Griechenland in der Archaik
Der Siedlungsraum griechischer Bürger umfasste in den frühen Tagen der Antike, der sogenannten Archaik, ein wesentlich umfangreicheres Gebiet als der heutige griechische Staat. Eine Spurensuche.Überreste griechischer Kultur werden nicht nur im heutigen Hellas gefunden. Auch in Süditalien und im gesamten Mittelmeerraum werden antike Reliquien gefunden. (Bild: stux/Pixabay)
Das Wirtschaftssystem der Archaik kannte allerdings wesentlich mehr Elemente als agrarische Erzeugnisse. Metalle und Erze – jene Bodenschätze, die für den »harten Kern« des damaligen Wohlstandes verantwortlich waren, sind in diesen Breiten nur schwer aufzufinden. Die Höchstleistung im Abbau von Ton, Eisen, Kupfer und Zinn lag häufig nur knapp über dem absolut notwendigsten Bedarf. Gold oder Silber lagen hingegen vollkommen außerhalb des griechischen Einzuggebietes. Der Import eben jener wertvoller Güter konnte nur dadurch gewährleistet werden, dass alle Kraft in die Bewirtschaftung der Böden floss. Der unangefochtene »Exportschlager« waren in jenen Tagen jedoch vor allem die griechische Kultur und Kunst, die von den angrenzenden Völkern dankbar mit Wertgegenständen aufgewogen wurden.
Karges Bergland, fruchtbare Ebenen, warme Inseln
Tatsächlich zwangen die natürlichen Umstände die griechischen Niederlassungen zu einem engen Kontakt mit den barbarischen Nachbarn, wodurch eine gewisse Nähe zum Wasser entstand. Die zahlreichen Exklaven waren überhaupt nur mit dem Schiff erreichbar. Diese Bedingungen ließen die Griechen in den kulturellen Mittelpunkt rücken. Sie, und nur sie, waren die Volksgruppe, die den Informationsfluss über alle anderen Völker in sich vereinte und auch adaptierte.
Dabei spalteten sich die Griechen in jener Zeit selbst in drei große Gruppierungen, die durch die geographischen Gegebenheiten vorgegeben wurden. Die Gebirgs-, Ebenen- und Inselregionen boten den Siedlern jeweils unterschiedliche Parameter für den eigenen Lebensstil.
Das überwiegend zerklüftete und nur spärlich bewaldete Bergland konnte mit einigen Bodenschätzen wie Eisen, Kupfer und Zinn aufwarten, war allerdings agrarisch nur zu dreißig Prozent nutzbar. Das Holz der Bäume war zu wertvoll, als dass es dem Export dienen konnte. Es wurde direkt durch das florierende Köhlerhandwerk genutzt um die begehrte Holzkohle herzustellen, um die Hochöfen der Metallschmelzen in Gang zu halten. Dennoch offenbarten sich durch den Raubbau an den Wäldern neue Probleme. Erosionen und Rodungen verhinderten zusehends eine weitreichende Landwirtschaft. Der karge Boden eignete sich lediglich für den Anbau eher anspruchsloser Pflanzen wie Lorbeer, Thymian oder Oleander. Auch die Jagd wurde alsbald zugunsten der Haltung von Kleintieren wie Schafen oder Ziegen eingestellt, die den »Rohstoff« Milch für die Käseproduktion lieferten.
Das Bauen an Hängen war im Mittelmeer lange Zeit ein Geheimnis griechischer Baumeister. Die Geograpgie erzwang die Architektur. (Bild: irukh/Pixabay)
Im Gegensatz zu diesen Gegebenheiten umfassten die hauptsächlich klimatisch kontinental geprägten Binnenebenen fast ausnahmslos äußerst fruchtbares Schwemmland. Eine sehr produktive Landwirtschaft entwickelte sich in diesen griechischen Gebieten, die mit einer hohen Produktion des überlebensnotwendigen Getreides aufwarten konnten. Dessen Ähren wiederum ermöglichten durch ihre langen Lagerungsmöglichkeit den Export in andere Gebiete. Zudem war diese Kornart besonders für die Zucht der »großen« Tiere der Landwirtschaft, Pferde und Rinder, eine essentielle Voraussetzung. Rösser waren selten in ihrer Verbreitung und galten als Inbegriff für Wohlstand, die ihrerseits für teures Geld verkauft werden konnten. Es verwundert daher nicht, dass sich die Reichen der Griechen vor allem in den ebenen Regionen zusammenfanden.
Getreide war eine wertvolle Ressource im archaischen Griechenland, da es ausschließlich in den fruchtbaren Ebenen anzubauen war. (Bild: Hans/Pixabay)
Auf den Inseln der griechischen Welt war hingegen aufgrund der meist geringen Flächen eine exportorientierte Landwirtschaft selten möglich. Auch mit dem Bergland vergleichbare Bodenschätze suchte man vergeblich. Dennoch gelang es den Hellenen, selbst unter diesen Bedingungen optimal zu existieren. Die Fischerei, betrieben durch Angel, Dreizack und Reuse, ersetzte die Viehzucht. Alleinstellungsmerkmal der Inseln blieb für lange Zeit der Fang von Thunfisch, der in vielen Orten der damaligen Welt begehrt und lukrativ zu verkaufen war.
Gleiches galt für Wein und Olivenöl, Waren, die man auf dem Festland zum Teil vergeblich suchte. Olivenbäume benötigen mehr als ein Jahrzehnt, ehe sie zum ersten Mal Früchte tragen. Das rege Kriegswesen der Archaik führte dazu, dass Landschaften binnen weniger Jahre mehrmals verwüstet wurden, sodass die Inseln durch ihre Olivenhaine eine Monopolstellung erreichten. Ohnehin war der Handel ein auskömmliches Geschäft. Die Schifffahrt war bei weitem nicht in dem Umfange ausgeprägt, wie es notwendig gewesen wäre, um die weiten Strecken auf See zurückzulegen. Zwischenhalte, Lager und Stützpunkte wurden benötigt. Und diese Funktion nahmen die Inseln nur zu gern ein, des Öfteren gegen hohe Gebühren.
Auf diese Weise gelang es zudem, lokale Vorkommen ohne eigene Handelsflotte weiterzuverkaufen. So verfügte zum Beispiel Samos über wertvolle Marmorvorkommen, die in die gesamte bekannte Welt exportiert wurden.
Die Expansion des griechischen Kulturraumes verlief vergleichsweise glimpflich und friedlich ab. Aus welchem Grund? Die eben genannten Details der hellenischen Wirtschaft in der Archaik sollten eine hinreichende Erklärung geliefert haben.
Die Griechen fertigten in den bereits besiedelten Gebieten vielerorts begehrte Waren und suchten diese möglichst oft und weit zu exportieren. Das fein gestrickte Netz ihrer Inseln half ihnen ungemein, immer tiefer in neue Gebiete vorzustoßen. Anders etwa als nach ihnen die Römer, die nur allzu oft mit Feuer und Schwert neue Räume erschlossen, empfing man die Griechen und ihre gefüllten Schiffe des Öfteren mit offenen Armen. Ihre Sprache war relativ leicht zu erlernen, da sie festen Regeln und logischen Strukturen folgte, was zu einer Verbreitung des Griechischen enormen Vorschub leistete.
Die widrige Geographie der Ägäis erwies sich rückblickend betrachtet bei weitem nicht als das Hindernis, als welche sie hätte gelten können. Vielmehr trug sie wesentlich dazu bei, dass in späteren Jahrhunderten mit den Römern das künftige Weltreich in Sprache und Kultur »hellenisiert« wurde.