Klosterwissen

Dieser Artikel beschreibt zwei zentrale Heilkräuter nach Hildegard von Bingen. Die Heilige Hildegard (1098-1179) war Äbtissin im Benediktinerinnenkloster am Rupertsberg in Bingen. Ihr Wissen um die Kräuter ist im Laufe der Jahrhunderte berühmt geworden. Gerade heute beruft sich die Naturheilkunde auf ihre Erkenntnisse, die sie in ihren Büchern festhielt.

Auf langen Pilgerreisen sammelten die Mönche des frühen Mittelalters seltene Pflanzen. Sie liessen sich von einheimischen Medizinmännern über die Heilwirkung aufklären. Schließlich brachten sie die Kräuter in ihr Heimatkloster, wo sie in kleinen Gärten kultiviert wurden. So entstand im Laufe der Jahrhunderte eine große Ansammlung an Heilpflanzen inmitten der Klöster. So war es verständlich, daß dort erste Arzneimittel entstanden.

Aus dem gesammelten Wissen und den eigenen Visionen erstellte Hildegard von Bingen eine Wissenssammlung von 256 Heilpflanzen. Unter ihnen gibt es besonders herausragende Kräuter, z.B. Bertram und Diptam. Von beiden Pflanzen wird die Wurzel getrocknet, um anschliessend gemahlen zu werden. So liessen sich die Kräuter zum Würzen in der Küche oder zum Mischen von Heiltränken verwenden.

Bertrampflanze (Bild: kraeuterkoch24.de UGh)

Bertram

Im Garten werden wir beim Anblick der Bertrampflanze an die Kamille erinnert. Sie sieht ihr sehr ähnlich mit den weiss-gelben Blüten. Die Blätter sind leicht pelzig und die Wurzel erreicht erst im zweiten Jahr eine gebrauchsfähige Größe.

Die römische Bertramwurzel (Radix Pyrethri romani) stammt vom Anaccylus Pyrethrum, einer Pflanze, die im Mittelmeergebiet, in Nordafrika, Syrien und im Kaukasus heimisch ist. Die deutsche Bertramwurzel von Anacyclus offiziarum (Radix Pyrethri germanici) gilt als Verfälschung. Der Geschmack der Wurzel ist zunächst neutral, dann etwas brennend aufgrund eines scharfschmeckenden Harzes.
Beim Einkauf von Bertram ist auf den charakteristischen, leicht zusammenziehenden Geschmack zu achten, der beim Kauen von etwas Bertramwurzel auf den Mundschleimhäuten entsteht.
Ausserdem enthält die Wurzel ätherische Öle und etwa 35% des abwehrstimulierenden Polysaccarids Inulin.
Das Bertramwurzelpulver hat nichts mit den synthetisch hergestellten Pyrethroiden zu tun, die zur Schädlingsbekämpfung in Haus und Garten verwendet werden.

Klostergarten

Klostergarten (Bild: http://kraeuterkoch24.de/)


Hildegard von Bingen schreibt:
"Einem gesunden Menschen ist es gut, Bertram zu essen - über das Essen gestreut oder bei der Zubereitung mitgekocht -, weil er die Fäulnis in ihm vermindert und das gute Blut vermehrt und im Menschen den Intellekt reinigt. Einem Kranken, der körperlich fast ganz heruntergekommen ist, bringt er (wieder) zu Kräften. Er lässt im Menschen nichts unverdaut, sondern bereitet gute Verdauung, wenn man ihn fleißig isst, weil er durch seine gute Kalorität jede Speise verdaut. Fleißig gegessen, mindert er die Verschleimung im Kopf, wenn einer viele Phlegma im Kopf hat... und führt zur Säftereinigung und klärt die Augen".

Diptamwurzel

Der Diptam (Dictamnus albus) gehört zur Familie der Rautengewächse und steht unter Naturschutz, weil er in Mitteleuropa nur vereinzelt vorkommt. Er braucht das gemäßigte Klima, das z.B. in Weinanbaugebieten herrscht.Andere Bezeichnungen des Diptam sind Brennender Busch oder Aschwurz. Sowohl die Blätter (nur äußerlich!), als auch die Wurzel werden in der Heilkunde angewendet. Hildegard von Bingen bevorzugte die gemahlene Wurzel, die im Geruch an Vanille und Zitrone erinnert. Da das Diptamwurzelpulver etwas bitter schmeckt, ist es sparsam anzuwenden oder mit ausgleichenden Geschmacksstoffen zu kombinieren. Im Hochsommer kann man den Diptam von Weitem riechen, da die Drüsen der Blüten ätherische Öle abgeben. Durch die Freisetzung der ätherischen Öle entsteht ein streng riechendes Gas, das giftig ist. Es vertreibt Schädlinge aus dem Garten und bedeutet so einen natürlichen Fraßschutz. Der Gärtner fasst die Pflanze nur mit Handschuhen an, da der Kontakt mit der Blüte zu Hautreizungen und Verbrennungen führt..

Diptamblüte

Diptamblüte (Bild: kraeuterkoch24.de UGh)


Hildegard von Bingen schreibt:
" Der Diptam ist warm und trocken, und er hat die Kraft des Feuers und die Kräfte des Steins in sich, weil er wie der Stein hart ist in seinen Kräften. Und wie der im Feuer Wärme hat, der aus ihm hervorgeht, so ist der Diptam kräftig gegen Krankheiten, über die er das Übergewicht hat. Denn der Stein, das ist <steyn>, wächst von fetter Natur im Menschen. Wenn er so zu wachsen beginnt, pulverisiere jener Diptam und esse dieses Pulver oft mit Weizenbrot, und er hindert den Stein am Wachsen. Und der Mensch, in dem der Stein wuchs, der lege das Diptampulver in Essig, der mit Honig vermischt ist, und er trinke dies oft nüchtern, und der Stein in ihm wird zerbrochen. Aber auch wer im Herzen Schmerzen hat, esse das aus Diptam gemachte Pulver, und der Herzschmerz wir weichen."

Verwendung in der Küche

Aktuell in der Küche findet die Bertramwurzel ihre Anwendung:
Als charaktervolle Würzung zu Lammgerichten
Als Bestandteil für eine Kräuterbrotmischung
Nach dem Soßenansatz zugesetzt für Grundfonds
Für Kräutersoßen und -suppen, darf mitgekocht werden!

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In der modernen Küche findet das Diptampulver seine Anwendung:
Als Anreicherung in Suppen und Soßen sollte nicht mehr als ¼ TL pro Person gerechnet werden. Als Zutat  für die Kräuterbrotmischung nach Hildegard von Bingen gibt das Gewürz eine zitronige Note. Bei besonders fettreichen Speisen kann Diptam eine neutralisierende Wirkung entfalten. Besser als die umstrittenen probiotischen Lebensmittel hilft das Diptamwurzelpulver den Cholesterinspiegel zu regulieren.

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