Eine Kindheit in der Anstalt

Josses Vater leitet eine Kinder- und Jugendpsychiatrie, seine Brüder ärgern ihn und die Mutter tut, was irgendwie alle Mütter tun, sie versucht den Alltagswahnsinn mit Mann, Kindern und Patienten zu bewältigen. Ja, auch mit den Patienten. Denn die Kinder aus der Anstalt kommen gerne mal zu Besuch. Am Wochenende spielt die Familie zusammen Wissensspiele. Die Fragen denkt sich der Vater aus. Sie sind auf das jeweilige Interessensgebiet der Kinder abgestimmt, die Punktevergabe ist zuweilen fragwürdig. Joachim Meyerhoff erzählt in dieser zum Teil autobiographischen Geschichte auf liebevolle und humorvolle Weise von einer ganz normalen Familie,an einem außergewöhnlichen Ort, die aneinander hängt, aber auseinander gerissen wird. Und von einem Vater, der zwar in der Theorie glänzt, in der praktischen Welt aber seine Schwierigkeiten hat. Wer schafft es sonst, den Vorsatz zum 40. Geburtstag, endlich Sport zu treiben, gleich mit einer Bänderdehnung zu bezahlen und die teuren Laufschuhe nie wieder anzuziehen?

Erzähler der Geschichte ist der erwachsene Josse. Jonas Anders übernimmt diesen Part souverän und mit viel Humor. Gleichzeitig gelingt es ihm, Schauspielschüler Calvin Peters, der den jüngeren Josse gibt, mitzuziehen. Die schauspielerische Unsicherheit passt gut in die ebenfalls zuweilen unbeholfene Figur des jungen Josse. Peters zeigt Talent, kleinere Unsicherheiten werden sich im Laufe der Spielzeit sicherlich noch abschleifen. An Sicherheit fehlt es Robert Zimmermann, der unter anderem Josses mittleren Bruder spielt, der aber auch noch weitere Rollen übernimmt so gar nicht. Mit unbändigem Temperament wirft er sich in seine Figuren hinein, gibt ihnen einen ganz eigenen Stil und lässt sich in seiner Spiellust kaum stoppen.

Kai Mertens kostet die Rolle des Vaters und Geistesarztes voll und ganz aus. Augenzwinkernd und mit Kulleraugen tätschelt er seinen Bauch und verkündet, nun, wo er vierzig ist, will er anfangen zu laufen. Ein Vorhaben, welches mit dem ersten Bänderriss direkt ad acta gelegt wird. Mertens bringt Spaß ins Spiel und reißt Publikum wie Kollegen auf der Bühne mit, in dieser Familiengeschichte, welche da vielleicht doch ein wenig belanglos daher kommt. Es wird gekalauert, es wird gezankt, es werden Streiche gespielt und eigene Regeln aufgestellt. Man kennt es irgendwie von zuhause. Dass der Abend trotz alledem nicht langweilig wird, liegt an der unbändigen Spiellust seiner energetischen Darsteller. Man schaut gerne hin und freut sich, wenn auch einmal etwas leisere Töne angeschlagen werden.

"Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war" läuft noch bis zum 22.Oktober 2017 im Altonaer Theater, Museumstraße 17, Hamburg. Karten unter T. 39 90 58 70

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