Andere Länder andere Sitten

Oft zitiert und dennoch war

Häufig verkommen Redewendungen, Redensarten und Sinnsprüche zu reinen Floskeln, die ihrer eigentlichen Bedeutung längst entbehren. Doch der schnell und häufig mit süffisanter Abfälligkeit dahingesagte Satz »andere Länder, andere Sitten« ist in seinem Kern natürlich nach wie vor richtig, auch wenn keine Wertung darin liegen sollte. Man denke nur etwa an Japan, ein Land, in dem das Verschenken von Gastgeschenken, Geschenken an Freunde, an Kollegen und Bekannte für unsere Verhältnisse einem Geschenkmarathon gleichkommt, während in einem Land wie Indien, ein Gastgeschenk durchaus als Beleidigung aufgefasst werden kann. Dies ist nur ein Beispiel, um zu zeigen, wie in einer fremden Kultur unbekannte Verhaltensregeln zu Irritationen oder Missverständnissen führen können. Wenn Sie also bei Ihrem Urlaub in der Türkei auch entsprechend aufgenommen werden möchten, sollten Sie einige Tipps und Verhaltensregeln beachten. Wenn sie sich bemühen und dabei mal eine Kleinigkeit daneben geht, wird man Ihnen das mit Sicherheit nachsehen.

Was sollte man in jedem Urlaubsland beherrschen?

Eines zeugt von Respekt und letzten Endes sollte es auch jeden wenigstens ein bisschen interessieren. Wer den Urlaub in einem fremden Land verbringt, für den sollte es selbstverständlich sein, dass er sich zumindest einige Wörter und Phrasen der Landessprache aneignet. Häufig stehen die wichtigsten bereits in einfachen Reiseführern, ein aufwendiger Sprachkurs ist dabei nicht erforderlich (auch wenn er niemals schadet).

Verhaltensregeln für den Urlaub in der Türkei

Fettnäppchen, No-gos und Peinlichkeiten

Um die wichtigsten Verhaltensregeln für einen Urlaub in der Türkei kennen zu lernen scheint es sinnvoll, erst einmal aufzulisten, was es unbedingt zu vermeiden gilt, schließlich sind vermiedene Fehler fast noch wichtiger als aktiv etwas richtig zu machen.

Was bedeutet Ehre in der Türkei?

Mit dem Begriff Ehre, tut man sich hierzulande etwas schwer, wenngleich es ihn natürlich auch bei uns gibt. In der Türkei, wie in anderen islamischen geprägten Ländern, hat der Begriff »Ehre« hingegen eine sehr starke Bedeutung, die man zwar nicht kritiklos betrachten muss, als Urlauber in der Türkei jedoch respektieren sollte.

Wie weit Ehre dabei geht, hängt von der Region ab, so lässt sich ein grundsätzliches Aufweichen von Ost nach West feststellen und in den großen Touristenorten wird manches ohnehin »westlicher« gesehen. Dennoch ist eine der Verhaltensregeln die, dass man die Ehre lieber etwas ernster nimmt als sie zu vernachlässigen. Ein wichtiger Kern der die Ehre ausmacht, ist in der Türkei die Keuschheit der eigenen Frauen und Mädchen. Es herrscht die Vorstellung, dass Frauen ihre unwiderstehliche Anziehungskraft durch ihr Verhalten drosseln sollen. Verlorene Keuschheit bedeutet für immer verlorene Ehre.

Da westliche Touristinnen mit den körperlichen Reizen oft recht freizügig umgehen, gelten Sie in der Türkei bei vielen als unehrenhaft. Sollten Sie also außerhalb eines reinen Touri-Clubs etwas von Land und Leute kennen lernen wollen – und das sollten Sie unbedingt! – beachten Sie folgende Verhaltensregeln, auch wenn längst nicht mehr alle Türken eine solch strenge Auffassung haben.

  1. kleiden Sie sich nicht zu freizügig. Insbesondere bei Besichtigungen von Moscheen ist es selbstverständlich, sich die Haare mit einem Tuch zu bedecken und Kleidung zu tragen die mindestens die Schultern und die Knie bedecken.
  2. Einzelne Frauen, die alleine unterwegs sind, fallen in Istanbul oder in Antalya weniger auf als andernorts, eine männliche Begleitung empfiehlt sich daher. Allerdings sollte man sich, wenn es nur um eine Bekanntschaft geht, nicht als unverheiratet ausgeben.
  3. In Restaurants gibt der Mann die Bestellung auf und regelt auch in Hotels oder bei offiziellen Stellen die Dinge.
  4. Aufgrund des Trends zur Enthaarung bei uns, fällt dieser Punkt kaum mehr ins Gewicht, doch sind Achselhaare und Haare an den Beinen verschmäht.
  5. An Touristenstränden oft ignoriert obwohl ein absolutes No-go, ist das Baden und Sonnen oben ohne!
  6. Als Mann spricht man keine türkische Frau an, es sei denn sie gehört einem ausgeprägt westlich orientierten Umfeld an.
  7. Als Mann setzt man sich weder im Bus noch im Restaurant neben eine Frau (es sei denn natürlich die eigene)

