Babydoll im Wunderland

Arme Babydoll (Emily Browning): Nicht genug damit, dass sie den Tod ihrer geliebten Mutter verkraften muss, sieht sie sich und ihre jüngere Schwester den Nachstellungen ihres schurkischen Stiefvaters hilflos ausgesetzt. Dieser tötet bei seinen perversen "Spielchen" Babydolls Schwester und behauptet, die junge Frau hätte die Bluttat zu verantworten. In den USA der 1960er-Jahre ist man nicht zimperlich und verfrachtet Babydoll in die Irrenanstalt, wo sie nicht nur ruhiggestellt, sondern sogar lobotomisiert werden soll.

Um der grausamen Wirklichkeit zu entfliehen, träumt sie sich in eine Parallelwelt, wo sie gemeinsam mit Sweet Pea (Abbie Cornish), Rocket (Jena Malone), Amber (Jamie Chung) und Blondie (Vanessa Hudgens) in einem Bordell den Launen des tückischen Blue (Oscar Isaac) ausgesetzt ist.

Doch Babydoll ersinnt einen gewagten Fluchtplan, um nicht nur der Traumwelt, sondern auch der Irrenanstalt den Rücken kehren zu können. Der Weg in die Freiheit führt in weitere Traumwelten, wo die fünf hübschen jungen Frauen gegen Cyborgs, Drachen und Zombiesoldaten des deutschen Kaisers kämpfen müssen …

Sucker Punch: Schlag in die Leisten

Kaum ein anderer Regisseur versteht es derzeit besser, das Publikum und die Kritik dermaßen zu spalten wie Zack Snyder. Nach dem brachialen Heldenepos "300" klatscht er die nächste Gewaltorgie auf die Leinwand. Allerdings mit weitaus geringerem Erfolg. In den USA spielte "Sucker Punch" nicht einmal seine Produktionskosten ein. Was war schiefgelaufen?

An der visuellen Umsetzung liegt es nicht. Fast zwei Stunden lang ziehen die meist in düsteren Erdtönen gehaltenen Bilder den Zuschauer in den Bann. Die Actionsequenzen sind von erwählter Eleganz, perfekt choreographiert und technisch einwandfrei umgesetzt (wenngleich die Künstlichkeit der fast durchwegs aus dem Computer stammenden Kampfszenen offensichtlich ist). Der schwermütige Score schmiegt sich eng an das Story-Korsett und unterstreicht die Hoffnungslosigkeit der Leiden Babydolls auf bedrückend eindrucksvolle Weise.

Das Problem liegt nicht in der Bebilderung, sondern dem Subtext. Einerseits verdammt "Sucker Punch" sexuelle und sonstige körperliche Gewalt gegen junge Frauen und Mädchen. Allerdings nur, um im gleichen Atemzug die hübschen Darstellerinnen zu erotischem Spielzeug zu verklären. Alleine Hauptdarstellerin Emily Browning wirkt wie das Idealbild einer japanischen "Manga"-Schönheit: Große, traurige Kulleraugen, Zöpfchen, hautenges, knappes Kostüm, üppiges Dekolleté. Der Rollenname "Babydoll" ist ebenso unmissverständlich wie die Worte von Superschurke Blue, der "seine" leichten Mädchen als Spielzeug bezeichnet.

What the Suck ...?

Schlimmer noch als die schamlos oberflächliche Reduzierung der attraktiven Darstellerinnen auf ihre Reize, wiegt die naive Unbedarftheit des Plots. Traumwelten als Fluchtpunkt aus der grausamen Realität sind ein beliebtes Sujet des Actiongenres. Leider versteht es Zack Snyder nicht, dem Ganzen eine neue oder interessante Facette abzugewinnen. Ungerührt lässt er den Zuschauer an den entmenschlichenden Schändungen junger Körper und Seelen teilhaben, ohne das geringste Mitleid zu erzeugen.

Denn jegliche Charakterisierung wird bereits im Vorfeld abgewürgt. Frauen nehmen in "Sucker Punch" ausschließlich Opferrollen ein, während Männer wiederum - bis auf eine Ausnahme, die wohl die Regel bestätigen soll – als bösartige Gewalt- und Triebtäter diffamiert werden. Mit viel gutem Willen könnte man darin noch eine bewusste Provokation vermuten, wäre das cineastische Produkt nicht dermaßen hohl geraten.

Abseits der geradezu atemberaubend düsteren Bilderwelten hält das Actiondrama nicht viel an Diskussionsstoff bereit. Wer Emily Browning und Vanessa Hudgens in Reizwäsche und ansehnlichen Dekolletés bewundern möchte, wird diesen Film lieben. Verlangt man jedoch mehr, als nur eine allzu simple Schwarzweiß-Malerei und schöne Frauen, bietet "Sucker Punch" kaum einen Gegenwert.

Fazit: Toll bebildertes Actiondrama, dem es aber an Herz und emotionaler Aufrichtigkeit fehlt. "Sucker Punch" erweist sich letzten Endes als Schlag in die Leistengegend. Lediglich der hörenswerte Soundtrack hinterlässt zumindest akustischen Eindruck.

Nikakoi, am 21.04.2014
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Bildquelle:
http://www.amazon.de (Horrorfilme: Nach wahrer Begebenheit oder frei erfunden?)

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