Der Hamster in der Mikrowelle und andere urbane Legenden

Urbane Legenden als weltweites Phänomen

Warum eigentlich geben wir uns nicht mit der schnöden Realität zufrieden, anstatt gierig angeblich wahre Geschichten aufzusaugen, die völlig aus der Luft gegrifen sind? Darauf gibt es mehrere Antworten. Etwa jene, dass sich hinter so mancher urbaner Legende ein pädagogischer Impuls verbirgt, der beispielsweise moralisches "Fehlverhalten" verdammt und davor warnt, nicht auf seine Eltern zu hören oder den Pfad der Tugend zu verlassen.

Eine andere Antwort auf diese Frage ist weitaus pragmatischer: Urbane Legenden sind wunderbare Unterhaltung! Nachfolgend werden einige der in der westlichen Kultur populärsten modernen Mythen aufgedeckt. Ganz ehrlich: Hätten Sie gewusst, dass es sich bei diesen um frei erfundene Gruselgeschichten handelt?

 

Der Hamster in der Mikrowelle

Urbane Legenden: Dieser Hamster landete nicht in der MikrowelleDiese urbane Legende kennt wohl jeder. Demnach habe eine alte Frau ihren nassen Hamster zum Trocknen in den Mikrowellenherd gesteckt und eingeschaltet. Je nach Erzählvariante fand das Tier einen qualvollen Strahlentod oder explodierte wie eine überreife Tomate. Nachdem sie den Schock überwunden hatte, verklagte die ehemalige Hamsterbesitzerin den Hersteller des Geräts, da in der Gebrauchsanweisung keine Rede davon gewesen sei, dass man nasse Haustiere nicht darin trocknen dürfe. Die Klägerin bekam vom Gericht recht und seither brächten Hersteller von Mikrowellenherden entsprechende Hinweise an ihren Geräten an, um ähnliche Klagen zu vermeiden.

Eine amüsante Geschichte, nicht wahr? Freilich: Kein Wort davon ist wahr. Weder wurde je ein solcher Fall vor einem US-Gericht verhandelt, noch warnen amerikanische Bedienungsanleitungen vor der Zweckentfremdung von Mikrowellenherden als Hamster-Föhne. Vielmehr dürfte ein Stückchen europäischer Arroganz hinter diesem Mythos stecken. Frei nach dem Motto: "Guckt mal, wie dämlich die Amis sind".

Der Hamster in der Mikrowelle und andere urbane Legenden

"Ich hätte gern 'ne Flasche Pommes Frites!"

Eine Legende ganz anderer Art ist Didi Hallervordens Sketch mit der "Flasche Pommes Frites". Dieser ist nicht nur sein berühmtester, sondern wohl auch bester Sketch. Achten Sie darauf, wie viel Spaß die Akteure selbst dabei haben und wie Sie sich das Lachen an den falschen Stellen verkneifen müssen!

Bonsai-Kätzchen: Urbane Legende oder Tierquälerei?

Katze vor dem Abfüllen in eine FlascheOb Didi Hallervordens "Pommes Frites"-Sketch jenen Studenten der weltberühmten Universität Massachusetts Institute of Technology (MIT).bekannt war, die vor einigen Jahren mit ihren "Bonsai-Kätzchen" für Aufruhr sorgten, ist nicht bekannt. Faktum ist, dass der Studenten-Ulk weite Kreise zog und sogar das FBI auf den Plan rief. Denn angeblich könnten finanzkräftige Kunden über die Website www.bonsaikitten.com in Flaschen eingesperrte Kätzchen beziehen, die nach einigen Monaten die Form der Flasche annähmen.

Trotz der offensichtlichen Absurdität des Scherzes liefen Tierschützer gegen die angebliche Tierquälerei Sturm und das FBI sah sich zu Ermittlungen gezwungen, die natürlich rasch zu dem Schluss kamen, dass es sich um einen Hoax handle.

Sollten Sie die gepostete URL zur "Bonsai-Kätzchen"-Website aufrufen, statten Sie unbedingt dem Gästebuch einen Besuch ab. Und bitte vergessen Sie nicht: Das Ganze ist ein Scherz und die Fotos der angeblich in Flaschen eingezwängten Katzen vermitteln lediglich durch den Winkel der Aufnahmen den Eindruck, hier wären unschuldige Katzen missbraucht worden. Schließlich weiß doch jeder, dass Katzen nicht in Flaschen, sondern in Blumenvasen gehören...

 

Gespritztes Aids

Eine weitere urbane Legende der jüngeren Vergangenheit ist jene der "Aids-Spritze". Angeblich solle ein Wahnsinniger arglose Disco- oder Kinobesucher mit dem HI-Virus infizieren, indem er sie mit seiner "Aids-Spritze" piekse. Manchmal soll er seinen Opfern einen Zettel mit den Worten "Willkommen im Klub" auf den Rücken kleben.

