Hüte Dich, BrockselsuppFremder, und lasse Vorsicht walten, wenn Du von einem Bewohner des Nassauer Landes zur Teilnahme an einem Brockselsupp-Essen gebeten wirst. Wiewohl zur Suppe geladen, solltest du vorher bereits gegessen haben, und zwar reichlich und gut. Nicht, dass die Nassauer schlechte Suppenköche wären. Eher hängt es mit dem Charakter dieser speziellen Suppe zusammen, besser noch - mit dem Geist, der ihr innewohnt.

Klar heraus: die Brockselsuppe ist ein Gemenge aus viel Kornbrand, Zucker, Lebkuchenstückchen (Brocksel) und Wasser. Gegessen wird sie in der Zeit ab Silvester bis der Frühling sich ankündigt. Je länger der Winter andauert, desto länger dauert die Brockselsupp-Saison.

Gut Ding will Weile haben

Die Speise ist nichts für den spontanen Zecher, längere Planung ist unumgänglich.

Zunächst will der Lebkuchen beschafft sein. Keinesfalls eignet sich für eine echte Brockselsupp irgendein weihnachtlicher Pfefferkuchen. Der Lebkuchen wird extra für die Suppe schon Monate vor der Saison hergestellt, gebacken nach einem ganz speziellen Rezept. Deshalb heißt er Spezial-Lebkuchen. Immerhin muss er später einiges aushalten und darf dabei nicht in gleicher Weise an Haltung verlieren wie seine Konsumenten. Bei Bäckermeister Lieber in der Aargemeinde Niederneisen kann man ihn bekommen. Der Meister hütet das Rezept wie seinen Augapfel. Es stammt aus Süddeutschland, soviel hat er preisgegeben.

Lebkuchen für Brockselsupp

 

 

(Bildquelle: www.baeckerei-lieber.de)

 

Der Schnaps, ein Weizenkorn, sollte - ich nenne es mal - "gehaltvoll" sein. Hiesige Verkoster der Suppe bevorzugen den Dauborner oder Hirschberger Branntwein, das sind Destillate von regionalen Brennern.

 

 

Dann werden Klarer, Zucker, Wasser und zerkleinerter Lebkuchen angesetzt und es gilt, noch ein wenig zu warten.

 

Genau geht es so vonstatten:

Brockselsuppe für 6 (!) Personen

Zutaten

2 Liter (!) Weizenschnaps

2 Platten Spezial-Lebkuchen

500 g Zucker

1/2 Liter Wasser

Zubereitung

Der Zucker wird in 1/2 l Wasser aufgekocht, das Zuckerwasser ruht sodann, bis es auf Zimmertemperatur abgekühlt ist.

Der Lebkuchen wird in 5 mm große Würfel geschnitten. Das erreicht man am besten, indem man die Platten auf der Brotmaschine in Streifen schneidet und die Streifen mit dem Messer zerteilt. Hierbei muss sich die Qualität des Lebkuchens zum ersten Mal beweisen: er darf nicht krümeln. Die Brocksel werden in eine ausreichend große Schüssel oder in ein Bowlegefäß gefüllt. 

Danach werden der Schnaps und das Zuckerwasser hinzugegeben, das Ganze wird liebevoll und sacht umgerührt und über Nacht zum Durchziehen kaltgestellt.

Der Tag des Verzehrs ist gekommen

Bevor man sich zusammensetzt, sollte man eine reichliche Mahlzeit zu sich genommen haben; ich wiederhole das hier ganz bewusst. Denn was jetzt folgt, bedarf einer kräftigen Unterlage.

Das Süppchen ist aufs Prächtigste durchgezogen und die würfelige Einlage hat die Form gewahrt, so muss es sein. Jeder Teilnehmer erhält einen Löffel, eine Schale und eine ordentliche Portion Brockselsupp aus der Suppenkelle. Einer gibt das Kommando zum "Scheppe", indem er mit dem Löffel gegen seine Schale klopft. Der Löffel wird beherzt zu Munde geführt, sechs Male direkt hintereinander, dann gönnt sich die Runde eine kleine Pause. Es steht Bier bereit zum Nachspülen. Dann ertönt das nächste Signal, die Herren (wie ich höre, handelt es sich in der Regel um eine reine Herrenrunde) greifen erneut zum Essbesteck und löffeln sich sechs Portionen hintereinander hinunter in den durstigen Schlund. Hoho, das war heftig, gleich noch einen großen Schluck Bier hintendrein! So geht das fort, bis die große und die kleinen Schüsseln leer und die Herren derangiert sind.

Wer hat die Suppe erstmals eingebrockt?

Über die Entstehung des Brauches gibt es unterschiedliche Angaben. Ein süddeutscher Handwerksgeselle auf der Walz soll Lebkuchen und Rezept ins Nassauer Land gebracht haben.

Eine andere Lesart ist, dass Dehrner Bergleute nach Feierabend im Gasthaus Kornschnaps getrunken und dazu Lebkuchen aus der Bäckerei gegessen haben. Einer hat den Lebkuchen in den Schnaps getunkt, damit war die Brockselsuppe erfunden.

Es gibt die Suppe in anderen Gegenden Deutschlands unter anderem Namen Lebkuchensuppe, Branntweinsuppe, Honigkuchenkaltschale. Die Urheberschaft ist nicht geklärt.

Die Zukunft der Brockselsupp

Die Aussichten für den Fortbestand der Brockselsupp-Zelebration sind - dem Vernehmen nach - schlecht. Ich habe mich in einschlägigen Kreisen erkundigt, wo gleich abgewinkt wurde: die jungen Leute  kennten das Wort Brocksel nicht mal, geschweige denn, sie hätten je davon genossen. Früher habe man Brocksel in den Kneipen serviert, und in den Privathäusern sei man oft zusammengekommen zum Brocksel. Aus einer Schüssel habe man gegessen mit nur einem Löffel. Später habe jeder zwar einen eigenen Löffel gehabt, aber immer noch mit allen aus einer Schüssel gegessen. Aber das sei lange her.

Kopfschütteln. Stirnrunzeln. Schulterzucken.

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