Istanbul Express
The Direct Lady, die problemlos sieben Grenzen überwindet - a reviewCentral Characters
Mr. Michael London
In der Hauptrolle: London (Gene Barry), Mr. London. Er nimmt den Schnellzug "Orient Direct 529", auch als "The Direct Lady" bekannt. Schon allein dass ein smarter Kunsthändler namens London von Paris nach Istanbul und wieder zurück reist, ist spannend, doch bleibt diese Story nicht viel schuldig.
London wird beauftragt, die Notizen eines Wissenschafters namens Jonasy zu ersteigern. Genau genommen werden diese "Jonasy-Papers" genannten Unterlagen an den Vertreter des "schnellsten Landes", nicht für eine bestimmte Seite gedacht. Daraufhin versucht die Gegenseite, die offenbar ebenfalls an den Papers interessiert ist, aktiv Mr. London, also gewissermaßen Großbritannien, ein Bein zu stellen. Aber kann man denn einen Mr. London, auf einer Mission in einem D-Zug aufhalten?
Ms. Mila Darvos
Eine, die es versucht ist die smarte rothaarige Ms. Darvos (Senta Berger), die in Venedig eine "Sprachschule" betreibt, wo sie Tonbandaufnahmen herstellt und mit dem "Wahrheitsserumsarzt" Dr. Lenz kooperiert und dieser wiederum offenbar mit dem französischen Zugspersonal. Denn Lenz entlockt London die Details seines Auftrages im Zugabteil.
Ms. Darvos ist es, die daraufhin an der Auktion der Jonasy-Papers teilnimmt und überaus überrascht ist, als sie bemerkt, dass ihre Bemühungen, London um die Ecke zu bringen nicht gefruchtet haben. Sie, verkörpert also nicht das "schnellste Land", jedenfalls aber durch ihre Präsenz die Beteiligung von Frauen in hohen bzw. machtvollen Ämtern des Geheimdienstes. Nach den ersten Geboten sieht es so aus, als hätte sie das Auktionsglück, und damit wohl … hm, ja wer Griechenland oder die Schweiz. London hält sie jedenfalls für eine russische Spionin.
Cheval
Der Bahnbedienstete Cheval hat seinen Traumjob gefunden. Praktisch ist der Mann immer auf seiner "Lady" unterwegs, erstaunliche Motivation verkörpernd. Stets informiert über Aufenthalt und Passagiere und dabei, die Gäste zufriedenzustellen. Er weiß, wer an Bord zu Prominenten gehört oder zur Royalen Gesellschaft. Fast möchte man meinen, er ist ein Flic im Auftrag der Betriebsgesellschaft SNCF, mit dem Ziel Probleme aus dem Weg zu räumen. Er hat eine Reihe von entschärften Bomben in seinem Bahnhof. Daneben wirft er schon mal einen toten Passagier, der zu einem Problem führen könnte aus dem Gepäckwagen oder befreit einen Passagier aus den Klauen von Kriminellen, damit dieser noch den Zug erreicht. Da könnte man fast meinen: Alles für die Bahn! Vermutlich wurde er bestens bei SNCF und dem Militär ausgebildet. Vielleicht ist er auch etwas ganz anderes – der Zug war ja geradezu prädestiniert, von den Wechselkursen der Währungen zu profitieren. Außerdem bietet er den Passagieren die Möglichkeit Wertgegenstände während der Reise in den Zugssafe einzuschließen.
Miss Peggy Coopersmith
Die Mitarbeiterin der Amerikanischen Botschaft, Miss Peggy, auch Miss Coopersmith genannt, übermittelt stets Infos an Mike London. Sie scheint ihn, gemeinsam mit ihrem Chef, zu führen, zumindest in dieser Episode. Somit ist sie eigentlich Michael Londons Führungsoffizierin, oder zumindest dessen Assistentin. Peggy verkörpert einen überaus modernen Typ Frau, stets hübsch zurechtgemacht, scheint sie sich jedes Mal ungeheuer zu freuen, wenn sie auf Mike trifft. Vielleicht ist sie die "Direct Lady", denn sie sagt Mike ohne Umschweife, dass sie auf Jewelry als Mitbringsel aus der Türkei hofft. Allerdings scheinen sie und ihr Chef die Selbstständigkeit des Mr. Londons zu unterschätzen, wollte man doch gefälschte Unterlagen an die Gegner übermitteln.
Story
Fake Clouds
Offensichtlich wollte den amerikanischen Kunsthändler London einer aus dem Weg räumen. Jedenfalls findet Cheval das Ding, das ein eingeschleuster Arbeiter unter dem Zug angebracht hat. London scheint noch einen zweiten Job zu haben, denn die hübsche junge Amerikanerin Coopersmith erwartet ihn schon im Zug um ihm nähere Details zu einem Auftrag zu verraten: Er soll in Istanbul bei einer Auktion teilnehmen und diese von einem Informationsbroker namens Campell, Mittelsmann für internationale Geheimnisse, ersteigern. Das Geld, denn diese Informationen haben einen geradezu irrational hohen Preis, wird in einem Bankdepot zu finden sein, dessen Kombination er erst im Zuge der Fahrt via Kontaktpersonen erfährt.
