Erfolg (Bild: Publicdomainpictures, pixabay)

Worum geht's?

Der besagte Artikel beschäftigt sich mit dem "Kaufverhalten unterschiedlicher Einkommensgruppen" und fusst auf der Beobachtung des Autors, dass Wohnungen von Geringverdienern voll mit Trödel seien, die niemand braucht, Schneekugeln zum Beispiel. Leute der Mittelschicht hingegen, und dazu zählt er Leute mit einem Einkommen über 10000 Euro (also kein derartiges Gesocks wie Lehrer, Ärzte, Richter, Supermarkt-Filialleiter und dergleichen, unbotmäßige Ergänzung von mir), würden gnadenlos ihr Konto überziehen, weil sie ständig zeigen müssten, was sie haben: Designerkleidung, eine tolle Wohnung, ein Auto auf Leasing...

Und dann gibt es noch die richtig wohlhabenden Leute. Und was unterscheidet diese Leute von den anderen? Sie konsumieren nicht, sondern sie investieren, jawoll! Zum Beispiel in derart sozial verträgliche und nachhaltige Dinge wie einen Flipper, den sie in den Supermarkt stellen! Und was machen sie mit dem Geld, das sie mit dem Flipper verdienen? Richtig, sie kaufen einen zweiten Flipper. Wir haben das Prinzip verstanden, das übrigens die Anfänge der Erfolgsgeschichte von Warren Buffet skizziert.

Wahre Werte!

Wahre Werte! (Bild: Publicdomainpictures, Pixabay)

Da können wir uns doch gleich ein Beispiel am Autor nehmen: Er trägt eine billige Uhr um 750 Euro und einen billigen Anzug um 700 Euro, denn er haut sein Geld nicht für sinnlose Konsumgüter hinaus, das braucht er nicht. Er hat genug Selbstbewusstsein, nicht wie die Leute, die ihr schwaches Selbstbewusstsein hinter einer teuren Uhr verstecken müssen. Das schlägt sich natürlich auch auf die Erziehung des Sohnes nieder: Der Sohn bekomme nicht einfach ein iPhone als Geschenk, sondern Zeit. Der Vater helfe ihm, eine Homepage zu bauen und Adsense einzubinden. Dann könne er Monat für Monat 50, 100 oder gar 200 Euro verdienen, da lerne er gleich "als Unternehmer zu denken". (Lacht da etwa jemand? Ruhe in den hinteren Reihen!)

Der Autor ist übrigens bereit, sein Erfolgsrezept mit uns zu teilen. Wie man investiert statt konsumiert und dabei bescheiden bleibt, dies und noch viel mehr, kann man in entsprechenden Seminaren lernen.

Billige Uhr (Bild: Geralt, Pixabay)

Sehr geehrter Herr Autor und sehr geehrte alle, die billige Uhren tragen ...

ich finde es sehr selbstlos und grandios, dass Sie Ihre Erfolgsrezepte gegen einen nicht näher bezeichneten Obolus mit Leuten teilen wollen, die bereit sind, aus ihrer Komfortzone heraus zu treten und ihr Geld endlich zu investieren anstatt zu konsumieren. 

Die Friseuse, die mit abgeschlossener Ausbildung 879 Euro verdient, wird Ihnen unendlich dankbar sein, wenn Sie endlich keine Statussymbole mehr braucht, sondern Ihrem Beispiel gleich endlich mit einer 750 Euro Uhr glücklich wird. Falls die Seminargebühr ihre Mittel übersteigen und ihr Konto ins Minus rutschen sollte: Da darf man nicht zimperlich sein, das Geld kommt ja tausendfach wieder zurück! Immerhin lernt sie dort, ihr Geld endlich vernünftig zu investieren anstatt es für überflüssige Konsumgüter wie Essen, Strom, Heizung oder Miete rauszuschmeißen wie die übrigen Geringverdiener! 

