Die neueste Entwicklung: Die Grünen auf dem Abstellgleis

Ende Februar fielen in den Kreisparteitagen von SPD und Grünen wichtige Entscheidungen. Während die Grünen sich weiter für die Schaffung eines Windparks im Kieler Stadtteil Meimersdorf aussprachen ( der Grünen-Chef Michel: "Für uns ist der Windpark alternativlos" ), entschied die SPD mit drei Enthaltungen ohne Gegenstimmen, Abstand vom geplanten Windpark zu nehmen, Die Gründe sprechen für sich, so die SPD. Zum einen haben Umweltverbände berechtigte Kritik geübt, zum anderen gebe es nicht auch "ein bisschen Windpark" mit der von den Grünen in letzter Minute vorgeschlagenen Reduzierung der Höhe der Windanlagen von 200 auf 150 Meter. Die SPD lehnte das Vorhaben explizit wegen des Natur- und Artenschutzes ab. Abschließend heißt es in dem SPD-Beschluss: "Einzig sinnvoll ist nach wie vor die Nichtrealisierung des Vorhabens an dieser für Windkraft ungeeigneten Stelle."

Damit hat die Kieler SPD aus Vernunftgründen gegen die Pläne ihres Kooperationspartners Grüne rechtzeitig die Reißleine gezogen.

Merkwürdiges Demokratieverständnis zur Bürgerbeteiligung

Peter Todeskino ist als Stadtrat seit 1. Juni 2005 zuständig für den Umwelt- und Klimaschutz, für alle städtischen Liegenschaften (Immobilienwirtschaft und Grünflächen), für die Planung und den Bau der Verkehrsanlagen und Entwässerung (Tiefbauamt), für die Stadt- und Landschaftsplanung sowie für die Bauaufsicht einschließlich Denkmalschutz und Geodaten. Im Frühjahr 2011 wurde er als Stadtrat für weitere sechs Jahre im Amt bestätigt. Zusätzlich ist er ab 9. Juni 2005 Bürgermeister von Kiel.

Im Rahmen zur vorgezogenen Bürgerbeteiligung zur Erstellung des Windparkes wurde im Juni 2015 eine Informationsveranstaltung zum geplanten "Windpark Meimersdorf/Flintbek" durchgeführt. Weil Todeskino befürchtete, seine Intentionen nicht optimal durchsetzen zu können, warb er bei seinem Kreisverband von Bündnis'90/Die Grünen vorab per email um Unterstützung: "Es wäre schade, wenn die Veranstaltung von den Gegnern dominiert werden würde. Wir brauchen eine grüne Mobilisierung, möglicherweise auch über die SPD."

Nach der Veranstaltung warfen Todeskino viele anwesende Bürger einen Verstoß gegen seine beamtliche Neutralitätspflicht vor, zumal bei dieser ersten Veranstaltung kritische Stimmen kaum zu Wort kamen, während Befürworter des Windparks breiten Raum für ihre Argumente erhielten.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) äußerte sich zu der entsprechenden Dienstaufsichtsbeschwerde, dass die E-Mail zwar ein Fehler gewesen sei, er aber keine Verletzung der Dienstpflicht sehe, weil es sich um eine private E-Mail gehandelt habe. Deshalb werde er Todeskino auch nicht von den Planungen für den Windpark entbinden.

Mit der Reaktion Kämpfers zeigte sich der Kreisverband der Grünen einverstanden, denn es gehe allein um die Energiewende, und die sei für den Bürger nicht zum Nulltarif zu bekommen.

Die örtlichen Gegebenheiten für den geplanten Windpark

Der Kieler Stadtteil Meimersdorf im Süden der Landeshauptstadt wird seit 2005 als "grüner Süden Kiels" beworben. In diesem neuen Baugebiet der "Gartenstadt Meimersdorf" in Richtung Altmeimersdorf wurden inzwischen rund 10.000 Neubürger angesiedelt. Jetzt sollen in einem Abstand von 800 Metern Luftlinie die Windkraftanlagen errichtet werden. Betroffen sind in einem Einzugsbereich innerhalb von 3 Kilometern Abstand zu den geplanten fünf Windrädern rund 30.000 Einwohner.

