Wenn Freundschaften platonisch sind...

Nicht erst seit der Hollywoodkomödie "Harry und Sally" mit Meg Ryan und Billy Crystal beschäftigt man sich mit der Frage, ob Beziehungen zwischen Mann und Frau möglich sind, ohne dass dabei nach dem Feststellen gegenseitiger Attraktivität und einer gewissen Zeit gemeinsamer Unternehmungen nicht einmal die auftaucht, miteinander im Bett zu landen bzw. Sex zu haben. Das soll jedoch nicht der Angelpunkt dieses Artkels sein, abgesehen davon, dass ich denke, dass niemand so wirklich eine Antwort darauf hat. In Büchern und Filmen ist der beste Freund eines Mädchens/einer Frau zudem meistens schwul. Was auch wieder ein Klischee sein mag, aber sei's drum.

Von einer platonischen Beziehung spricht man, wenn diese Körperlichkeiten ausschließt und sich allein auf Seelenverwandtschaft (eine tolle Sache!), Verständnis und Rücksicht und "reine" Liebe gründet. So jedenfalls wird sie definiert. Allerdings - der Urheber des Begriffes, der griechische Gelehrte Platon (428/427 v. Chr. - 348/347 v. Chr) war fleischlichen Gelüsten keinesfalls abgeneigt.

Platon - ein Macho?

Der große Gelehrte hielt vom anderen Geschlecht so wenig, dass er es als einen Fluch der Götter betrachtete, wenn man das Pech hatte, als Frau geboren zu sein.

Doch damit der sexistischen Äußerungen nicht genug: er hielt es für unter der Würde jeden Mannes, mit einer Frau gesellschaftlich und intim zu verkehren. Wahre Liebe, behauptete er, gäbe es ohnehin nur unter Männern. Diese Behauptung prägte das antike Griechenland und schlug Wellen bis ins Römische Reich. Besonders Herrscher und Höhergestellte hielten sich einen "Eromenos" (der Empfangende, Geliebter), einen unerfahrenen, vorzugsweise wohlgestalteten Jüngling, den sie in allen Lebenlagen unterwiesen.

Sex spielte dabei eine eher untergeordnete Rolle, doch häufig missbrauchte der "Erastes" (der Gebende) seine Position als Mentor. Ein berühmtes Beispiel hierfür sind der römische Kaiser Hadrian und der junge Grieche Antinoos, den Hadrian auf einem Sklavenmarkt erworben haben soll. Hadrian soll dermaßen unersättlich gewesen sein, dass Antinoos sich aus Verzweiflung und Scham ertränkte. Wobei andere, romantische Quellen besagen, er habe von einer Wahrsagerin erfahren, Hadrian durch den Freitod eine höhere Lebensspanne schenken zu können.

Platonische Liebe in ihrer Ursprungsform verbietet demnach keine geschlechtlichen Handlungen am Partner, wenn sie auch nicht an erster Stelle standen. Angestrebt wurde eine intensive, seelische Verbundenheit zwischen einem reiferen Mann und einem jüngeren, wobei der ältere lernen sollte, seine Triebe im Zaum zu halten und den Knaben stattdessen auf das wahre Leben vorzubereiten. Nach Platons Überzeugung liegt das Wesen der Liebe im Seelischen und der Sehnsucht nach dem Schönen, das er nicht ausschließlich im Körper des Menschen sieht. Es stellt sich dabei jedoch die Frage, weshalb junge, nach den damalig geltenden Maßstäben hübsche Knaben die bevorzugten Schüler waren.

Wie sich ein Ausdruck im Lauf der Zeit wandeln kann...

Platonische Liebe wäre demzufolge nur unter Männern möglich - und zwar unter schwulen. Denn die völlige Einheit zweier Menschen wird nun einmal mit physischer Nähe unterstrichen. Viel bedeutsamer wäre in dieser Beziehung jedoch Vertrauen und Zuneigung und nicht zuletzt gegenseitige Achtung. Idealerweise käme es erst gar nicht zu sexuellen Handlungen. So wie das, was man heute gemeinhin unter "platonischer Beziehung" zwischen Mann und Frau versteht. Aber ehrlich - wer will denn schon völlig auf Sex verzichten, wenn man sich von jemandem angezogen fühlt und Gemeinsamkeiten entdeckt?

Ich weiß übrigens nicht, ob Harry und Sally am Ende miteinander im Bett landen, obwohl ich es stark annehme. Gesehen habe ich den Film nämlich noch nie.

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