Normengerüst und Wertvorstellungen

Bei aller Vielzahl von Lebensentwürfen und ausgelebten Vorstellungen beruht unsere Zivilisation doch auf Grundwerten. Eine Reihe von Normen und Wertvorstellungen ist gesellschaftlich breit anerkannt. Dies betrifft moralische wie die Monogamie ebenso wie juristische, dass eingegangene Verträge zu erfüllen sind. Recht ist nichts anderes als die juristische Formulierung dieser Regeln und Normen sowie die Androhung von Sanktionsmaßnahmen, sollten diese gebrochen werden.

Auch Wertvorstellungen wie die Achtung vor dem Leben anderer Menschen beruhen auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens, ohne den unsere Zivilisation nicht existieren könnte.

Dieses Normengerüst sowie die Wertvorstellungen ermöglichen das Eingehen von privaten und geschäftlichen Beziehungen. Auf ihnen beruhen der Warenverkehr und alle Verträge, die Menschen und Firmen untereinander abschließen.

Sie bilden das feste Fundament unserer Geselschaft, auf denen sie aufbaut und sich weiter entwickelt.

 

Vertrauen ist wichtig

Ein weiterer wichtiger Baustein der Gesellschaft ist Vertrauen. Schließlich sind es Menschen, die untereinander private und geschäftliche Beziehungen eingehen. Menschen erfüllen die Normen und Wertvorstellungen mit Leben.

Einfaches Beispiel, wenn Sie zu Ihrem Arzt kein Vertrauen entwickeln und aufbauen, werden Sie sich ihm nicht anvertrauen. Wenn Sie den neuen Chef als nicht vertrauenswürdig einschätzen, werden Sie nie in dessen Firma anfangen.

Sie gehen jedoch auch geschäftliche Beziehungen ein, wo Sie überhaupt nicht prüfen können, ob Sie Ihrem Geschäftspartner vertrauen können. Der S-Bahnfahrer, der Zugführer oder auch der Taxifahrer sind Beispiele dafür. Hier vertrauen Sie blind, weil sie diese Verkehrsmittel einfach mal benutzen müssen. Doch auch hier gehen Sie juristisch gesehen einen Vertrag ein. Sie vertrauen der Institution Bahn, weil diese ein positives Image hat. Doch kennen Sie den Menschen im Führerstand der Lok?

So verhält es sich auch beim Flugzeug. Sie wissen, es ist das sicherste Verkehrsmittel weltweit. OK, und nun? In welcher psychischen Verfassung der Pilot ist, wissen Sie nicht, und doch vertrauen Sie ihm.

 

Psyche in Not

10.000 Menschen begehen pro Jahr in Deutschland einen Suizid, viele nach jahrelang erlittener Depression. 1,5 Millionen Deutsche leiden an Panik- und Angststörungen, etwa 800.000 an Schizophrenie. 8000 Schizophrene kommen jedes Jahr dazu. 2012 verursachten psychische Störungen allein in Deutschland direkte Kosten von 33 Milliarden Euro, Tendenz steigend.

Psychische Erkrankungen sind heute normal, jeder dritte Deutsche leidet im Verlauf seines Lebens darunter. Trotzdem gehen die Betroffenen weiter ihrer Arbeit nach, pflegen soziale Kontakte und übernehmen beruflich Verantwortung für andere Menschen. Hier liegt eine Gefahr, weil Menschen auch ihr Leben diesen psychisch Erkrankten anvertrauen.

Lufthansa und die Pilotenvereinigung Cockpit betonen unisono, die Piloten würden aufeinander achten und Auffälligkeiten melden sowie den Betroffenen darauf ansprechen. Das System sei bewährt, eine Änderung nicht notwendig. Doch reicht das aus?

Wer sich mit früher psychisch Kranken unterhält, weiß, dass selbst das unmittelbare Umfeld, die Familie, oft nicht oder viel zu spät die psychischen Probleme bemerken. Psychisch Kranke sind zudem perfekte Meister der Verstellung. Sie wirken oft auf ihre Umwelt ganz normal. Suizide, Amokläufe und auch psychische Zusammenbrüche erfolgen scheinbar plötzlich und ohne erkennbare vorherige Ankündigungen. Und dann sollen Kollegen im Vorfeld diese Veränderungen bemerken? Das ist schlicht unmöglich.

Dazu kommt, psychisch Kranke erkennen ihre Erkrankung oftmals auch nicht. Ihre Selbstreflexion ist eingeschränkt und gaukelt ihnen eine andere Wahrheit vor.

Daraus ergibt sich die Frage, wem Sie noch vertrauen können. Gerade in Verkehrsberufen sind Stress und hoher Druck, verbunden mit ständig wechselnden Arbeitszeiten, Alltag. Kommen dann noch psychische Labilität, depressive Verstimmungen oder Bornout hinzu, besteht für die Passagiere eine hohe Gefährdung.

 

Der menschliche Faktor als Schwachstelle

Die Germanwings Tragödie zeigt ganz deutlich den menschlichen Faktor als die entscheidende Schwachstelle auf. Und dieser ist, da sind sich alle Experten einig, nie komplett auszuschließen. Psychisch labile Menschen als Piloten mögen eine Horrorvorstellung für Passagiere sein, doch vielleicht gibt es davon mehr, als Sie denken.

Menschen haben Emotionen, sie sind keine Roboter. Auch der Co- Pilot von Germanwings war emotional, nur eben negativ geladen. Und keiner hat es ihm angesehen oder gemerkt. Damit ist das Argument der Airline, die Piloten passen gegenseitig auf sich auf, ad absurdum geführt.

Sie müssen Menschen vertrauen, die sich für den Beruf des Piloten, Zugführers oder Busfahrers entschieden haben. Oder Sie fahren nur noch selber, was Sie in Ihrer Mobilität drastisch einschränken dürfte.

Sie dürfen aber auch darauf vertrauen, dass jede dieser Katastrophen Veränderungen bewirkt. Einige Airlines haben bereits angewiesen, dass Cockpits ständig mit zwei Personen besetzt sein müssen. Psychische Tests des fliegenden Personals kommen erneut auf den Prüfstand und werden neu auf ihre Praxistauglichkeit analysiert.

Doch der menschliche Faktor einer deformierten Psyche wird Sie auch immer wieder begleiten. Und das nicht nur auf Reisen, sondern generell im Leben.

Wem Sie noch vertrauen können, müssen Sie im Übrigen ganz für sich allein entscheiden.

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Fotos:pixabay.com

 

 

Autor seit 9 Jahren
104 Seiten
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