Erste Gutachten gingen von weit niedrigeren Windkraftanlagen in Kiel-Meimersdorf aus. Sie sind auch heute noch Grundlage der Diskussionen, obwohl die Planungen der Politiker und Bauern inzwischen statt von 130 bis 150 Metern Höhe über 180 Meter auf 200 Metern Höhe gesteigert wurden. Bei 200 Metern Höhe wären die drei Flügel der Windräder je 65 Meter lang bei einer Turmhöhe von 135 Metern. Das wären die höchsten Windkraftanlagen innerhalb des Landes Schleswig-Holstein. Der Abstand zu den nächsten Wohnhäusern betrüge im Fall des Baues der Windräder knapp 800 Meter.

Die Belästigungen der benachbarten Wohnbevölkerung durch Windkraftanlagen

In Bayern gilt für den Abstand der Wohnbevölkerung zur Windkraftanlage die 10H-Regel. Sie schreibt zwingend vor, dass beispielsweise bei einer Höhe der Windkraftanlage von 200 Metern der Mindestabstand zur nächsten Wohnsiedlung 2000 Meter betragen muss..

Dänemark ist Vorreiter der modernen Windkrafttechnik und mit einem Anteil von gut 39 Prozent am landesweiten Strommix die weltweit führende Nation bei erneuerbaren Energien. Doch die Entwicklung in Dänemark ist bis auf weiteres gestoppt.

2013 gingen fast 700 Megawatt ans Netz, 2014 nur noch 67, weil Dänemark sich darauf festgelegt hat, erst einmal zu klären, ob Windräder durch den von ihnen verursachten Infraschall gesundheitsgefährdend sind, abgesehen von weiteren gesundheitlichen Gefahren wie Schattenwurf mit "Disko-Effekt", hörbaren Lärm, Eiswurf von den Flügelenden bei einer Geschwindigkeit von über 300 km/h sowie die Gefährdung verschiedener Tierarten wie Fledermäuse, Seeadler und aller Zugvögel, die durch ein Windrad buchstäblich "geschreddert" werden.

Anlass für die grundsätzliche Überprüfung der Gesundheitsgefahren für Tier und Mensch in Dänemark waren die mutmaßlichen Auswirkungen des Infraschalls. Hinter einem Bauernhof wurden Ende 2013 neue Windräder in Betrieb genommen. Die Nerze in einer benachbarten Nerzfarm drehten durch. Als am nächsten Morgen die Anlage ausgeschaltet wurde, hatten sich über 100 von ihnen gegenseitig so tiefe Wunden zugefügt, dass sie getötet werden mussten.

Die Skepsis gegenüber Windkraftanlagen in der Nähe der Wohnbevölkerung wächst

Die neue Zurückhaltung beim Windkraftausbau in Dänemark durch deren Windkraftprofis überträgt sich zunehmend auf Deutschland. Inzwischen gehen in Deutschland mehr als 500 Bürgerinitiativen gegen Windkraftprojekte ein. Sie sind nicht gegen die Forcierung der erneuerbaren Energien, sondern gegen die Belästigung durch Infraschall, weil die Windkraftanlagen zu nahe an der Wohnbevölkerung geplant werden. Das ist auch das Anliegen der Kieler Bürgerinitiative Windvernunft Kiel, die für rund 30.000 Bürger im Umkreis von 3 Kilometern des geplanten Windparks Meimersdorf/Flintbek spricht. Sie verweist auf die Weiten des schleswig-holsteinischen Marschenlandes an den Küsten, verweist auch auf gerade in Schleswig-Holstein vorgegebene Offshore-Möglichkeiten und bezieht sich auf Studien, die belegen, dass die durch Windräder verursachten Luftschwingungen Gesundheitsschäden zur Folge haben. Wer dem Infraschall permanent ausgesetzt ist, könne demnach unter anderem mit Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Tinnitus, Übelkeit, Beeinträchtigungen der Herzfrequenz und Angstzuständen zu kämpfen haben.

Fensterscheiben seien fühlbar ständig in Schwingung.

Was ist Infraschall?

Unter Infraschall versteht man Schall, den der Mensch oft körperlich wahrnehmen kann, aber nicht hört. Er liegt mit seiner Frequenz von weit unter 100 Hertz unterhalb der menschlichen Hörschwelle. Infraschall mit sehr tiefer Frequenz breitet sich über sehr große Entfernungen aus. Verschiedene Tierarten können auch Infraschall gut hören.

