Am 3. August 2012 startet das Remake von "Total Recall" in den US-Kinos, Deutschland folgt am 23. August 2012. Grund genug für einen Fan des Originals aus 1990, die Neuverfilmung kritisch unter die Lupe zu nehmen. Kann es Colin Farrell mit einem Arnold Schwarzenegger zu dessen besten Zeiten aufnehmen? Der deutsche Trailer zu "Total Recall" gibt einen ersten Einblick, was den Zuschauer erwartet.

Eines steht außer Frage: Das Erbe ist ein schweres! "Total Recall" avancierte bereits bei seinem weltweiten Kinostart 1990 zum Kultfilm, spielte fast 300 Millionen Dollar ein und war damit einer der erfolgreichsten Streifen des Jahres, und konnte sogar vielen Kritikern reüssieren. Unter der Ägide von Paul Verhoeven (berühmt durch "Robocop", berüchtigt durch "Showtits", pardon: "Showgirls") war die bis dato aufwändigste und ambitionierteste Verfilmung einer Geschichte des Science-Fiction-Autors Philip K. Dick entstanden. Nach dem Riesenerfolg schien ein Sequel der nächste logische Schritt zu sein, das auf der Grundlage einer weiteren Geschichte aus dem reichhaltigen Fundus der SF-Ikone basieren sollte. Daraus wurde aber nichts, auch wenn die betreffende Kurzgeschichte 2002 unter dem Titel "Minority Report" mit Tom Cruise höchst erfolgreich verfilmt wurde. Danach machten Gerüchte über ein Remake die Runde, die 2009 bestätigt wurden.

Als Regisseur wurde Len Wiseman verpflichtet, die Hauptrolle übernahm Colin Farrell. Wiseman profilierte sich bislang als Regisseur der Filme "Underworld", "Underworld: Evolution" und insbesondere den Bruce-Willis-Kracher "Live Free or Die Hard". Dass mit Kate Beckinsale seine Gattin als Colin Farrells Ehefrau besetzt wurde, ist bestimmt nur Zufall... Sie tritt dabei in die Fußstapfen von Sharon Stone, die 1990 als schlagkräftige Lori Arnold Schwarzenegger zusetzte. Das Budget des Films soll etwa 125 Millionen Dollar (das Doppelte des Originals) betragen, was ihn zu einem der teuersten Filme des Jahres macht.

Der Plot von "Total Recall"

Soweit die Fakten, widmen wir uns der Vorschau, basierend auf den bislang bekannten Details und dem Trailer. "Total Recall" (2012) spielt gleich dem Original im Jahr 2084 auf der Erde, die allerdings von einem weiteren Weltkrieg verwüstet wurde. Douglas Quaid (Colin Farrell) leidet an Alpträumen und seiner öden Existenz als ganz gewöhnlicher Arbeiter. Um seinem Leben etwas Pepp zu verleihen, sucht er bei der auf implantierte Erinnerungen spezialisierten Firma "Rekall" Abwechslung vom deprimierenden Alltag. Doch bei der Prozedur stellt sich heraus, dass Quaids Erinnerung bereits zuvor manipuliert worden ist. Ehe die "Rekall"-Mitarbeiter herausfinden können, wer Quaid wirklich ist und weshalb man seine Erinnerungen gelöscht und neu programmiert hat, stürmt ein SWAT-Team das Gebäude. Quaid, der seines Wissens nach niemals Kampftraining absolviert hat, überwältigt die Spezialeinheit und flieht verwirrt nach Hause.

Dort empfängt ihn seine Frau Lori (Kate Beckinsale) mit der Absicht, ihn umzubringen. Quaid überwältigt sie und quetscht aus ihr heraus, dass sie in Wahrheit gar nicht seine Frau sei, sondern lediglich auf ihn angesetzt wurde, um ihn ruhigzuhalten. Weshalb, das wisse sie auch nicht. Fortan befindet sich Quaid auf der Flucht, wobei sich ihm die schöne Melina (Jessica Biel) anschließt, die angeblich für eine Rebellengruppe arbeitet, um den größenwahnsinnigen Vilos Cohaagen (Bryan Cranston) zu stoppen. Doch kann er der geheimnisvollen Schönen trauen? Und ist das Ganze nicht überhaupt eine von "Rekall" implantierte Abenteuerreise und er hat in Wahrheit das Firmengebäude nie verlassen?

Unterschiede zum Original ...

