von niederem Adel, und Josephine hatte ein Jahr zuvor sein uneheliches Kind geboren… Die Ehe gestaltete sich unglücklich. Es kam mehrfach zu Trennungen, in denen der Baron über solche banalen Dinge wie Unterhalt nicht nachdachte. Er entzog später seiner Frau zeitweise die Kinder, verschleuderte das Familienvermögen und bespitzelte sowie verleumdete Josephine. Diese wiederum ließ sich in einer der Trennungsphasen mit dem Hauslehrer ein und gebar diesem heimlich ihr achtes Kind. Wenig später zog der gekündigte Hauslehrer weiter und nahm das Kind mit. Es verstarb starb kurz vor seinem zweiten Geburtstag.

Die immer mehr kränkelnde Josephine verstarb 1821 kurz nach ihrem 42. Geburtstag. Der Kontakt zu Kindern, Geschwistern und der Mutter war zu dieser Zeit bereits abgerissen. Als einer der wenigen wahren Freunde scheint sich in jenen Jahren Beethoven erwiesen zu haben. Er soll sie im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt haben.

Theresa Cornelia von Stackelberg

Noch einige weitere Frauen, beispielsweise die Schriftstellerin Bettina von Arnim oder deren Schwägerin Antonie Brentano, gerieten bereits in den Fokus der Historiker und Musikwissenschaftler. Ohne wirklich endgültige Beweise entstanden so Theorien um mögliche Liebesverhältnisse.

Eine Frau allerdings stand möglicherweise in gänzlich anderer Beziehung zu Beethoven, wobei unklar bleibt, inwiefern beide das überhaupt wussten: Theresa Cornelia von Stackelberg.

Geboren wurde sie am 8. April 1813, neun Monate, nachdem Beethoven in Prag angeblich seine "unsterbliche Geliebte" getroffen hatte. Auch Theresa Cornelias Mutter, die oben erwähnte Josephine von Stackelberg, geborene Brunsvik, hielt sich zu dieser Zeit in Prag auf. Daraus wird bisweilen die naheliegende Schlussfolgerung abgeleitet, Beethovens unsterbliche Geliebte sei Josephine gewesen. Theresa Cornelia hätte demnach die Tochter Beethovens sein können. Interessant wird dieser Gedanke vor allem dadurch, dass das Mädchen den Rufnamen Minona erhielt. Rückwärts gelesen lautet dieser: "Anonim"…

Donky, am 27.08.2023
0 Kommentare Melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben.


Laden ...
Fehler!