Tapfere Babydoll wider deutsche Zombiesoldaten

Grausame Wirklichkeit, noch grausamere Traumwelt

Trost findet sie einzig und allein in einer Traumwelt, wo sie auf die ebenfalls in der Irrenanstalt befindlichen Patientinnen Sweet Pea (Abbie Cornish), Rocket (Jena Malone), Amber (Jamie Chung) und Blondie (Vanessa Hudgens) trifft. Zwar erweist sich der Traumort ihres Zusammentreffens als Bordell, das vom fiesen Blue (Oscar Isaac) geführt wird. Doch zu fünft ersinnen die malträtierten Schönheiten einen tollkühnen Fluchtplan, der über weitere Phantasiewelten führt, in denen sie gegen Drachen, Cyborgs und deutsche Zombiesoldaten kämpfen müssen, um den Weg in die Freiheit zu bahnen …

Deutscher Trailer "Sucker Punch"

Sucker Punch: What the suck ...?

Feministischer "300"?

Manche Geschichten sind einfach zu gut, um nicht wahr zu sein. Etwa jene der dreihundert todesverachtenden Spartiaten, die vor 2.500 Jahren ihre Heimat in der Schlacht bei den Thermopylen gegen Xerxes' übermächtiges Perserheer verteidigten. 2007 inszenierte ein gewisser Zack Snyder ein umstrittenes Schlachtenepos und landete damit einen der größten Kinohits des Jahres. Freilich: Ebenso wie bei "Die Legende der Wächter" und " Watchmen –Die Wächter" konnte Snyder auf eine literarische Vorlage zurückgreifen. Ganz im Gegensatz zu "Sucker Punch", der Geschichte von fünf jungen Frauen, die in einer bizarren Traumwelt um eine Flucht aus der tristen Realität kämpfen.

 

Dergestalt könnte das rund 100 Minuten lange Actionepos als feministische Version des Männergetümmels "300" verstanden werden. Mit Betonung auf "könnte", denn was "Sucker Punch" präsentiert, ist eine visuell berauschende, inhaltlich ernüchternde Fahrt durchs Gruselkabinett seltsamer Herrenphantasien.

 

"Sucker Punch": Lolita im Wunderland

Als "Alice im Wunderland mit Maschinengewehren" hatte Regisseur Zack Snyder sein neuestes Projekt einmal umschrieben. Tatsächlich mutet "Sucker Punch" eher wie "Lolita im Wunderland" an. Mit ihren Zöpfchen, dem blonden Gesichtchen, großen Kulleraugen und dem Kostüm wirkt Hauptdarstellerin Emily Browning einem japanischen "Manga" entstiegen. Der Name "Babydoll" lässt dabei ebenso tief blicken, wie die üppigen Dekolletés und nur knapp unterhalb der Schamgrenze endenden Röckchen der Protagonistinnen.

 

Kurzum: Lolita Babydoll schart vier gleichaltrige Grazien um sich, die mit allerlei metallenen Phallussymbolen reihenweise Kerle umnieten. Natürlich, ohne sich die perfekt lackierten Fingernägel zu brechen oder ihre aufreizende Kleidung gegen Kampfanzüge auszutauschen. Strapsmühle statt Klapsmühle!

 

Dabei trägt Zack Snyder von Beginn an extra dick auf. Gewiss: Visuell sind die meisten Szenen Augenweiden. Hingegen erweisen sich die Plotelemente als Trauerweiden, auf denen rein gar nichts los ist. Wann immer "Sucker Punch" die Actionwumme anschmeißt, ist mächtig was los: Es blitzt, kracht und donnert im Sekundentakt. Gerne in Zeitlupe und mit irren Kamerafahrten versehen, bei denen einem schwindlig werden könnte. Doch die Exposition erweist sich als lauer Knallfrosch angesichts der wuchtigen Kampfszenen.

Männer sind Schweine!

"Sucker Punch" ist definitiv kein Film fürs erste Rendezvous. Denn nach dieser Hardcore-Feminismus-Keule dürfte jeder Frau eines klar sein: Männer sind Schweine! Sie vergehen sich an Mädchen, misshandeln Frauen, töten, ohne mit der falschen Wimper zu zucken, sind verschlagen, böse und schlichtweg mies. Frauen hingegen sind per se Opfer und ständig in Gefahr, vergewaltigt oder umgebracht zu werden.

Würde Snyder all dies mit der gebotenen Portion Ironie würzen, könnte man zumindest darüber schmunzeln. Doch die erbarmungslose Ernsthaftigkeit der Inszenierung lässt keinen Zweifel daran aufkommen, an welche Zielgruppe sich der Streifen bevorzugt wendet, nämlich männliche Jugendliche und Männer, die von einer starken Frau träumen, die bevorzugt Reizwäsche und High-Heels trägt. Männer sind Schweine? Glücklicherweise bestehen noch marginale Unterscheidungsmerkmale, etwa jenes, dass Kerle mit zittrigen Fingern an der Kinokasse einen Geldschein aus dem Portemonnaie fischen können. Ansonsten wäre es ganz düster um den Erfolg von "Sucker Punch" bestellt.

 

Ein Witz von einer Tragödie

Spätestens wenn der Abspann über die Leinwand flimmert stellt sich der Zuschauer wohl nur noch eine einzige Frage: "What the suck …?"

Keine Spur der fein gebrochenen Ironie von "300" ist in Snyders neuestem Film zu finden. Stattdessen fühlt man sich peinlich berührt von der cineastischen Fleischwerdung seltsamer Altherrenphantasien sowie Emily Brownings Nabelbeschau. Aber hätte dafür nicht ein Bildband gereicht? Musste man unbedingt einen ganzen Film der im Grunde verschämten Zurschaustellung sehr hübscher Darstellerinnen widmen? Denn letzten Endes ist "Sucker Punch" eine vergebene Provokation ohne jeglichen Biss. Züchtig werden die Brüste der Schönen textil verpackt und bei Vergewaltigungsversuchen bleibt die Hose oben.

Fazit: Die famose Action, der stimmige Soundtrack und die hübschen Darstellerinnen können nicht von der dürftigen und geradezu absurden Story ablenken.

Andererseits könnte "Sucker Punch" der erste Zack-Snyder-Film sein, der sowohl treuen Lesern des "Playboy", wie auch der "Emma" gleichermaßen gefallen dürfte …

Originaltitel: "Sucker Punch"

Regie: Zack Snyder

Produktionsland und -jahr: USA 2011

Filmlänge: ca. 110 Minuten

Verleih: Warner

FSK: Freigegeben ab 16 Jahren

Deutscher Kinostart: 31.3.2011

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