Ziel der Nato: "Konfliktverhütung und Krisenbewältigung""Im Westen nichts Neues", betitelte Erich Maria Remarque seinen berühmtesten Roman, der vom tristen Leben und noch tristeren Sterben an der deutschen Westfront des Ersten Weltkriegs handelte. Knapp hundert Jahre später könnte man in Anlehnung des zeitlosen Klassikers feststellen: Im Osten nichts Neues. Etwas präziser beschrieben: An der Hindukusch-Ostfront, nur wenige tausend Kilometer von der Heimat entfernt, laufen die Dinge ihren gewohnten Weg. Aufständische (je nach Auslegung und offizieller Darstellung auch "Rebellen" oder "Terroristen" genannt) greifen Nato-Soldaten an, die Nato wiederum setzt ihren grotesken Afghanistan-Einsatz fort.

Nur ab und an sorgt der Nato-Einsatz noch für Aufsehen. Etwa, wenn Zivilisten in mehr Stücke als ein Puzzle zerlegt werden, und den Toten nicht das Mäntelchen der "Terroristen, vor denen man sich schützen musste" umhängen kann. Wie zum Beispiel den nach afghanischen Angaben zwölf Kindern und zwei Frauen, die im Südwesten des Landes bei einem Nato-Angriff getötet wurden

Hernach folgte das bekannte, wie auch beschämende Ritual: Der afghanische Präsident Hamid Karsai, ein vorbildlicher Demokrat, dessen Wahl sich die USA einiges kosten ließ, empört sich und warnt mit seinen scharf abgefeuerten Worthülsen die Nato vor weiteren derartigen Aktionen. Im Gegenzug drücken Vertreter des Westens ihr Bedauern aus und kündigen Untersuchungen an die klären sollen, wieso bei einem Bombardement oder Beschuss die Bomben und Kugeln nicht einen weiten Bogen um die Zivilisten machen und ausschließlich rauschebärtige Terroristen treffen.

Und damit hat es sich dann. Bis zum nächsten bedauerlichen Versehen jedenfalls.

 

Die logische Frage lautet indes: Wofür entschuldigt sich die Nato überhaupt? Ihre "Legitimation" für die anhaltende Besetzung und Bombardierung des Landes leitet sich aus einer UN-Resolution ab, der zufolge die USA auf Grund der Anschläge des 11. September 2001 das Recht auf Selbstverteidigung besäßen. Angenommen, die Terroranschläge wurden tatsächlich vom kürzlich aus dem Leben geschiedenen Osama bin Laden von afghanischem Boden aus geplant: Kann ein ganzes Volk in Geiselhaft für die Verbrechen einer Handvoll Psychopathen genommen werden?

Offenbar lautet die Antwort darauf: Ja, kann es. Zumindest, wenn die Verbrecher aus Schurkenstaaten stammen. Schließlich würde es als absurd angesehen, wenn die afghanische oder pakistanische Regierung militärische Einheiten in den USA absetzen würde, um sich gegen weitere Nato-Angriffe präventiv zu verteidigen, nachdem ein Ende des Blutvergießens nicht abzusehen ist.

Somit geht das zehnte Jahr der "Operation Enduring Freedom" wohl nahtlos ins elfte Jahr über, womit sie schon bald so lange wie der Erste und der Zweite Weltkrieg zusammengerechnet dauern wird. Dabei sind die Operationsziele doch längst erreicht: Sturz des Taliban-Regimes, Inthronisierung westlicher Marionetten, Ausschaltung Osama bin Ladens.

Und natürlich: Endsieg über den Terrorismus! Denn schließlich stellt es keinen Akt des Terrorismus dar, Zivilisten zu töten...

Autor seit 13 Jahren
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