Stille Nacht, Noten

Sille Nacht entspannt singen

Generationen ehemaliger österreichischen Schulkinder meiner Generation leiden unter einem Stille-Nacht-Trauma. Denn das erstmals in Salzburg aufgeführte Weihnachtslied, das zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe gehört, musste damals in der Schule wieder und wieder geübt werden. So lange bis die heiklen Stellen gar nicht mehr gingen. Wie ich höre, hat sich das inzwischen geändert.

Doch das Problem mit den hohen Tönen bleibt bestehen: Bei Leuten, die das ganze Jahr über gar nicht singen, entsteht, je näher das "schla-haf in himmlischer Ru-huu" rückt, eine gewisse Anspannung in Herz, Hirn und schließlich auch in der Kehlkopfmuskulatur. Damit ist das Schicksal des zweigestrichenen f, das akurat beim schwierig zu singenden Vokal "i" bei "himmlisch" gesungen werden soll, besiegelt: Gequetscht und gebrochen verlässt der arme Ton den Sänger, dessen Andacht nun doch entsprechend gestört wird.

Dabei ist der höchste Ton in der Originalfassung in D-Dur von Franz Xaver Mohr nicht einmal um ein f", sondern ein fis", das ist noch ein Halbton höher. Vermutlich, um den Schulkindern das Mitspielen mit der Sopran-Blockflöte zu erleichtern, wird das Lied heute oft in C-Dur gespielt, dann haben wir es mit einem himmlischen f" zu tun. In manchen Versionen habe ich auch schon ein g" gesehen. Für uns machen diese Feinheiten jedoch keinen großen Unterschied. Wir singen nach Gehör und nicht nicht nach Noten und f" oder fis" oder gar g" sind uns einerlei: Zu hoch sind uns alle.

Vermutlich lassen Millionen Menschen diesen Part des Liedes einfach weg, sodass das Lied in der Messe dann doch noch gut klingt. Unter dem heimischen Christbaum ist das schon schwieriger, da riskiert man mit dieser Methode eine peinliche Pause, wenn das jeder so macht. Wobei Sie zu Hause natürlich die Möglichkeit haben, einfach ein bisschen tiefer zu singen (solange die Kinder nicht nach einem halben Jahr Unterricht mit der Sopranblockflöte dazu spielen und das Lied unbedingt in C-Dur gesungen werden muss). 

Weihnachtliches

Singen Sie doch öfter!

Das Thema "Singen in der Familie" bringt mich gleich zu meinem ersten Tipp: Warum singen Sie eigentlich nur zu Weihnachten zu Hause? Für Leute, die nur einmal im Jahr singen, ist ein zweigestrichenes f" womöglich wirklich nicht sehr gesund. Singen Sie doch das ganze Jahr über, frisch, frei und ohne Nachdenken über Fehler: Singen Sie Kinderlieder, singen Sie unter der Dusche, summen Sie beim Kochen die Melodien aus dem Radio mit. Singen ist gesund, lüftet die Lungen, setzt Glückshormone frei und Sie trainieren Ihre Stimme. Tun Sie sich dabei nur keine Gewalt an, wenn Sie heiser werden oder gar Schmerzen im Hals bekommen, ist es falsch und wenn Sie dann zu ehrgeizig sind, können Sie Ihren Stimmbändern schaden. Dann sind wohl ein paar Singstunden angebracht, die gibt es nicht nur als Einzelunterricht bei der Belcanto-Sängern, sondern auch ganz entspannt als Gruppenunterricht in der Volkshochschule.

Angelika Kirchschlager singt Stille Nacht

Stille Nacht singen wie ein Profi

Übung macht hier natürlich den Meister! Doch, es gibt einiges, was Sie auch spontan tun können, um besser hohe Töne zu singen:

  • Wärmen Sie Ihre Stimme auf: Summen Sie, singen Sie Tonfolgen, jedes Mal ein bisschen höher. Auch herzhaftes Gähnen ist eine gute Übung zum Aufwärmen. Wenn Sie schon in der Christmette stehen, ist das natürlich nicht praktikabel. Gerade das Gähnen könnte ganz falsch verstanden werden. Singen Sie dann am Anfang der Messe einfach mit, was leicht geht.
  • Man singt nicht nur mit dem Kehlkopf, sondern mit dem ganzen Körper. Stellen Sie sich gerade und entspannt hin, bleiben Sie in den Knien locker.
  • Stellen Sie sich vor, was Sie gerade singen: Es geht um eine stille, heilige Nacht, in dem ein trautes, hochheiliges Paar über einen holden Knaben mit lockigem Haar einsam wacht. Es handelt sich um eine stille und meditative Szene. Lassen Sie die Szene vor Ihrem Inneren Auge entstehen und fühlen Sie, was Sie da eigentlich singen.
  • Wenn wir uns beim Singen anstrengen und verkrampfen, heben wir den Kehlkopf. Der Kehlkopf soll aber tief unten bleiben. Versuchen Sie beim Singen ein klein wenig zu Gähnen, dabei bleibt der Kehlkopf tief und der Gaumen hebt sich ein bisschen und schafft mehr Platz.
  • Atmen Sie in den Bauch hinein. Die richtige Atemtechnik beim Singen ist eine Wissenschaft, aber Sie sollten wenigstens drauf achten, dass Sie tief atmen.
  • Ein kleiner Trick für das himmlische "i": Es ist besonders schwer, einen hohen Ton auf den Vokal "i" zu singen. Singen Sie doch einfach ein "ü". Man wird Ihnen das "hümmlische" zweigestrichene f verzeihen.
Cher und Thomas Gottschalk singen Stille Nacht

P.S.: Wie leicht Sie hohe Töne singen können hängt (neben Übung und Ausbildung) von Ihrer Stimmlage ab. Nicht jeder kann hoch singen. Wenn hohe Töne zu singen Sie sehr anstrengt oder gar Schmerzen oder Heiserkeit hinterlässt, sollten Sie auf keinen Fall ohne Lehrer experimentieren, auch wenn Sie glauben, die ganze Welt außer Ihnen kann "Stille Nacht" singen. Das schönste Weihnachtslied ist keine Gesundheitsschäden wert.

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