Entstehung des Putzfrauentages

2004 rief die Krimischriftstellerin Gesine Schulz aus Essen den "Tag der Putzfrau" ins Leben zur Würdigung der Reinigungsfrauen. Mit Recht! Diese Tätigkeit üben mehrere hunderttausend Frauen in Deutschland aus. Viele oft nur notgedrungen, weil sie in ihrem Originaljob nicht mehr tätig sein können. Und viele, die wirklich mit Überzeugung sagen: "Ich putze gerne!"

Dieser Putzfrauentag soll uns einmal zum Innehalten bringen, um nachzudenken, warum eine Tätigkeit, die den Dreck anderer Leute wegmacht, weniger angesehen ist als die derjenigen, die den Dreck machen?! Und damit erstere auch noch schlechter bezahlt wird.

Ich will hiermit auch eine Lanze für die Putzfrauen brechen. Ich habe selbst einmal in den Sommerferien als Zimmermädchen gearbeitet und weiß, was diese Arbeit bedeutet. Und ich sah mich als Journalistin verpflichtet, immer direkt vor Ort zu recherchieren: So ging ich auch einmal mit Reinigungskräften in einem Hospital mit putzen, einem der sensibelsten Orte der Reinigung.

Tagebuch eines Krankenhausputztages

04.00 (!) Uhr: Der Wecker klingelt.

05.00 Uhr: Ich melde mich bei der Objektleiterin des Marienhospitals. Sie kommt fröhlich auf mich zu und nimmt mich mit zum Serviceraum. Sie sieht so schrecklich munter aus. Ich selbst fühle mich um diese Zeit wie ein "Packerl Kunsthonig". Frau St. : "Ich glaube, Sie brauchen erst mal einen starken Kaffee." Nebenbei zeigt sie mir die Riesenwaschmaschinen, die sich den ganzen Tag über drehen, um die Baumwollmöppe wieder für den nächsten Tag verwendbar zu machen.

05.15 Uhr: Ich erhalte einen blitzsauberen weißen Kittel. Ich gehe mit der Vorarbeiterin zur Eingangshalle. Dort muss der Dreck aus dem Schneematsch weg. Sie erklärt mir das "Moppen" in Achterschleifen und dass man alle paar Wischbewegungen einen neuen Mopp nimmt, bis der letzte weiß bleibt. Ich probiere es selbst: Das ist schwieriger, als es aussieht und mir tun nach einiger Zeit der ungewohnten Tätigkeit wegen die Handgelenke weh.

06.00 Uhr. Jetzt eine Runde mit einer türkischen Kollegin, die den Verwaltungstrakt bearbeitet. Die ist vielleicht flink! Aber sie vergisst nicht, die Aktenstöße zu heben und darunter zu wischen. Bis 8 Uhr, wenn die Angestellten kommen, ist alles picobello. 

Männertoilette - meist harte Arbeit

Nicht nur sauber - hygienisch muss es sein

07.00 Uhr. Jetzt soll ich mit einer der Mitarbeiterinnen mit auf die Urologie-Station, die auch vor der Visite fertig gereinigt sein muss. Den blutverspritzten Kreißsaal ersparen sie mir gnädig, beschließt Frau St. feixend. Frau N. hat in der Urologie sechs Zweibettzimmer mit Duschen und Toiletten als ihr Aufgabengebiet. Sie wird nett begrüßt durch Schwestern, Pfleger und Assistenzärzte. Sie gehört zum Team, habe ich das Gefühl. Frau N. erklärt mir auch, wie Ihr Reinigungswagen aufgebaut ist, wie sehr sie darauf achtet, die verschiedenfarbigen Wischlappen für Patientenzimmer, Büros oder Toiletten nicht zu verwechseln. Sie erklärt mir das auch noch einmal mit dem "Moppen". Irgendwie scheint es darauf anzukommen, möglichst viele zu verbrauchen. Unwillkürlich denke ich: "Warum wischt die so gründlich, sieht doch noch alles sauber aus!" Es läßt sich hier eben nicht mit meinen Privathaushaltsstandards vergleichen. Hier geht es nicht nur um sauber, sondern um hygienisch.

08.00 Uhr. Frau St. biegt mit wehendem Kittel um die Ecke und nimmt mich beim Arm: "Sie sehen so aus, als könnten Sie wieder einen Kaffee gebrauchen". Irgendwie muss ich grünweiß im Gesicht geworden sein, nach all den Männertoiletten in der Urologie. Dabei bedauern die Servicekräfte, dass ich kein echtes Malheur diese Nacht dort mitgekriegt habe. Ich kann das nicht bedauern.

08.30 Uhr. Der Hausmeister der Klinik erklärt mir "sein" Haus mit all den Ecken und Kanten, zum Beispiel den Chromaufzügen, auf denen man jeden Fingerabdruck sehe. Ein kleiner Fluch nebenbei in Richtung auf den Architekten. Er und die Objektleiterin erklären mir, warum jedes Jahr eine sogenannte Grundreinigung mit Abziehung und Neuversiegelung des Kunststoffbodens notwendig sei, damit sich eben keine Fußbodenritzen mit Keimherden auch nur im Ansatz bilden könne.Putzfrau 1

 

 

 

 

 

 

Habe viel gelernt, gestaunt und bewundert bei meinem Selbstversuch im Krankenhaus (rechts)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Resümee und Würdigung

Ich habe ein Reinigungs-Knowhow, ein Hygienewissen, ein Berufsethos und einen Berufsstolz dort erlebt, vor dem ich den Hut ziehe. Da können sich andere Berufe – wir Journalisten eingeschlossen - mal ein Beispiel nehmen.

Und ich muss ein für allemal damit aufräumen, dass das Reinigungspersonal als erstes die Schuldzuweisung erhält, wenn Bakterienverseuchung in Krankenhäusern festgestellt wird: zu 80 Prozent, das ist erwiesen, gehen die im Krankenhaus erworbenen Infektionen auf den Händedruck zurück. Gute Firmen schulen auch ihre Mitarbeiterinnen immer wieder in Sachen Reinigungsmittel, dass eben beispielsweise nicht mehr Chemie auch mehr hilft, und in Sachen Umweltschutz. Mülltrennung und dergleichen.

Also bitte, versäumen Sie auf gar keinen Fall am 8. November den Putzfrauentag! Spendieren Sie ihrem guten Hausgeist, den Sie natürlich nicht schwarz beschäftigen, nicht nur einen schönen starken Kaffee oder ein Gläschen Sekt, sondern auch mal eine Extraprämie!

Arlequina, am 30.10.2012
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