Die Geschichte der Ukraine II
Teil 2 - Der Zerfall der Rus' in die Fürstentümer in einzelne KleinreicheDer eine Herr der Sippe - der in Novgord verewigt wurde.
Das Igorlied
Nichts desto Trotz gilt die 218 Strophen umfassende Helden-Geschichte aus den Jahren um 1187 als bedeutsames Schriftstück des Kiever Großfürstenhofes. Der Großfürst allerdings erfreute sich in diesen Jahren nicht mehr seiner einstigen Blüte und Bedeutung, er war viel mehr seiner Macht weitgehend beraubt und die Rus' in Fürstentümer zersplittert und drohte in Teilfürstentümer zu zerfallen. Die Zentralgewalt war erodiert und auch das Igorlied beklagt einige Mängel an der Führung. Grund dafür schien in einer unzulänglichen Erbfolgeregelung zu finden zu sein, der die Kräfte nicht bündelte und dem Erstgeborenen zusprach, sondern einem Senorrat zuordnete. Die Erben also herrschten in ihren Gebieten des Reichs und der eigentliche Erbfolger des Kiever Fürsten wurde nur mit einem "Ehrenvorrang" bedacht, das aber führte in der Praxis nicht zu einer gemeinsamen Herrschaftsausübung, sondern zu Bruderkriegen in den Gebieten Kiev, Cernigov, Peresjaslav, Smolensk und Volhynien.
Dazu kamen Bedrohungen von Außen – etwa durch die Polovcer. Dies führte zu Not und Elend in den südlichen Gebieten der Rus' und zu einer Neuordnung des Gesamtreiches. Der Seniorrat wurde durch einen "Erbfolger" ersetzt, doch der erhoffte Erfolg blieb aus: Der Zerfall beschleunigte sich noch und so kristallisierten sich die Bojaren als Sieger in den Bruderkriegen heraus. Zwar flackerte die einstige Macht in der Zeit des Fürsten Vladimir Monomach noch einmal auf, doch angesichts der Polovcer Bedrohung verlagerte sich das Zentrum der Macht endgültig an die Peripherie.
Der Zerfall des Reiches war allerdings nicht in allen Gebieten eine Katastrophe. Vor allem in jenen Ländereien, die sich früh intensiven Handelsbeziehungen erfreuten, konnten die politischen Umwälzungen kaum Schaden anrichten, viel mehr führte die neue Lage zu einer Blüte des Handwerks und der Kaufmänner, die sich damals mit Selbstbewusstsein den Bojaren stellten, die mehr oder weniger das Selbstverständnis in Frage stellten.
Die Bojaren ihrerseits waren mit anderen Bedrohungen beschäftigt: So kam es in jener Zeit zur Mongolenabwehr, aber auch mit Ungarn, Polen und Litauen zu Absprachen, vorübergehend sogar zur Aufteilung des Fürstentums zwischen den Polen und den Ungarn.
Danylo Romanovic, zum Verteidiger gegen die Mongolen auserkoren
Die Mongolenherrschaft war weit nicht so repressiv, wie ursprünglich offenbar befürchtet: Man respektierte die religiösen Vorstellungen in den unterworfenen Gebieten. Die Mongolen brachten außerdem reiche Kultur und ihre Agrarwirtschaft und dementsprechend war die "besondere Grausamkeit" weit nicht so grausam, wie befürchtet. Es blieb die "fremd-Herrschaft" als unureichender Zustand.
Der Papst ernannte Danylo Romanovic (Wikipedia engl.)zum rex Russiae, also einem Abwehrer der Mongolengefahr, der zwischenzeitlich auch die Kiever Großfürstenwürde beanspruchte. Er gründete zahlreiche Städte, die als Festung dienen sollten, allen voran Lemberg (1256). Es heißt, sogar die Bojaren seien in ihren Machtansprüchen ein wenig zurückgedrängt worden. Die ukrainische Historikergemeinde preist Romanovic als "bedeutendsten Herrscher der Ukraine", der sich um die Freiheitsbestrebungen der ukrainischen Bevölkerung verdient gemacht hat.
Die Mongolen ließen weiterhin Handelsbewegungen zu (pax mongolica) und die Städtegründungen hielten an. Darüber hinaus kam es zu dynastischen Heiraten und es entwickelten sich Kolonisationsbewegungen mit westlichen und östlichen Siedlern.
Lemberg/Lwihorod (originaler Name)
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Bildquelle:
Tourismus Ukraine
(Die Geschichte der Ukraine I)
Sophienkirche
(Die Geschichte der Ukraine IV)
Impression aus Ukraine, SofiLayla / Pixa
(Die Geschichte der Ukraine V)