Die türkische Gastfreundschaft

Die Gastfreundschaft der Türken ist geradezu sprichwörtlich und nahezu in jedem Reiseführer wird von ihr berichtet. Wird man diese in Touristenzentren eher nur verhalten spüren, so findet man sie in abgelegenen Dörfern dafür allgegenwärtig. Und wer glaubt, dass gerade in kleineren Bergdörfern die Vorsicht und Abneigung gegenüber Fremden besonders hoch ist, der irrt. Das Gegenteil ist der Fall. Nützlich kann es dort natürlich sein, einige Sprachkenntnisse mitzubringen. Besonders in ländlichen Gebieten herrscht noch die orientalische Vorstellung, dass einem eine Einladung Prestige verschafft. Bei der Würdigung der türkischen Gastfreundschaft sollten sie folgende Verhaltensregeln beachten:

  1. Schlagen Sie eine Einladung nur dann aus, wenn es gute Gründe gibt, die Sie auch glaubhaft äußern können.
  2. Wurden Sie eingeladen, sprechen Sie eine Gegeneinladung aus oder bringen ein nicht zu teures und großes Gastgeschenk mit (kein Geld, kein Alkohol!)
  3. Vor Betreten des Hauses oder der Wohnung die Schuhe ausziehen.
  4. Zur Begrüßung gehört eine Art Begrüßungsformel die meist folgendermaßen lautet und hier in etwa so geschrieben wurde, wie man die Worte ausspricht. Gastgeber: »Hosch geldiniss!« (etwa »die Freude ist gekommen«). Gast: »Hosch buldug« (etwa »wir haben die Freude gefunden«). Dem folgt eine herzliche Umarmung mit angedeutetem Wangenkuss recht und links, bevor die Frage nach dem Wohlbefinden kommt: »Naßilßinis?« (»wie geht es Ihnen«). »Teschekür ederim, ijijim, jaßis?« (»vielen Dank, mir geht es gut«).
  5. Falls Ihnen eine Flasche mit einer Art Kölnisch Wasser hingehalten wird, öffnen Sie die Hände und verteilen dann dieses auch auf Stirn und Nacken. Somit reinigen Sie sich symbolisch vor dem Betreten des Hauses. Seien Sie nicht verwundert, Cloé richt anders …
  6. Wird man in einem kleinen Dorf, fernab des Touristenstroms zum Essen eingeladen, isst man mit Gabel oder Löffel und nur mit der rechten Hand. Die Linke Hand gilt als unrein, was daher rührt, dass auf der orientalischen Toilette Toilettenpapier unbekannt war und man sich mit der linken Hand und Wasser reinigte.
  7. Zeigen Sie dass es Ihnen schmeckt und essen Sie reichlich, dadurch fühlt sich der Gastgeber geehrt, aber auch verpflichtet mehr aufzutragen. Also immer alles in Maßen. Wenn Sie satt sind, machen Sie dies deutlich, was meist mehrer Anläufe benötigen kann.
  8. In ländlichen Gebieten zeugt es von Respekt, wenn Sie im Fastenmonat Ramadan (vorher kundig machen wann dieser laut Mondkalender ist) tagsüber nicht in aller Öffentlichkeit essen, trinken und rauchen.

Kaufen, Feilschen, Betteln

Die Gepflogenheiten wenn es darum geht, Waren einzukaufen oder sich gegenüber Bettlern und Bedürftigen zu verhalten sind ganz verschieden. Auch hierzu einige Verhaltensregeln. 

  1. Feilschen hat nichts mit »Pfenigfuchserei« zu tun, sondern gehört dazu. Natürlich nicht wenn Sie eine Melone oder einen Salatkopf kaufen. Doch bei größeren Waren die auch einen gewissen Wert besitzen, hat das sogar etwas mit Respekt zu tun, denn durch das Feilschen geht man ein Gespräch mit dem Händler ein und versucht dabei eine Gemeinsamkeit – den vereinbarten Preis – zu finden.
  2. Wenn Sie beim Feilschen einen Preis nennen, ist dies Zeichen für den Händler, dass Sie ernsthaft interessiert sind. Ein Kaufabschluss wird als sicher betrachtet. Ein vorzeitiges Abbrechen der Verhandlung hingegen wird als Beleidigung verstanden.
  3. Ärgern Sie sich nicht öffentlich, dass für Einheimische andere Preise gelten als für die (scheinbar) reichen Touristen – es ist halt so …
  4. Bettelnde Kinder tauchen praktisch an allen Touristenorten, Sehenswürdigkeiten und Kreuzungen auf. Geben Sie kein Geld, auch wenn es gegen das innere Gewissen ist, denn leider werden auf diese Weise regelrecht Berufsbettler herangezüchtet, anstatt den Kindern eine Schulbildung zu gewähren.
  5. Bettelnde alte und gebrechliche Menschen hingegen sind in der Regel auf jede Zuwendung angewiesen und gehen ihrer leidvollen Tätigkeit auch weit weniger aggressiv nach wie die Kinder. Hier kann eine Gabe durchaus angebracht sein.