Die wesentlichste Änderung gegenüber dem Original betrifft den Handlungsort. Während in der Version von 1990 mehr als die Hälfte des Filmes auf dem Mars spielt, verharrt das Remake von "Total Recall" auf der guten, alten Erde. Wobei: In allzu guter Form präsentiert sich die Erde nach einem verheerenden Weltkrieg nicht mehr. Colin Farrell gerät dabei als Douglas Quaid zwischen die Fronten der beiden mächtigsten politischen Blöcke. Verhoevens SF-Klassiker präsentierte ein komplexeres Machtgefüge, indem Mars-Gouverneur Vilos Cohaagen nicht nur gegen eine Rebellengruppe vor Ort kämpft, sondern ein Geheimnis hütet, das den gesamten Planeten drastisch verändern könnte.

Trailer des Originals

... und der Kurzgeschichte „Erinnerungen en gros“ von Philip K. Dick

Beide Filme orientieren sich an der Kurzgeschichte "Erinnerungen en gros" (Originaltitel: We Can Remember It For You Wholesale) des Science-Fiction-Autors Philip K. Dick. Erstaunlicherweise hält sich Paul Verhoevens "Total Recall" sehr eng an die Vorlage, wenngleich sich ein grundsätzliches Problem bei dieser Leinwandadaption durch die Textlänge ergab: "Erinnerungen en gros" ist nur wenige Seiten lang und bietet somit viel zu wenig Stoff für einen Spielfilm. Verhoevens Film verlässt die Pfade der Vorlage zu jenem Zeitpunkt, als Quaid – der in der Kurzgeschichte Quail heißt – von Rekall in ein Taxi verfrachtet und nach Hause geschickt wird. Einige Elemente der Story werden im Film noch aufgegriffen, wie ein in Quaids Kopf implantierter Peilsender, der in Dicks Kurzgeschichte ein Gedankentransmitter ist, anhand dessen ihn die Polizei orten kann. Auch der Subplot mit außerirdischen Aktivitäten wurde im Film aufgegriffen, wenngleich mit erheblichen Änderungen.

Go to Mars!Stellt man Verhoevens "Total Recall" Philip K. Dick "Erinnerungen en gros" gegenüber, muss man von einer höchst gelungenen Adaption sprechen. Zwar weicht der Schluss erheblich von der Story ab, doch die zentralen Handlungsstränge und vor allem die für Dicks Oeuvre typische Behandlung der Frage nach dem Wesen der Realität, sind im SF-Klassiker vorhanden. Tatsächlich dreht Verhoeven die Schraube sogar einen Tick fester und lässt sowohl Quaid, als auch den Zuschauer immer wieder daran zweifeln, ob das Geschehen real oder eine künstliche Erinnerung ist. Eine Szene, in der Quaid von einem Rekall-Mitarbeiter eine rote Pille angeboten wird, um aus dieser Erinnerung, in der er sich angeblich befinde zu erwachen, gemahnt wohl nicht zufällig an eine ähnliche Szene im neun Jahre später produzierten "Matrix". Überhaupt steht nicht die Action im Vordergrund des Filmes, sondern das vielschichtige Spiel mit der Wirklichkeit, was noch heute für Diskussionen unter Fans sorgt, ob das gesamte Geschehen nur eine implantierte Erinnerung Quaids oder doch Realität sei (Anmerkung: Aus Sicht des Artikelautors wird diese Frage im Film eindeutig beantwortet).

Das Remake scheint zeitgeistig den Aspekt der Action in den Vordergrund zu stellen, wobei viele Handlungselemente des Originals erneut aufgegriffen werden. Die cleveren Überlegungen rund um die Wirklichkeit werden wohl zugunsten einer von Ecken und Kanten befreiten, linearen Handlung aufgegeben. Was die Besetzung der Hauptrolle mit dem Genre-Novizen Colin Farrell betrifft, so kann man von einem zweischneidigen Schwert sprechen. Einerseits kommt er der literarischen Vorlage näher als der Hüne Arnold Schwarzenegger. Allerdings sprach für Schwarzenegger, dass man ihm auf Grund seiner Statur die schier übermenschliche Stärke abnahm, was der "Realität" des Geschehens Glaubwürdigkeit verlieh.

Es bleibt abzuwarten, ob das Remake von "Total Recall" denselben Kultfaktor erlangen oder sich als uninspirierter Abklatsch ohne besondere Wiedererkennungswerte herausstellen wird.

Originaltitel: Total Recall

Regie: Len Wiseman

Produktionsland und -jahr: USA, 2012

Filmlänge: ca. 118 Minuten

Verleih: Sony Pictures Home Entertainment

Deutscher Kinostart: 23.8.2012

FSK: Freigegeben ab 16 Jahren

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