Der Infraschall wird unbestritten auch durch technische Anlagen wie Windkraftanlagen erzeugt. Windkraftanlagen strahlen ein breites Spektrum von Schallemissionen ab, hörbare wie das Drehen der Flügel im Wind und unhörbare wie Infraschall.

Wird der Mensch Tag und Nacht permanent mit Infraschall "beschallt", so kann es, wie neuere Studien vermehrt aussagen, zu den im vorherigen Absatz genannten gefährlichen gesundheitlichen Beschwerden kommen.

Sondersitzung des Kieler Bauausschusses in Meimersdorf

Vor 500 Bürgern informierte der Bauausschuß des Kieler Rates in einer öffentlichen Sitzung in Meimersdorf zum Stand der Planung des umstrittenen interkommunalen Windparks. Anschließend kamen Vertreter von NABU und Bund sowie die zukünftigen Betreiber des Windparks und der Vorsitzende der Bürgerbewegung in fünfminütigen Kurzstatements zu Wort.

NABU und BUND gegen den Windpark

NABU und BUND nahmen deutlich in gemeinsamen Stellungnahmen gegen einen Windpark im Süden Kiels Stellung. Die Stadt Kiel plane hier gemeinsam mit der Gemeinde Flintbek, einen interkommunalen Windpark südlich Meimersdorf zu errichten. Förmlich eingeklemmt zwischen Siedlungsbereichen, EU-Schutzgebieten (Flora-Fauna-Habitat/ Natura-2000 Gebiet) sowie naturschutzfachlich wertvollen Feuchtgebiets- und Extensivflächen der Moorseeniederung, des Kleinflintbeker Moores und des Eidertals, solle eine Sondernutzungszone "Windenergie" mitten im Landschaftsschutzgebiet (LSG) errichtet werden.

Dabei würden vorgeschriebene Mindestabstände nicht eingehalten. Da die LSG-Verordnung noch dazu die Errichtung von Windenergieanlagen ausdrücklich verbietet, plane die Stadt Kiel nun, den Landschaftsschutz für das betroffene Gebiet wieder aufzuheben. Und das, obwohl sie selbst dessen überaus hohen Wert herausstellt, den das Gebiet hinsichtlich Naturhaushalt, Ökologie, Landschaftsbild und Kulturhistorie sowie als wichtiges Kieler Naherholungsgebiet besitzt.

Bürgermeister blieb Antwort schuldig

Danach konnten die Bürger ihre Meinungen, Statements, Appelle und Fragen zu Protokoll geben. Da auch Bürgermeister und Baudezernent Peter Todeskino anwesend war, stellte ein Bürger an ihn die direkte Frage: "Wie ist es zu erklären, dass das erst 2008 zum Landschaftsschutzgebiet erklärte Areal für den geplanten Windpark jetzt aus seiner Schutzwürdigkeit entlassen werden soll?"

Todeskino liess die großartige Chance, Vertrauen zu bilden und konkret zu informieren, ungenutzt und verwies stattdessen auf den formalen Umstand, dass dies eine von den Ratsfraktionen initiierte Veranstaltung sei: "Da hat die Verwaltung Sendepause, daran halte ich mich."

Die Befürworter der Windkraftanlagen argumentierten mit Vorteilen wirtschaftlicher oder ökologischer Art ("sauber erzeugter Strom aus und für die Region"). Dieses Argument ging völlig fehl, denn der Strom soll in das Netz der Bundesrepublik Deutschland eingespeist werden (und wird somit bei einem Überangebot eventuell auch ins Ausland verkauft).

Besonders heftige Entrüstung schlug ihnen bei seiner Antwort auf die Frage entgegen, ob sich Windparks nicht negativ auf den Wert benachbarter Immobilien auswirkten. Sie argumentierten "Ganz im Gegenteil. Gerade Häuser in unmittelbarer Nähe der Anlagen sind im Wert sogar gestiegen."

Der Bauausschuss versprach, die Ergebnisse der Veranstaltung in seinen künftigen Beratungen zu berücksichtigen. Das Stadtplanungsamt stellte klar: "Es ist noch nichts entschieden."

Es bleibt der Wunsch, dass die Entscheidung weder von ideologischen Überlegungen noch allein von Wünschen nach mehr Gewerbesteuer beeinflußt, sondern zum Wohl der betroffenen Bürger getroffen wird

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