Nicht jedes »Schönheitsideal« ist ...

Nicht jedes »Schönheitsideal« ist ungefährlich (Bild: Erika Wittlieb / Pixabay)

Thigh Gap – Oberschenkellücke

Das vermeintliche Maß der Sexyness

Für alle die von diesem Trend noch nichts gehört haben (herzlichen Glückwunsch!) zur Erklärung um was es sich eigentlich bei der Thigh Gap handelt: Wer sich mit geschlossen Beinen gerade hinstellt (und dabei selbstverständlich weiblichen Geschlechts ist…) weist einen Zwischenraum zwischen beiden Oberschenkeln am oberen Ansatz auf. Und weil ja alles irgendwie auch zu benennen ist, haben die Experten des Schönheitsdiktats auch hierfür einen Begriff parat – die Thigh Gap. Wie für alles gibt es auch hierfür nicht nur einen »Fach«-Begriff sondern auch, ja, will soll man die Expertenrunde nennen (?), Fans, Anhänger, Liebhaber, Fetischisten oder nennen wir sie der Einfachheit halber Idioten. Und diese machen die klare Ansage, je größer die Oberschenkellücke – pardon, die Thigh Gap – umso sexier die Frau. Nun könnte man es sich freilich einfach machen und die Idioten einfach Idioten sein lassen, wäre da nicht der Druck, der durch Bilder und ihre Verbreitung in den Sozialen Netzwerken entsteht und untereinander ausgeübt wird.

Das Fatale an diesem Trend ist dabei, dass eben jene ach so begehrenswerte Lücke zwischen den Oberschenkeln eine anatomische Ausnahme ist und von Mutter Natur keinesfalls als erstrebenswertes Idealbild vorgesehen ist (weshalb sich andererseits aber auch keine Frau Sorgen oder Gedanken machen müsste, wenn ihr Körperbau dem entspricht). Bei den allermeisten Frauen berühren sich die Oberschenkel. Warum? Weil es weibliche Formen sind. So einfach kann es sein! Aber was soll man tun? Trend ist schließlich Trend und für viele steht das Aussehen weit über dem Können, der Leistungsfähigkeit oder gar dem Charakter. 

Also, wie erreicht man nun diese erstrebenswerte Thigh Gap und wie kann man sie der Bewunderung zuliebe maximieren? Einfachstes Standart-Rezept: Diät halten. Abnehmen. Wenn es sein muss auf Teufel komm raus und ohne Rücksicht auf (anderweitige) Verluste. Nun könnte man natürlich in Frage stellen ob die »Schönheit« einer großen »sexy« Tigh Gap klapperdürre Beinchen und hervortretende Rippen aufwiegt, aber mal ehrlich, kommt es auf solche Nebensächlichkeiten an? In der Regel handelt es sich ohnehin um einen schleichenden Prozess. Doch ab einem bestimmten Punkt wird aus dem unsinnigen Verfolgen eines Schönheitsideals ein krankhaftes Handeln das zu Essstörungen (Magersucht, Bulimie) führt.

Umso schlimmer, dass es im Netz zahlreiche Artikel und Forenbeiträge gibt, wie man schnellstmöglich so schlank werden kann, dass eine »schöne« Thigh Gap entsteht.

Fairerweise muss man allerdings erwähnen, dass nicht nur Männer diejenigen sind, die diesen fraglichen Trend durch ihr Verhalten in Netzwerken verursachen oder fördern. Gerade Jugendliche orientieren sich sehr stark an prominenten Vorbildern. Dazu gehören am häufigsten Musik-Stars und Sternchen und seit einigen Jahren auch Models. Was also tun, wenn auch diese »Vorbilder« (in diesem Fall mit Anführungszeichen) ebenso diesem Trend folgen und ihn verkörpern?

Das Model Cara Delevingne etwa, gilt mit ihren sehr dünnen Beinen für zahlreiche Mädchen als Schönheitsideal schlechthin. Der Gipfel: Man kann Caras Thigh Gap auf Twitter @CarasThighGap folgen. Auch Prominente, die es stets mit allen Mitteln versuchen, nicht nur durch ihre Tätigkeit sondern vor allem auch durch inszenierte Skandälchen oder ihr Aussehen möglich häufig in den Medien präsent zu sein, verstärken diesen Trend. Besonders gefährlich, wenn sie offenbar selbst diesem Zwang unterliegen. So veröffentlichte Rhianna von sich ein Foto, das (mit Verlaub) grottenschlecht retuschiert wurde, nur um die entsprechende Oberschenkellücke wenigstens scheinbar zu erzeugen. Traurig.

