Auf ins Mittelalter!

Wer Deutschland in seinen vielfältigen Aspekten kennen lernen möchte, für den bieten sich die unterschiedlichsten Ferienstraßen an: Es gibt eine Hopfenstraße, eine Märchenstraße und neben vielen anderen auch die Burgenstraße, die ihren Anfang 1954 nahm, als sich die Städte Mannheim, Heidelberg, Heilbronn, Rothenburg o.d.T., Ansbach und Nürnberg zu einer Gemeinschaft zusammenschlossen, deren Ziel es war die Region für Touristen attraktiver zu machen.

So entstand mit der Burgenstraße eine der ersten ausgewiesenen Urlaubsrouten in Deutschland, die in den 90ern weiter nach Osten geöffnet werden konnte. Aus der ursprünglich 320 Kilometer langen Straße wurde ein Band, das sich fast 1.000 Kilometer durch Europa zieht und das ich hier nur in kleinen Ausschnitten vorstellen kann.

Burg EberbachAuf der Burgenstraße locken unzählige Angebote vom wissenschaftlichen Vortrag über gesellige Mittelaltermärkte bis zum Barockkonzert, aber auch wer es beschaulicher mag kommt voll auf seine Kosten. Besonders die abgelegeneren Burgen, wie Burg Eberbach, die erst nach einer kleinen Wanderung zu erreichen sind, eignen sich hervorragend dazu die Gedanken schweifen zu lassen oder sich mit einem Piknik zu stärken.

 

Blick von Rothenburgs StadtmauerEinen guten Ausgangspunkt für Reisen auf der Burgenstraße, egal ob mit dem Auto, dem Rad oder anderen Verkehrsmitteln bietet Rothenburg ob der Tauber. Um das Jahr 970 wurde hier eine Wehranlage errichtet, in deren Nähe der Ort entstand. Rothenburg gilt als eine der am schönsten erhaltenen mittelalterlichen Städte, deren Stadtmauer es erlaubt einmal komplett um den historischen Kern herumzuwandern und sich dabei die wundervollen Fachwerkhäuser anzusehen. Man sollte sich dafür aber eine Zeit aussuchen, in der die Stadt nicht so sehr von Touristen überlaufen ist, sonst kommt man auf dem Rundgang schnell ins Gedränge. Dann lieber einen der ortsansässigen Bäcker oder Konditoren aufsuchen, um ein paar der unzähligen Schneeball-Varianten zu probieren. Diese kross gebackene Spezialität wird mit Schokolade, Zimt oder Zucker überzogen und schmeckt einfach lecker.

Auf der Burgenstraße stößt man nicht nur auf Zeitzeugen aus dem Mittelalter und dem Barock, sondern auch auf die ein oder andere Literarische Überraschung. Wollen Sie wissen, wie die eiserne Hand von Götz von Berlichingen funktioniert? Dann sind Sie auf der Burg Hornberg genau richtig. Kamin der Burg WildenburgWer noch ältere Literatur mag, sollte sich die Wildenburg genauer ansehen. Der Kamin der Burg hat so gewaltige Ausmaße, dass er Wolfram von Eschenbach dazu veranlasst hat ihn in seinem Parzival-Roman Literarisch zu verarbeiten und die Burg als Vorbild für die Gralsburg zu nehmen. Auf Schritt und Tritt stößt man auf die Spuren einer längst Vergangenen Zeit und erst wenn man schon eine Weile auf der Burgenstraße unterwegs ist, bekommt man ein Gefühl dafür, wie sehr sich das Mittelalter von der Moderne unterscheidet. Zwar wurden auch damals die Menschen von den gleichen Grundbedürfnissen angetrieben, aber ihre Denkweise unterschied sich doch ziemlich von der unseren. Holzbuch WeyrauchskieferEin weiteres 'literarischer' Beleg dafür sind die Baumbücher auf der Burg Guttenberg, die ein ausgezeichnetes Museum über das Leben auf der Burg bietet. In ihnen sind nicht nur Blätter und Samen einer einzelnen Baumart aufbewahrt, sie bestehen auch komplett aus dem Holz dieses Baumes.

Es sind vor allem diese kleinen Details, welche eine Reise auf der Burgenstraße so spannend machen. Irgendwann hat man genug von den Burgen gesehen - denn seien wir mal erlich. eine Ruine sieht aus wie die andere - aber trotzdem gibt es immer etwas zu entdecken: Hier ein schöner Ausblick über ein Tal, dort die Geschichte von einem Kampfflugzeug, das abstürzte und nur knapp neben einem Dorf niederging und wieder woanders das original erhaltene Gesicht einer deutschen Herrscherin.

Und man wird schnell feststellen, dass man nicht in ferne Länder reisen muss, um exotisches zu entdecken, 'fremde Völker' kennenzulernen und ungewöhnliche Sachen zu essen. Man muss nur bereit sein Augen, Mund und Ohren offen zu halten.



Laden ...
Fehler!