Johannes Merz glänzt als Benjamin

Johannes Merz spielt den orientierungslosen und verunsicherten Benjamin Braddock typgerecht und mit viel Verve und Sinn für Timing. Dem kann die erfahrene Helen Schneider in ihrer Rolle als gelangweilte aber verführerische Mrs. Robinson nicht standhalten. Nichts Charmantes, nichts Geheimnisvolles oder gar Erotisches hält Schneider parat. Kaum vorstellbar, dass sich ein junger Mann tatsächlich von dieser trinkfreudigen, aber ansonsten ausschließlich oberflächlichen Mrs. Robinson verführen lässt. 

Nett anzusehen ist Diane Ebert in ihrer Rolle als süße und naive Elaine. Ein wenig zu viel schaukelt sie sich von einem Bein auf's andere, etwas weniger die Hände kneten würden ihr allerdings gut zu Gesichte stehen. Dennoch besticht sie in ihrer Rolle durch Ausstrahlung und Präsenz, ohne sich dabei unnötig in den Vordergrund zu spielen. Ebert verleiht ihrer Elaine eine hauchzarte feine Prise Humor und erfreut damit sofort das Zuschauerherz.

Humor ist auch das Thema von Isabell Fischer und Harald Maack als Ehepaar Bradock. Mit naiver Leichtigkeit geben sie das zuweilen sehr pragmatische Elternpaar und erschüttern somit manches Zwerchfell.

Eigenwillige Kostüme und unnötige Umbauten

Inszenatorin des Spiels ist Eva Hosemann, bei ihr lässt keiner mehr die Hose an. - Zumindest müssen Helen Schneider und Johannes Merz gänzlich die Hüllen fallen lassen. Dabei verschwindet Schneider hinter einer Schattenwand unter eine imaginäre Dusche. Selbstredend müssen da Höschen und BH fallen. Schließlich soll das werte Publikum ein paar zierliche Brüstchen nebst Nippeln erkennen können. -Wer hätte schon die Phantasie, sich eine Frau nackend vorzustellen? Umso erstaunlicher, dass die Dusche auch dann noch läuft, wenn sich Helen Schneider alias Mrs. Robinson bereits wieder abtrocknet.

Umso erstaunlicher, dass wenigstens der Geschlechtsakt zwischen Mrs. Robinson und Benjamin dezent unter einer Decke dargestellt wird. Was nichts daran ändert, dass sich Johannes Merz dennoch seiner Unterhose entledigen muss, um sie sich für's Publikum sichtbar wieder anzuziehen.- Was tut man nicht alles für seine spärliche Gage.

Sind die Kostüme jedoch ersteinmal am Leib, zweifelt man ein wenig an Textilem Verstand der Kostümbildner. Da werden schwarze Lackschuhe zum dunkelblauen Anzug getragen, hier eine schwarze blickdichte Strumpfhose zum langen güldenen Hochzeitskleid. Lila Higheels zum schwarzen Talar, und manchmal genügt es einfach, dass sich gleich bei der Premier der Saum von Hose oder Rock löst. 

Regisseurin Hosemann hält jeden der acht Bühnenumbauten für nötig. Diese laufen auch reibungslos ab, bringen das Spiel dennoch ins Stocken und hätten sicherlich eleganter gelöst werden können.

Dessen ungeachtet, darf man die "Reifeprüfung" im Altonaer Theater als einen gelungenen Theaterabend betrachten. Gespielt wird das Stück noch bis zum 16. Februar 2014 im Altonaer Theater in Hamburg.

 

 

Laden ...
Fehler!