Sie nehmen den Wahnsinn auf die Schippe

Bikini-Bridge – Brücke zwischen zwei Knochen

Scheinbarer Beleg eines fitten Körpers

Ein anderer, etwas jüngerer, Trend, ist das Posten von Bildern der eigenen Bikini Bridge. Wie, auch das kannten Sie noch nicht? Erneut herzlichen Glückwunsch, Sie scheinen noch bei bester Gesundheit zu sein. Ich kläre auf: Die Architektin der Bikini Bridge fotografiert ihren Unterleib in Badekleidung während sie auf dem Rücken liegt. In flacher Perspektive soll sich der Bikini Slip von Beckenknochen zu Beckenknochen spannen und dabei möglichst nicht den Bauch berühren. Die Brücke steht. Natürlich ergibt das ganze erst dann Sinn, wenn das Bild auch online gestellt wird, das versteht sich heute ja aber fast von selbst …

Neben einem Schönheitsideal wird hierbei vor allem auch Fitness propagiert, denn ein schöner flacher Bauch ist letztendlich Ausdruck eines durchtrainierten Körpers. Vielleicht ist die Bikini Brücke nicht ganz so gefährlich wie die Thigh Gap. Einerseits spielt hier (zumindest anfänglich) noch ein Schuss Humor rein, andererseits muss man für ein erfolgreiches Bild nicht zwangsläufig extrem dünn sein, da die Körperhaltung auf dem Rücken es gnädig mit dem einen oder anderen Kilo meint. Trotzdem sollte man auch diesen Trend nicht gänzlich verharmlosen, schließlich regt er zahlreiche Anhänger zum Dünnsein an, was zu den bekannten Folgen führen kann.

Finger Trap – blöder geht es immer

Chinesischer Schönheitsmesser

Als wäre Thigh Gap und Bikini Bridge nicht genug, wartet Instagramm mit einem weiteren »Schönheitstrend« auf, der sogar fachmännisch und absolut objektiv gemessen bzw. überprüft werden kann – Finger Trap.

Ich getraue es mich fast nicht zu fragen, aber ehrlich, kannten sie das auch noch nicht? Sie wissen ja, meine Glückwünsche sind Ihnen stets sicher. Erneut Aufklärungsarbeit: Man lege den Zeigefinger (wahlweise und noch genauer) einen Stift auf Kinn und Nasespitze. Sollte Finger oder Stift dabei gleichzeitig die Lippen berühren, darf man sich umfänglich als schön betrachten. Falls nicht? Naja, Pech gehabt – hässlich. So, vielleicht hat es der eine oder andere bereits vermutet. Richtig: diese Trend kommt aus China.

Dass es sich hierbei natürlich um kompletten Schwachsinn handelt, dürfte jedem sofort klar sein und dennoch posten viele junge Leute wie wild ihre Fotos. Als durchschnittlicher Westeuropäer (Langnasen) tut man sich bei diesem Schönheitskontest naturgemäß etwas schwerer. Bleibt abzuwarten ob der Spuk bald wieder vorbei ist oder ob demnächst hierzulande Dr. Mangelhaft und Kollegen entsprechende »Schönheits«-OPs anbieten werden.

Riccing – Mach die Biege!

Wenn seltsame Menschen seltsames tun

Als letztes ein Trend der es eigentlich nicht wirklich wert ist, hier behandelt zu werden. Aber trotzdem sollen auch ihm ein paar Zeilen gewidmet sein. Keine Angst, in diesem Fall frage ich Sie nicht, ob Sie diesen Unfug kennen (aber wehe wenn Sie jetzt in den Kommentaren schreiben, genau den hätten Sie gekannt …).

Der Begriff Riccing kommt schlicht vom Name der Schauspielerin Christina Ricci, die sich wie ein Anhänger des Kamasutra (ach nein, Yoga wäre das richtige Wort gewesen) verbiegt und in die denkbar ungeeignetsten Behältnisse zwängt.

 Halb verknotet hängt sie dabei im Kühlschrank, in Kisten, in Spülbecken und Waschmaschinen. Je kleiner oder enger der Ort, je verknoteter die Gliedmaßen, umso besser. Schnell hat sie dabei – dieses Mal auch männliche – Nachahmer gefunden. Sofern man es schafft, sich wieder zu entknoten ist dieser Trend zumindest nicht Gesundheitsbedenklich, ob er lustig, sinnvoll oder nachahmenswert ist, darf jeder für sich selbst entscheiden.

Bleibt am Ende nur noch eines zu sagen: Lasst euch nicht unter Druck setzen, erst recht nicht, wenn der Druck übers Internet entsteht und schon gar nicht, wenn er offenkundig Gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Der schönste Körper ist ein gesunder!

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