Aber eins muss ich Ihnen sagen: Bei aller Wertschätzung für Ihr soziales Engagement, lassen Sie mir die Schneekugeln in Ruhe!

... lassen Sie mir die Schneekugeln in Ruhe!

Wussten Sie, dass Kaiser Robert Heinrich I. von Österreich ausschließlich Schneekugeln als Geschenk bei seinen Audienzen akzeptiert? Was steckt da wohl dahinter? Billige Louis Vuitton Schneekugeln zum Preis von ca. 600 Euro sind es jedenfalls nicht. So können wir nur spekulieren, warum jene ganz bestimmt nicht arme Persönlichkeit auf Schneekugeln setzt.

  • Schneekugeln sind ein Stück Geschichte. Die erste Schneekugel wurde 1572 erzeugt. Der Hochadel ist stets sehr historisch interessiert. Will der Kaiser von Österreich ein Museum einrichten?
  • Schneekugeln sind Kunst: Der Künster Matthias Zimmermann hat Schneekugeln zum Thema seines künstlerischen Schaffens erkoren.
  • Schneekugeln sind Design: Leute, die billige Uhren tragen, mögen oft auch billige Designer-Handtaschen wie zum Beispiel von Louis Vuitton. Warum nicht gleich eine dazu passende Louis Vuitton-Schneekugel mitnehmen?
  • Schneekugeln dokumentieren Alltagskultur: In ihrem Inneren befinden sich Ausschnitte aus dem jeweiligen Leben ihrer Zeit. So gibt es genauso Schneekugeln mit Figuren, die Mode aus dem 18. Jahrhundert tragen wie eine "Smogkugel" mit Berliner Motiven.
  • Schneekugeln verführen zum Träumen: Viele Schneekugeln haben Winter- Märchen- oder Weihnachtsmotive. Wer in das Schneegestöber schaut, versinkt für ein paar Momente in eine andere Welt. Besonders schön sind auch Schneekugeln mit Musik.
  • Schneekugeln schaffen Verbundenheit: Wer jemandem eine Schneekugel von einer Reise mitbringt, signalisiert: "Ich habe an dich gedacht." Reisemitbringsel-Schneekugeln zeigen meistens ein beliebtes Motiv der Stadt. Man bringt praktisch ein Stückchen Wien, New York oder Amsterdam mit nach Hause.
  • Schneekugeln sind Botschaften: Schneekugeln kann man heute mit Fotos selbst gestalten, selbst Schnee muss nicht immer Schnee sein. Sie können auch Herzen schneien lassen!
  • Schneekugeln sind dekorativ. Dieser Punk ist wohl umstritten, denn manche Leute finden Schneekugeln kitschig. Ich meine jedoch, es kommt auf die Art der Schneekugel an, es gibt auch Designer-Stücke, die selbst in einer modernen Wohnung sehr chic aussehen. Aber klar, Dekoration ist freilich Luxus. Ein paar Perserteppiche auf dem Boden und ein paar zeitgenössische Künstler an den Wänden sollten es eigentlich auch tun.
Moderne Schneekugeln ...
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Schneekugeln für alle!

Nun haben wir eine Reihe von Argumenten aufgezählt, warum der Kaiser von Österreich sich so arg an Schneekugeln erfreuen könnte. Was es jetzt ausmacht, weiß ich freilich nicht. Ist es ein einzelner Punkt oder ein bisschen etwas von allem? Jedenfalls sollte an diesem Punkt deutlich geworden sein, was Leute mit wenig Geld längst wissen: Schneekugeln sind eine Investition. Sie stehen für Träume, für Beziehungen, für Erinnerungen, für Kultur, für Staunen und für eine kindliche Freude an einem Moment des Zaubers. Geld ist vergänglich. Für Liebe, Freundschaft, Freude oder Erinnerung gibt es keine Inflation.

Autor seit 12 Jahren
124 Seiten
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