Eine erste Bilanz der E-Scooter

Nachdem bereits Mitte Juni die ersten E-Scooter für Verleihfirmen wie Lime, Tier, Voi und Circ. In Hamburg zugelassen waren, ist es schon Mitte Juli Zeit für eine erste kritische Bilanz. Seit Mitte Juni 2019 erhöhte sich die Zahl der E-Scooter-Anbieter stetig und die Anzahl der Roller ebenfalls. Auch der Mietpreis pro Minute wurde wegen der hohen Nachfrage bereits teilweise angehoben.

Auf Hamburgs Straßen sind inzwischen 2160 E-Scooter unterwegs; nur in Berlin und Köln ist die Zahl höher. Zudem stehen in Hamburg mit dem US-Riese Bird und dem Hamburger Start-up Floatility zwei weitere Verleihfirmen in den Startlöchern.

Vier Unfälle und diverse Verwarnungen

Bisher kam es in Hamburg nur zu vier Unfällen, meist mit Radfahrern. Unfallverursacher seien immer die Fahrer des E-Rollers gewesen. Die Polizei hat sich in einer Schwerpunktaktion um das "Verhalten von Führern von Elektrokleinstfahrzeugen" gekümmert. Innerhalb von nur fünf Stunden wurden 15 Verstöße gegen die sogenannte "Elektrokleinstfahrzeugverordnung" festgestellt. Häufigstes Delikt war das Befahren des Gehwegs.

In anderen deutschen Städten kam es im vergangenen Monat bereits zu schwerwiegenderen Unfällen: In Berlin gab es bislang mindestens acht Schwerverletzte mit Knochenbrüchen und Kopfverletzungen, München zählte sechs Unfälle.

Immer häufiger sind unachtsam abgestellte E-Scooter Stolperfallen auf den Bürgersteigen.

Erster Anbieter erhöhte die Mietpreise

Das Berliner Unternehmen Tier erhöhte als erster Anbieter Anfang Juli bereits den Mietpreis für die Hamburger E-Roller. Während zuvor 15 Cent pro Minute anfielen, werden nun 19 Cent berechnet. Eine halbe Stunde kostet statt 4,50 Euro jetzt 5,70 Euro, was einer Preiserhöhung von mehr als 26 Prozent entspricht. Unverändert blieb die einmalige Registrierungsgebühr von einem Euro.

Der Gesetzgeber ermöglichte E-Scooter

Am 17. Mai hat der Bundesrat dem neuen Gesetz zugestimmt, und das E-Scootergesetz ist in Kraft getreten.; nun wird es noch einige wenige Wochen dauern, bis die Hersteller vom Kraftfahrt-Bundesamt eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erhalten und dann Versicherungsverträge für das Fahren mit E-Scooter abgeschlossen werden können.

Das Gesetz regelt, dass

  • - E-Scooter gehören zu den Elektrokleinstfahrzeugen und somit der Straßenverkehrsordnung unterliegen.
  • - die Roller nur auf Fahrradwegen – und wo diese nicht vorhanden sind – auf den Straßen fahren dürfen. Ein Fahren auf Gehwegen und natürlich in Fußgängerzonen ist untersagt.
  • - Elektro-Tretroller dürfen bis zu maximal 20 km pro Stunde schnell sein. Fahrer darf nur sein, wer ein Mindestalter von 14 Jahren erreicht hat.
  • - Im öffentlichen Straßenverkehr dürfen E-Scooter nur fahren, wenn eine Kfz-Haftpflichtversicherung vorhanden ist.

Eine Helmpflicht oder eine Fahrerlaubnis ist für die Fahrer von E-Scootern nicht vorgesehen.

Scheuer sieht die E-Scooter "zusammen mit dem ÖPNV als eine echte zusätzliche Alternative zum Auto, ideal etwa für die letzte Meile von der U-, S-Bahn oder Bushaltestelle nach Hause oder zur Arbeit".

Mikromobilität - eine große Marktlücke

Das Beratungsunternehmen McKinsey schätzt das Marktpotenzial von Angeboten im Bereich Mikromobilität wie E-Scootern bis 2030 in Europa auf 150 Milliarden Dollar, wovon sich mehr als die Hälfte allein mit E-Scootern verdienen lasse. In Deutschland sieht McKinsey die Möglichkeit für einen Umsatz von 10 Milliarden Dollar mit E-Scootern bis 2030. Beim Sharing mit E-Scootern werde der Markt zwei- bis dreimal zwei- bis so schnell wachsen wie beim Car-Sharing, weil E-Scooter billiger sind, somit weniger Auslastung brauchen und damit schneller profitabel sind.

Vorteile ziehen die Befürworter von E-Scootern aus einem Vergleich zum Auto: Vorteile bei der Parkplatzsuche und bei den gesparten Benzinkosten. Außerdem sei ein E-Scooter ein Beitrag zum Umweltschutz. Für 40,7 Prozent steht allerdings nur der Spaßfaktor im Vordergrund.

