Eine Minderheit von 5.000 Mann metzeln im frühen Herbst des Jahres 9 n. Chr. drei Legionen der Übermacht Rom ab. Wie ist sowas möglich? Drei Legionen entspricht etwa 20.000 Soldaten. Es ist ein geschichtsträchtiges Ereignis, die Schlacht im Teutoburger Wald. Der Anführer der siegreichen Germanen, Arminius, wird im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss der Romantik sogar zum Volkshelden erklärt. Ein Grund dafür: Dieser Sieg soll den Grundstein für das heutige Deutschland gelegt haben. Die Geschichte dieses Cheruskerfürsten wird uns größtenteils von seinen Feinden erzählt. Die genauesten Angaben machte der römische Chronist Tacitus. Was ging zu dieser Zeit vor? Wie konnte ein Pack an Barbaren die damalige Weltmacht bezwingen und somit die erste Teilung Europas herbeiführen?
Denkmal für Arminius

Denkmal für Arminius

Die Römer

Wenn man wissen will, wie es zur Schlacht im Teutoburger Wald kam, muss man verstehen was zu dieser Zeit üblich war und wie es damals in Europa aussah.

Wir schreiben das Jahr 12 vor Christus. In Rom regiert Kaiser Augustus ein Reich, das den gesamten Mittelmeerraum umfasst. Der Norden Afrikas, der nahe Osten, West- und Südeuropa gehören zum mächtigsten Imperium dieser Zeit. Begrenzt wird dieses Kaiserreich im Norden von der Donau, im Westen vom Rhein. Dahinter beginnt Germanien.

Doch auch das soll, bis zur Elbe, dem römischen Reich einverleibt werden. Damit beginnt der Feldherr Nero Claudius Drusus, der Stiefsohn des Kaisers Augstus, im o.g. Jahr. Er fällt in Germanien ein, unterwirft die Stämme oder verbündet sich mit ihnen.

Die Germanen

"Die Germanen" kann man eigentlich nicht so zusammenfassen. Dieser Ausdruck klingt, als handle es sich hier um ein Volk. Doch das ist so nicht richtig. Zu dieser Zeit gab es viele einzelne Stämme im Gebiet Germaniens. Diese Stämme waren unabhängig voneinander. Vielmehr noch grenzten sie sich von den anderen Stämmen ab und führten oft Kriege gegeneinander. Von Caesar wurden diese Völker zusammengefasst als Germanen.

An den Grenzen zwischen Germanien und dem Römischen Imperium trafen zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite war das zivilisierte, hochmoderne Römische Reich, auf der anderen Seite lebten Menschen in Holzhütten unter einfachsten Bedingungen. Auf die Römer mussten sie gewirkt haben wie Steinzeitmenschen. So sehr die Germanen auch von der Moderne Roms fasziniert waren, sie wollten nie Teil dieses Reiches sein. Denn eines hatten sie selbst voraus: Die Freiheit.

Arminius (Hermann) der Cherusker

Im Stamm der Cherusker wurde Arminius um 17 v. Chr. als Sohn von Segimer einem Cheruskerfürsten geboren. Der Vater von Arminius war gegen ein Bündnis mit Rom, der Führer des Stammes, Segestes, hingegen war Romfreundlich und so kam es zum Bündnis. Es gehörte zur Vereinbarung, dass die Söhne von Fürsten als eine Art Geiseln nach Rom kamen und dort erzogen wurden. Dies geschah auch mit Arminius und seinem kleinen Bruder Flavus. Sie wurden römisch ausgebildet um später in ihrer Heimat Rom zu unterstützen. In der Armee stieg Arminius schnell auf. Er befehligte um Christi Geburt eine Hilfstruppe im Balkan, die aus germanischen Söldnern bestand. Dort sah er auch zum ersten Mal die Überlegenheit Roms. Er schien ein guter Krieger gewesen zu sein, da er von Kaiser Augustus in den Ritterstand erhoben wurde und die römische Staatsbürgerschaft erhielt. Auch in Germanien befehligte er die Hilfstruppen, die die Aufgabe hatten, die Strecke der Legionen vorher auszukundschaften und auf Gefahren zu überprüfen.

Publius Quinctilius Varus

Er wurde sehr geachtet, brachte viel Erfahrung mit und wurde etwa 7 n. Chr. zusammen mit Arminius als Statthalter nach Germanien geschickt. Seine Aufgabe war es, dafür zu Sorgen dass Steuern und vereinbarte Getreidelieferungen der unterworfenen Stämme auch geleistet wurden.

