Verpfändung von Frau und Kindern

Die Umgangsweise mit Schuldnern war im Laufe des Zeitgeschehens sehr verschieden. Während der Zeit um 1700 v.Chr. war es unter dem babylonischen König Hammurabi beispielsweise üblich, dass Schuldner ihr Konto mit dem Verpfänden von Frau und Kindern ausglichen. Auch die Griechen übernahmen diese Praxis zunächst, bevor der Staatsmann Solon dies um 600 v.Chr. verbot. Ähnlich verfuhren auch die Römer – den Gläubigern war es erlaubt, die entsprechenden Schuldner als Sklaven ins Ausland zu verschachern.

Schuldknechtschaft ersetzte die Sklaverei

Doch schon bald wurde die Sklaverei bezüglich Schuldenregulierung abgeschafft. Stattdessen wurde die Schuldknechtschaft eingeführt, welche in fast ganz Europa zur Anwendung kam – und das in einer Zeitspanne, die bis ins frühe Mittelalter reichte. Bei dieser Methode ging es darum, den Schuldnern die Möglichkeit zu geben, ihre Schulden nach peniblen Vorgaben abzuarbeiten. Währenddessen musste jene ausreichend zu essen und trinken bekommen und zudem gut behandelt werden.

Solch eine Praxis ergab jedoch nur in einer bäuerlichen Gesellschaft Sinn, denn bei einer Handelsgesellschaft, die mit der Verstädterung einherging, erlangte ein Händler keinen Vorteil, den Schuldner in seinem Kontor zu beschäftigen – zumal so auch die Gefahr bestand, Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren.

Privathaft war in den Städten üblich

Aufgrund dieser Tatsache war die Privathaft eine geeignete Maßnahme. Gläubiger mussten so nicht mehr eigenständig ihrem Geld nachlaufen, sondern erwirkten beim Gericht eine Vollmacht, wodurch es einem Gerichtsvollzieher – damals Büttel genannt – erlaubt war, den Schuldner zum Fordernden nach Hause zu bringen. Anschließend hatte der Gläubiger das Recht, jenen Schuldner einzusperren – unter der Bedingung, ihn nach genauen Regeln gut zu versorgen. Sinn und Zweck der Privathaft war, die Angehörigen des Schuldners unter Druck zu setzen, damit sie den entsprechenden Schuldner schnellstmöglich auslösten.

Der öffentliche Schuldturm

Etwa um 1500 entwickelte sich in Europa eine staatliche Verwaltung mit funktionierendem Polizei- und Justizapparat. Dadurch, dass der Staat folglich das Gewaltmonopol besaß, wurde die Privathaft verboten – niemandem war es von nun an gestatten, Schulden selbst einzutreiben. Schuldner wurden in den Schuldturm gesteckt, um ihre Strafe abzusitzen. Nicht zu selten wurden die Gefangenen auch gefoltert und später als gehunfähige Krüppel entlassen, da man ihnen beispielsweise die Füße abfaulen ließ. Deshalb heißt der Schuldturm in manchen Regionen auch Faulturm.

Schuldnergefängnisse in England

Wer als Schuldner in England im Schuldnergefängnis landete, musste für seinen Unterhalt selbst aufkommen. Das heißt, die Insassen gingen außerhalb des Gefängnisses arbeiten, damit sie ihre Familien ernähren konnten. Um der Gefangenschaft zu entkommen, flohen viele Schuldner in die amerikanischen Kolonien, denn dort waren sie willkommene Arbeiter. Und kein Gläubiger aus Europa würde die Umstände in Kauf nehmen, ihre Forderungen in Amerika einzutreiben.

Da die Gefängnisse in London einst mit Schuldnern überfüllt waren, entließ man einst 10.000 Insassen. Jene wurden nach Amerika verschifft – und 1732 wurde extra für sie die Kolonie Georgia gegründet.

Lebensunterhalt erbetteln

Doch auch in den USA wurden säumige Kreditnehmer im 18. Jahrhundert in die Dachkammern der Rathäuser gesteckt. In New York beispielsweise stand es zu jener Zeit direkt an der Wall Street. Schuldner, die also in der Dachkammer ihre Strafe absaßen, mussten sich ihren Lebensunterhalt erbetteln. Dies taten sie, indem sie einen ihrer Schuhe an einer langen Schnur befestigten und ihn durch eine Luke nach draußen hin abließen. Passanten legten dann ein wenig Kleingeld, Brotrinden oder minderwertiges Obst hinein.

Ab 1831 verbot New York erstmals die Schuldhaft, die dann durch Insolvenz- und Konkursverfahren ersetzt wurde. Weitere US-Staaten folgten nach und nach der Neuregelung. In Europa schlossen die Schuldnergefängnisse jedoch erst ab 1867, wobei Frankreich Vorreiter war.

write-x, am 25.11.2013
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