Die deutschen Automobilfirmen Daimler und BMW haben ihre ersten Modelle von E-Scootern vorgestellt, während bereits chinesische Firmen den Markt von E-Scootern über den Filialhandel zum Billigpreis überschwemmt hatten. Diese Käufer werden nun ohne Betriebserlaubnis dastehen und ihren elektrischen Tretroller im öffentlichen Straßenverkehr nicht nutzen können.

Ein richtiger Hype wird erwartet, aber erste E-Scooter-Investoren zweifeln bereits am Hype.

Doch kein Boom für E-Scooter?

Aktuelle Umfragen sprechen gegen einen richtigen Hype. Obwohl der elektrische Tretroller in ersten Meinungsumfragen zwar für unsicher oder gefährlich gehalten wird, plante doch noch vor Wochen jeder Vierte einen Kauf. Die meisten (73,7 Prozent) wollten maximal 500 Euro für einen E-Scooter ausgeben. Für jeden Fünften ist ein Preis von 500 bis 1.000 Euro vorstellbar. Nur die wenigsten (4,7 Prozent) waren bereit, mehr als 1.000 Euro auf den Tisch zu legen.

Inzwischen bieten jüngste Meinungsumfragen ein völlig anderes Bild. 77 Prozent der Befragten äußerten, dass sie sich "bestimmt nicht" oder "wahrscheinlich nicht" einen elektrischen Tretroller anschaffen wollen.

Gründe dafür werden mehrere angeführt. Rund die Hälfte (49,8 Prozent) der Befragten gab an, dass sie E-Scooter für unsicher halten, etwa weil sie keinen ausreichenden Schutz bei einem Unfall bieten und die Räder sehr klein sind. Weitere 22,6 Prozent halten E-Scooter und damit den relativ ungeschützten Fahrer zudem für eine Gefahr für den Straßenverkehr. Mehr als die Hälfte der Befragten (51,8 Prozent) würde auch ohne gesetzliche Helmpflicht einen Helm tragen.

Jeder Achte (12,6 Prozent) sieht Gefahren im öffentlichen Raum wie etwa das verbotene Fahren auf dem Gehweg oder unsachgemäßes Fahren.

Bußgelder verändern wohl nicht das Fahrverhalten

Wenn auch Bußgelder vorgesehen sind,meinte dennoch die überwiegende Mehrzahl der Befragten, Verstöße könnten nicht geahndet werden, weil man mit einem Roller schnell verschwinden könnte.

Anders als bei Fahrrädern oder E-Bikes gelten für E-Scooter die strengeren Promillegrenzen für Kraftfahrzeuge. Das heißt, für Fahranfänger gilt die 0,0 Promillegrenze, für alle anderen Fahrer ist bei maximal 0,5 Promille Alkohol im Blut Schluss. Ansonsten drohen Bußgeld und Fahrverbot.

Bei Verstößen gegen die E-Scooter-Verordnung sind Bußgelder von bis zu 70 Euro vorgesehen. Dieser Betrag soll fällig werden, wenn man mit einem E-Scooter ohne Allgemeine Betriebserlaubnis unterwegs ist. Fahren ohne gültigen Versicherungsaufkleber soll 40 Euro kosten, ein Verstoß gegen die Beleuchtungsvorschriften 20 Euro. Wer auf "nicht zulässigen Verkehrsflächen" unterwegs ist oder verbotenerweise nebeneinander fährt, muss15 Euro zahlen, bei Behinderung anderer 20 Euro, bei Gefährdung anderer 25 Euro, bei einer Sachbeschädigung 30 Euro.

Erfahrungen mit E-Scootern in aller Welt

Umweltschonende Mobilität wird überall gefordert. Ob die E-Scooter für Städte und Metropolen das Nonplusultra sind, bleibt abzuwarten.

Viele Metropolen in aller Welt haben bereits sehr negative Erfahrung mit E-Scootern und vor allen Dingen deren rücksichtslosen Fahrern gemacht. Dabei sei vorweg aber darauf hingewiesen, dass anders als in Deutschland eine höhere Höchstgeschwindigkeit zugelassen worden war; sie lag im Durchschnitt bei 25 Kilometern pro Stunde, und das Fahren auf Fußwegen und in Fußgängerzonen war und ist zum Teil erlaubt.

San Franzisko

Für ihre E-Tretroller wollte die Firma Lime in San Francisco testen, ob es einen Markt für die E-Tretroller gibt. Aber die Folgen waren für die Stadt verheerend. Binnen weniger Tage kamen andere Verleihfirmen hinzu. Die Roller wurden wild in Parks, auf Gehwegen und in Hauseingängen nach der Miete "entsorgt". Nur einen Monat später sah sich die Stadt dazu gezwungen, an Zulassungen und Parkgenehmigungen zu arbeiten. Rund drei Monate und mehr als 2000 Beschwerden später verbannte San Francisco die elektrischen Tretroller im Sommer 2018 vorläufig aus der Stadt.