Die gute Nachricht ist: Für diese aus den USA stammende Geschichte gibt es keinen einzigen entsprechenden, verbürgten Fall. Dieser Mythos zeigt aber, wie rasch sich berechtigte Ängste zu irrationaler Panik steigern können. Was uns zur nächsten urbanen Legende bringt.

Süchtig nach Abziehbildchen?

Abziehbildchen, die man sich auf die Haut kleben kann, kennt wohl jeder aus der Kindheit. In Erinnerung bleibt oft der missglückte Versuch, das harmlose Bildchen als echtes Tattoo auszugeben. Aber was, wenn die Bilder gar nicht so harmlos sind? Irgendwann in den 1990er-Jahren köchelte das Gerücht hoch, eiskalte Drogendealer würden auf die Gummierung LSD auftragen, dessen Moleküle durch die Haut dringen und den Träger, im Normalfall ein Kind, drogensüchtig machen würden.

Freilich: Auch diese Geschichte ist völlig frei erfunden und entbehrt jeglicher realer Grundlage. Denn LSD-Moleküle können durch reinen Hautkontakt nicht aufgenommen werden. Auch von dieser urbanen Legende gibt es mehrere Varianten, etwa jene mit Briefmarken, deren Gummierung mit LSD versehen sei. Da aber heute ohnehin niemand mehr Briefe, sondern E-Mails schreibt, ist auch diese Warnung hinfällig.

Urbane Legende: Krokodile in der Kanalisation

Krokodile in der Kanalisation?

Bleiben wir in den USA, dem Land der unbegrenzten urbanen Legenden: Im New Yorker Abwassersystem sollen sich nicht nur jede Menge Unrat, sondern auch Krokodile befinden. Wie die riesigen Reptilien in die Kanalisation gelangen? Angeblich trägt ein Mädchen daran schuld, das sein Baby-Krokodil die Toilette hinterspülte. Nach dem unfreiwilligen Tapetenwechsel ernährte sich das putzige Raubtier von Abfall, später von Ratten, dann von Hunden und schließlich von Kanalarbeitern.

Aber könnte sich hinter dieser Geschichte nicht ein wahrer Kern verbergen? Nein, da Reptilien wechselwarme Lebewesen sind und ohne Sonnenlicht und ausreichend Wärme nicht überleben können. Weder das eine, noch das andere bietet ein Abwassersystem, weshalb es nicht nur aus diesen Gründen bei Touristen denkbar unbeliebt ist.

Spinnen unter der Haut: Nur eine urbane Legende?

Die spinnen, die Kakerlaken!

Auch von nachfolgender Geschichte gibt es zahlreiche Varianten. Die wohl Berühmteste ist jene, wonach sich eine junge Frau in einer US-Poststelle beim Zukleben eines Umschlags an der Zunge geschnitten hatte. Diese schwoll daraufhin an, weshalb sie zum Arzt ging, der ihr Antibiotika verabreichte. Doch die Schwellung wurde immer schlimmer und schmerzhafter.

Erst jetzt untersuchte der Arzt die Zunge genauer und stieß auf eine Geschwulst auf der Zunge. Als er dieses mit dem Skalpell aufschnitt, kroch eine Kakerlake aus der Wunde heraus. Bei Nachforschungen stellte sich heraus, dass der verhängnisvolle Umschlag mit Kakerlakeneiern verseucht gewesen war und sich eines davon in der Zungenwunde der bedauernswerten Frau eingenistet hatte …

 

Spinnen unter der Haut

UngemeinKeine urbane Legende: Ameisen sind handzahm populär ist auch die Geschichte jener jungen Frau, die während ihres Urlaubs in den Tropen von einer Spinne in die Wange gebissen wurde. Wieder zu Hause angekommen, schwoll die Bissstelle zu einer Beule an, die durch keinerlei Salben zum Abschwellen gebracht werden konnte. Schließlich reichte es der Frau und sie begann vor dem Badezimmerspiegel damit, die Beule vorsichtig aufzudrücken. Diese platzte plötzlich und hunderte winzige Spinnen krochen aus der "Beule"...

Die Wahrheit ist: Natürlich sind auch diese beiden Geschichten lediglich Erfindungen. Doch obwohl weder Spinnen, noch Kakerlaken im menschlichen Körper ihre Eier ablegen, existieren eine Menge schauderhafter Parasiten, die es sich tatsächlich in unserem Körper gemütlich machen können. Leider ist dies keine urbane Legende, sondern gruselige Wahrheit... 

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Podcasts über Urbane Legenden

Hoaxilla
Deutscher Podcast mit vielen interessanten Themen, die ausnehmend gut recherchiert wurden.

Skeptoid
Brian Dunnings erstklassiger Podcast, der Woche für Woche eine neues "Aha!"-Erlebnis liefert. Erstaunlich, welche modernen Mythen wir immer noch als real erachten.

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