(Bild: Gabriele Schreib M.A.)

"Nun, so schlimm ist es dann doch nicht geworden..."

"Mein Vater: Arzt. Mein Großvater: Arzt. Bei meiner Geburt schickt der Onkel ein Telegramm: 'Ein Arzt ist geboren!' Nun, so schlimm ist es dann doch nicht geworden...". Professor Johan Galtung, 82 Jahre alt und lebhaft wie 22, schafft es auf verblüffende Art, mit einem kleinen humorvollen Augenzwinkern komplizierteste Sachverhalte verständlich vorzutragen. Damit begeistert er am 31. Mai 2013 seine Zuhörer. Johan Galtung aus Oslo gilt als Begründer der Friedens- und Konfliktforschung. Er ist Träger des alternativen Nobelpreises "Right Livelyhood Award" sowie des Ghandi-Preises. Berater der UNO, Rektor der 1992 von ihm gegründeten TRANSCEND International Peace University, diverse Ehrendoktorwürden, Vermittler in vielen internationalen Konflikten, viele internationale Auszeichnungen - die Liste ist unglaublich lang. "Frieden mit friedlichen Mitteln" ist das Thema seines langen Lebens und Anschauungsobjekte gibt es in der Zeit des kalten Krieges mit den starren Waffensystemen in der ganzen Welt zunächst einmal zu genüge.

Weltweit am bekanntesten ist seine "Theorie der Strukturellen Gewalt"

1959 gründet der norwegische Mathematiker, Soziologe und Politologe das Institut für Friedensforschung (PRIO), das erste Friedensforschungsinstitut Europas. Bis 1970 bleibt er dessen Direktor. Er befasst sich mit den Methoden des Friedensjournalismus, weltweit am bekanntesten ist seine "Theorie der Strukturellen Gewalt". In zahlreichen Reden und Artikeln hat er sich für die Etablierung eines Weltparlaments ausgesprochen. Galtung spaltet: "Die einen werfen mir Verteidigung kommunistischer Diktaturen und Antiamerikanismus vor, die anderen Antisemitismus. Das eine so unsinnig wie das andere." Nachdem im 2012 eine Kieler Veranstaltung mit Galtung abgesagt werden musste, ist 2013 zum Glück eine friedliche Veranstaltung möglich.

Zwei Nationen, keine Grenzen, ein gemeinsames Territorium

Die Augen des Redners blitzen, wenn er zu seinen Herzensthemen kommt: Zwei Nationen, keine Grenzen, ein gemeinsames Territorium. Das lässt sich auf viele Krisengebiete übertragen, so Galtung. Er gibt aber ein konkretes Beispiel: Südamerika. 54 Jahre Krieg zwischen Peru und Ecuador. Zum Frieden führt schließlich ein Vorschlag: Ein 500 Km² großes Gelände als wichtige Pufferzone, ein Nationalpark. So wird aus dem Streitgebiet ein zwei-Staaten Gebiet. Im kurzen Pressegespräch vor der Veranstaltung verrät Johan Galtung: "Wenn die Menschen aus Ecuador mir sagen, dass sie die Peruaner nicht leiden können und sie auch nicht in den Bergen treffen möchten, dann schlage ich vor, dass die Peruaner nur in 3000 bis 4000 Meter Höhe wandern, die Menschen aus Ecuador nur in 2000 bis 3000 Metern Höhe." Verschmitzt schmunzelt er dabei und mit Humor scheinen sich eine Menge Probleme in Luft auszulösen. Der Irak, Afghanistan, die USA, Deutschland, China: Die Beispiele folgen einander wie die Perlen auf der Schnur. Müde wird Galtung nicht, müde werden aber auch seine Zuhörer nicht.

Realist im Gehirn und Idealist im Herzen

Der Schlussappell von Johan Galtung zündet dann bei allen: "Ich bin Realist im Gehirn und Idealist im Herzen. Und ich habe eine gute Beziehung zwischen Herz und Gehirn!" Das mögen ihm alle gerne glauben und so bekommt dieser Star der politischen Weltbeziehungen am Ende wie ein Popstar standing ovations von allen nach drei Stunden immer noch anwesenden und immer noch faszinierten Zuhörern. Verdient.

Wer nun leider nicht dabei sein konnte, bekommt vielleicht noch eine Chance: Der Offene Kanal Kiel hat den Vortrag und die anschließende Diskussion mitgeschnitten.

 

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