Verhaltensregeln rund um die Gestik

Jedes Land hat seine eigene Form der Zeichensprache und interpretiert Gestik, Mimik und Verhalten ganz unterschiedlich. Identische Gesten können in unterschiedlichen Ländern genau das Gegenteil bedeuten. Gerade in Ländern wie der Türkei, wird mit der Gestik enorm viel ausgedrückt und kleinste Bewegungen unterstreichen oder negieren eine Aussage. Daher sollte man zum einen sehr sparsam mit Fingern und fuchtelnden Armen sein und zum anderen manche Verhaltensregeln auch auf der Straße verinnerlichen. 

  1. Die Nase putzt man nicht lautstark in der Öffentlichkeit. Wenn notwendig, wendet man sich dezent vom Geschehen ab und putzt sich die Nase möglichst unauffällig
  2. Die Handfläche nach außen gewendet und den Daumen an die anderen Fingerspitzen gelegt, unterstreicht etwas das »çok güzel« (sehr lecker, auch sehr hübsch) war, eine Geste die in Italien hingegen lautes Schimpfen begleitet.
  3. Was bei uns als ۛ»alles in Ordnung« oder »optimal« gewertet wird, gilt in der Türkei als ausgesprochen obszönes Zeichen. Wenn Sie also mit allem zufrieden sind, bilden Sie nie einen Kreis aus Daumen und Zeigefinder den sie hochhalten!
  4. Achtung: Der nach oben abgespreizte Daumen verbunden mit einer Auf- und Abbewegung versteht der Gegenüber als Aufforderung zu homosexuellen Handlungen.
  5. Alkohol ist laut Koran verboten. Aber Allah sieht nicht immer hin und ein Gläschen in Ehren können auch viele Türken nicht verwehren. Doch absolut verpönt ist Trunkenheit die als Schande gilt. Wer sich also betrinken will, sollte auf die einschlägigen Partyinseln gehen oder noch besser Zuhause bleiben anstatt die Deutschen als Sauftouristen in Verruf zu bringen.
  6. Inzwischen gilt in allen öffentlichen Gebäuden aber auch Restaurants Rauchverbot.
  7. Häufig heißt es, Türken ließen sich nicht gerne fotografieren. Dies stimmt nicht! Wenn man vorher nachfragt, sind die meisten sogar gerne dazu bereit. Lediglich bei Alten Menschen ist es manchmal problematisch, da sie sich vor dem »bösen Blick« fürchten.
  8. Komm' ich Heute nicht, komm' ich Morgen. Außer scheinbar im Straßenverkehr, kommt es in der Türkei nicht auf die Minute an. Bleiben Sie bei Behördengängen etc. ruhig, ärgern bringt nichts und Beschwerden sind verpönt.

Mit diesen Tipps und grundlegenden Verhaltensregeln die man bei einem Urlaub in der Türkei beachten sollte, sowie ein bisschen Fingerspitzengefühl, dürfte eigentlich fast nichts mehr schief gehen. Ein weiterer Tipp wäre sicherlich noch, ganz einfach aufmerksam zu sein. Beobachten Sie, wie sich Einheimische in welcher Situation verhalten, so lernen Sie am allermeisten. Gute Reise – Iyi yolculuklar!

Weiterführende Artikel zum Thema

Ein besonders heikles Thema ist das Trinkgeld, das in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird. Rechts einige Tipps für den Urlaub in der Türkei.

Eine Auswahl der besten Reiseführer, Türkei-Bücher und Bildbände über die Türkei mit jeweils kurzen Besprechungen finden Sie in nebenstehende Artikel auf Pagewizz

Wenn Sie Ihren Urlaub aus dem Reisekatalog wählen und buchen, sollten Sie unbedingt vorher nebenstehenden Artikel lesen. Denn was Sie tatsächlich erwartet steht häufig zwischen den Zeilen. Den Sprachcode in Reisekatalogen gibt es rechts.

In den letzten Jahren wurde Istanbul eine der beliebtesten Städte für Städtereisen. In dieser faszinierenden Metropole, die das Bindeglied zwischen Orient und Okzident darstellt lassen sich vergangene Kulturen ebenso erleben wie das Aufeinandertreffen östlicher und westlicher Traditionen. Minirock und Kopftuch, wie es in dem nebenstehend besprochenen Reiseführer heißt, gehören hier zusammen obwohl sie scheinbar nicht gegensätzlicher sein können. Istanbul schaut aber auch auf eine Jahrtausende alte Geschichte zurück, eine Geschichte, die zeitweise auch durch das Christentum geprägt war und Teil des römischen Reiches war. Konstantinopel hieß die Stadt am Bosporus einige Zeit und diesen Zeitabschnitt behandelt der Pagewizz-Artikel rechts.

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