Paris

Paris über legt hohe Geldbußen von 135 Euro für das Fahren zu zweit auf einem E.Scooter, für das Fahren mit höherer Geschwindigkeit und das Fahren auf Gehwegen. In Paris wird die Zahl der Tretroller bereits auf rund 20 000 geschätzt; zwölf Firmen betreiben Leih-Geräte, vor allen Dingen für Touristen. Viele Bürger haben sich zudem schon einen eigenen E-Tretroller zugelegt.

Nun soll deren Geschwindigkeit, obwohl alternativer Fortbewegungsmittel gewünscht sind, auf 20 Kilometer in der Stunde und in Fußgängerzonen auf 8 Kilometer pro Stunde gedrosselt werden. Außerdem soll nur noch zwei oder drei Firmen der Verleih von E-Tretrollern zu erlauben, welche jeweils höchstens 15 000 Exemplare anbieten dürfen. Das Befahren von Parks und Gärten ist verboten.

Seit diesem Frühjahrs wurden schon rund 1000 Geldbußen wegen Falschparkens verteilt und etwa 600 Geräte abgeschleppt. Derzeit läuft eine Untersuchung, um 2500 Parkplätze für Elektroroller in der Stadt einzurichten. Betreiber-Firmen sollten die Nutzer künftig über GPS-Ortsbestimmung dazu zwingen, die Geräte sachgemäß zu parken; ansonsten läuft die Uhr einfach weiter, die Kosten tragen die Nutzer. So ganz billig ist in Paris die Nutzung ohnehin nicht: Zu der Grundgebühr von einem Euro kommt der Preis von 15 Cent pro Minute. Bei einer Fahrt von 19 Minuten, was bislang der Durchschnitt ist, kommen damit 3,85 Euro zusammen – dafür sind bereits zwei Pariser Metro-Tickets zu haben, wohl aber nicht derselbe Spaß.

New York

Im hippigen "Melting Pot" New York sind Elektro-Roller verboten. Wer trotzdem einen fährt, riskiert eine Geldstrafe von bis zu 500 US-Dollar. Wiederholungstäter müssen fürchten, dass ihr Gerät konfisziert wird. Das scheint einige New Yorker nicht davon abzuhalten, mit privat gekauften Elektro-Scootern über die Gehsteige und Straßen zu jagen - allein in diesem Jahr sind zwei Menschen bei Unfällen mit E-Rollern gestorben, darunter ein Siebenjähriger. Doch Großverleiher wie Lime oder Bird halten sich fern.

Im benachbarten New Jersey wurden die Geräte kürzlich legalisiert. Für den chronisch überlasteten Verkehr in Manhattan könnten sie aber den Todesstoß bedeuten, warnen Kritiker.

Tel Aviv

Die Stadt beklagt, dass lassen viele Nutzer die E-Scooter mitten auf dem Radweg oder Bürgersteig stehen lassen, wenn sie ihre Fahrt beendet haben.

In Israel liegt das Mindestalter für die Nutzung von E-Scootern bei 16 Jahren, für Mietmodelle sogar bei 18 Jahren. Es besteht eine Helmpflicht und man darf mit den Elektro-Tretrollern nur auf dem Radweg oder der Straße, nicht aber auf dem Fußweg fahren. Außerdem ist die Fahrt zu zweit verboten. Gegen all diese Regeln wird allerdings ständig verstoßen.

Berlin

Der deutsche Gesetzgeber hat den Startschuß gegeben. Gleich acht Anbieter von elektrischen Leih-Tretrollern bereiten sich darauf vor, ihre Flotten im Juli in der Berliner Innenstadt zu verteilen, darunter andernorts so bekannte Verleiher wie Lime, Bird, Tier, Hive, Voi und Circ. Ende des Sommers könnten es bis zu 10.000 Scooter sein. 

Das E-Scooter-Geschäftsmodell wirkt ungemein verlockend: Eine halbe Stunde E-Scooter-Fahren kostet rund fünf Euro. Werden die Roller im Schnitt sechs Mal am Tag genutzt, hat sich ein Leih-Scooter schon nach zwei Monaten rentiert und spült danach bis zu seiner durchschnittlichen Lebenserwartung von drei Monaten bares Geld in die Kassen.

Die Sicherheitsfrage bleibt

Die Debatte um die Sicherheit besteht i allen Städten. In Tel Aviv zum Beispiel gab 2019 bereits fünf Tote. Im vergangenen Jahr waren es 18.

Ähnliche Szenarien werden aus Madrid berichtet. 300 Unfälle mit Personenschaden meldete die Polizei für 2018. In zwei Dritteln der Fälle sollen E-Tretroller-Fahrer die Schuldigen gewesen sein.

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