Die Römer in Germanien

Für die Römer war Germanien ein absolut fremdes Gebiet. Nicht nur, dass die Germanen vollkommen anders lebten - sie wurden als kulturlose Barbaren angesehen - auch die Landschaft machte den Römern zu schaffen. Zu dieser Zeit war Germanien fast vollständig von Eichen- oder Buchenwäldern bedeckt. Etwas, das römische Bürger nicht kannten, da Italien wegen Schiff- und Städtebau fast komplett abgeholzt war. Die Sümpfe taten ihr übriges um den Römern das Land schaurig und unheimlich erscheinen zu lassen. Die Notwendigkeit durch den Wald zu gehen machte es den Legionen unmöglich, die für sie typischen und sicheren Formationen einzunehmen. Eine Tatsache, die ihnen zum Verhängnis werden würde.
Um ihre Herrschaft zu unterstreichen, verlegte Rom im Sommer Truppen von den militärischen Stützpunkten am Rhein weiter nach Westen zur Weser wo die Cherusker siedelten. Diese sollten dem römischen Reich hinzugefügt werden. Um ins Sommerlager zu gelangen benutzten die Römer soweit möglich den Fluss Lippe. Wenn das nicht mehr möglich war, ging es zu Fuß weiter.

Hass der Germanen

Es wird überliefert, dass Varus die Germanen so befehligte, als wären sie schon in Knechtschaft. Auch wurden in den Dörfern landwirtschaftliche Erträge konfisziert. Da die Germanen aber Selbstversorger waren, gab es kaum Überschüsse. Sie mussten das Gefühl haben, dass ihnen die Römer alles wegnahmen.

Außerdem führte Varus das römische Recht ein und wandte es auch an. Das beleidigte die Germanen weiter. Denn es war üblich, dass der Adel ausdiskutierte was Recht ist und was nicht. Man bezog sich dabei auf altes Gewohnheitsrecht. Dass jetzt ein einzelner und ein Fremder darüber entschied wiedersprach all ihren Überzeugungen. Die Todesstrafe, wie sie in Rom gebraucht wurde gab es bei den Barbaren ebenfalls nicht. Über Tod und Leben zu richten stand ihrer Meinung nach nur den Göttern zu und keinem Menschen.

Ohne Rücksicht auf die Traditionen oder Lebensweisen der Germanen regierte Varus das Land. Mit der militärischen Übermacht wurden Aufstände niedergewalzt und Menschen hingerichtet. Das alles könnte dazu geführt haben, dass Arminius sich gegen Rom wandte.

Der Verrat des Arminius

Warum sich Arminius gegen Rom wandte ist nicht bekannt. Es gäbe mehrere mögliche Motive. Eines wäre, wie oben genannt, dass die Römer mit eiserner Hand vorgingen und so die stolzen, freien Männer, die er als Kind kannte, unterdrückte. Er könnte also für die Freiheit gekämpft haben.

Desweiteren ist es aber auch denkbar, dass der Cherusker nach Macht strebte. Sein Ansehen als Fürst hatte durch seine starke Beziehung zu Rom natürlich gelitten und er könnte sich viele Anhänger schaffen, indem er die romfeindliche Stimmung im Lande ausnutzte um die Stämme zu vereinen und als eine Art König über das ganze Germanien zu herrschen.

Der Hinterhalt

Arminius rief hinter dem Rücken der Römer die Stämme Germaniens zusammen und brachte sie dazu, gemeinsam ihr Gebiet zu verteidigen.

Im September des Jahres 9 n. Chr. machen sich drei römische Legionen auf den Weg ins Winterlager. Da Gerüchte über Aufstände im Umlauf waren, ritt Arminius mit den Hilfstruppen voran, um nachzusehen. Und das, obwohl Segestes Varus noch gewarnt hatte, dass Arminius ihn verraten würde. Arminius und seine Truppe überfielen Wachposten, die von dem Angriff völlig überrascht wurden. Er sorgte auch dafür, dass Varus das bemerkte. In dem Glauben Armius wäre in Gefechte mit Aufständischen verwickelt, beging Varus den Fehler, die eigentliche Route zu verlassen um ihm zu Hilfe zu eilen. So kam es, dass die römischen Legionen in den Wald zogen. Dort konnten sie ihre gewohnte Marschformation nicht einnehmen. Zudem mussten sie durch unwegsames Gelände und Wege für die Wägen bauen, die sie dabei hatten. Das alles Schwächte die Soldaten. Arminius und die Krieger der Stämme beobachteten sie aus dem Unterholz.

Zu beiden Seiten der römischen Armee gab es einen Flankenschutz, der aus den Hilfstruppen bestand, um vor Angriffen zu schützen. Doch auch der Flankenschutz hatte die Seite gewechselt. Die Römer, geschwächt vom ungewohnten Marsch hatten keine Chance, als sie vom Flankenschutz und den Germanen angegriffen wurden. Da der Zug sich sehr in die Länge gezogen hatte, konnten dem angegriffenen Abschnitt auch schwer jemand zu Hilfe eilen. Als Varus das Schlachtfeld betrat, waren die Germanen längst wieder verschwunden.

Varus' Plan

Sobald sie einen geeigneten Platz gefunden hatten, errichteten die Römer ein Lager. Das gab ihnen Sicherheit. Sie wollten und mussten außerdem so schnell wie möglich aus dem Wald heraus, da die Germanen ihnen hier überlegen waren.

Varus wollte gleich am nächsten Tag weiter. Die Zivilisten, die die Armee üblicherweise mit Waren und Wägen begleiteten ließ er zurück. Dadurch hoffte er, dass die Germanen die Zivilisten angreifen und die Güter plündern würden und somit die Soldaten ziehen ließen. Der Plan ging aber nicht auf.

Zu allem Überfluss begann es während des Marsches zu starken Regenfällen. Die Rüstungen wurden tonnenschwer und die Soldaten kamen noch langsamer voran. Während sie sich zäh durch den Wald kämpften, umkreisen Arminius Krieger sie. Als die Germanen dann von allen Seiten aus dem Unterholz stürmten, hatten die Römer kaum eine Chance. Nach dieser verheerenden Schlacht war Varus ratlos. Ein Präfekt unter ihm, schlug vor zum nächsten Stützpunkt zu reiten um Verstärkung zu holen. Doch in Wahrheit wollte er nur seine eigene Haut retten. Der Präfekt ließ das Fußvolk im Stich, doch er schaffte es nicht, denn Arminius hatte bereits einen Hinterhalt für die Reiter geplant und brachte jeden einzelnen um.

Varus und seine Legionen waren verzweifelt. Sie mussten unbedingt aus den Wäldern heraus und wanderten sogar nachts weiter, da sie keinen anderen Ausweg sahen. Sie wurden von den Germanen, die immer ein Stück hinter ihnen waren in die gewünschte Richtung getrieben. Am morgen erreichten sie tatsächlich offenes Gelände. Die Erleichterung war groß. Aber nicht von langer Dauer. Denn die Germanen zeigten ihnen deutlich, dass sie nach wie vor in der Falle saßen, indem sie sie über das Schicksal aufklärten, dass die Reiterei ereilt hatte.

Die letzte Schlacht

Die römischen Legionen steuern ohne es zu wissen auf einen Engpass zwischen Wald und einem Moor zu. Um sie auch sicher in diese Richtung zu leiten, attakierten die Germanen immer wieder aus dem Wald heraus die Römer. Im Engpass sollte schließlich die finale, vernichtende Schlacht auf die Römer warten. Zu diesem Zeitpunkt war der Großteil der Legionäre bereits von den Barbaren getötet worden. Die übriggebliebenen waren erschöpft und hatten nicht den Hauch einer Chance. Varus beging auf dem Schlachtfeld Selbstmord. Der Kampf dauerte drei Tage. Danach plünderten die Germanen das Feld. Sie reißen sich alles unter den Nagel was sie finden konnten. Das war üblich bei ihnen. Sie nutzen die Gelegenheit sich mit Waffen, Rüstungen und Metallen einzudecken. Sie feiern auf grausige Weise. Der Kopf des Varus wurde abgetrennt und nach Rom zu Kaiser Augustus geschickt. Dieser soll laut historischen Quellen ausgerufen haben: "Quinctilius Varus! Gib die Legionen zurück!"

Die weitere Germanien-Politik Roms

Ursprünglich war der Plan Roms gewesen, das Gebiet zwischen Rhein und Elbe zu erobern. Nach der Varusschlacht zogen sich die Römer allerdings wieder hinter den Rhein zurück.

Auch wenn sicher viele einen Vergeltungsschlag für richtig befunden hätten war Kaiser Augustus nach dieser demütigenden Niederlage der Meinung, Germanien wäre es nicht wert darum zu kämpfen. Denn letztendlich hatten die Germanen nicht viel, das man ihnen nehmen konnte.

Römisches Reich (Bild: maps-for-free.com)

15 n. Chr. also sechs Jahre nach der Schlacht kehrten wieder römische Legionäre unter Germanicus an den Schauplatz zurück. Sie bestatteten die Überreste der Gefallenen und versuchten auch einen Vergeltungsschlag gegen die Germanen, der aber erfolglos blieb. Daraufhin ging Germanicus nach Rom zurück und Germanien blieb frei von den Römern.

Germanien: Vereint durch die Schlacht?

In Germanien blieb nach der Varusschlacht alles so wie es vorher war. Die Stämme kämpften auch weiter gegeneinander und lebten für sich. Arminius, der eigentlich ein gesamtes Germanien regieren wollte wurde von seinen Verwandten getötet, weil ihm vorgeworfen wurde, die Macht an sich reißen zu wollen.

Trotzdem: Für die Geschichte Europas war die Varusschlacht ein entscheidender Wendepunkt. Zwar wurden durch Arminius nicht der Grundstein für das heutige Deutschland gelegt, doch spielte er eine wichtige Rolle. Denn wer weiß wie die Geschichte verlaufen wäre, wenn die Germanen zum Römischen Reich gekommen wären.

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