Hyazinthe
London vertreibt sich die Zeit an Bord mit einem Autor, Mr. McCord, einem zwielichtigen Journalisten. London nippt am Drink, wird schwindlig - akute Schläfrigkeit. Er ist dabei das Bewusstsein zu verlieren. Dr. Lenz wird konsultiert und tut sein tödliches Handwerk, doch einem Zufall und Chevalier verdankt London, dass er nicht schon nach den ersten 20 Minuten aus dem Leben und damit aus dem Film scheidet.
Scuola de Lingua
Offensichlich hat Cheval damit Mr. McCord einen Strich durch die Rechnung gemacht, und Herrn Lenz auch. Doch noch ist der Trip nicht aus. Von Milano geht es entlang der Küste nach Venedig. Dort folgt er Dr. Lenz in einem Taxiboot zur Sprachschule der Mrs. Davros (Senta Berger), die erstaunlich gut über sein Vorhaben unterrichtet ist. So gut, dass sie ihn sofort um die Ecke bringen möchte. Überraschenderweise überlebt er ein zweites Mal.
Die rasante Reise geht weiter und er wird durch eine Notiz, vermeintlich von Cheval, in den Gepäckraum geordert. Nach einem Kampf mit einem Unbekannten, möglicherweise geht es um die Kunstgegenstände, die er in seinem Gepäck hat, spricht ihn Cheval an. Auch er scheint daran interessiert, wer etwa so daran dahinter sein könnte, dass London seine Auktion in Istanbul nicht rechtzeitig erreicht.
Curare
In Belgrad wird ein Informant praktisch vor seinen Augen schwer vergiftet. Eigenartig nahe steht wieder McCord, dessen Rolle nun endgültig undurchblickbar wird, als er London beschattet und in ein Lokal einlädt. Gemeinsam versuchen sie, den Polizei-Captain zu überzeugen, London noch ein paar Worte mit dem verletzten Gefangenen sprechen zu lassen. Denn der Informant wurde durch das Gift gelähmt, es wird Stunden dauern, bis er sich wieder bewegen kann.
O'Clock
Er reist mit dem Jet dem Zug nach, und erhält den letzten Hinweis auf seine Zahl, von der jede bisher fast seinen Leben gekostet hatte. Mit den gesammelten Ziffern aus Paris, Mailand, Venedig, Belgrad und Istanbul, betritt er die Bank. Die technisch überraschend kundenfreundlich ausgestattete Filiale, ermöglicht seinen Zugang zu seinem Schließfach, das Geldscheine und ein Tonbandgerät beinhaltet. Das Geld, das er für die Auktion benötigt.
Auktion Jonasy Papers
Alle anderen Informations-Interessenten sind bereits vor Ort, auch der Broker. Doch in der Hauptsache sind es Mrs. Davros und London, die an der Information interessiert sind. Davros ist überrascht, dass Mr. London doch noch eintrifft. Davros und London lizitieren höher, als die anderen mitgehen können. Die Auktion erreicht 950.000 Dollars und London will aussteigen, denn die Frage, ob die Jonasec Papers die Ausgabe von über einer Million auch tatsächlich wert sind. Er ersteigert die Papiere, bringt sie zu seinem Botschafter, doch dieser ist darüber nicht wirklich erfreut, denn er weiß, dass sie gefälscht sind und so wäre es besser gewesen, dass die Unterlagen der Gegenseite in die Hände gefallen wären, um 950.000 Dollar. Denn die Unterlagen wurden von den Amerikanern gefaked!
Das Spiel geht weiter und London will nun versuchen, die Unterlagen an die Gegenseite zu übergeben. Mehr wird nicht verraten.
Historische Einbettung – Minutes and Seconds
Die NATO änderte 1967 ihre Taktik. Während in den vergangenen Jahren die Überlegenheit des Westens durch die "Massive Vergeltung" gekennzeichnet war, so wurde 1967 die "Abgestufte Reaktion" (Flexible Response) übernommen, die zur Verringerung der nuklearen Gefahren diente. Möglicherweise eine Folge der Ergebnisse der Nuklearen Planungsgruppe (NPG), die 1966 gegründet wurde. Man wollte sich auf die beiden Pfeiler Verteidigung und Entspannung verlassen, wenn es um das Thema Sicherheit ging.
Das führte zu neuen Ansätzen zwischen NATO und Warschauer Pakt. Es folgte die Ministerratstagung im Juni 1968, bei der eine beiderseitige Truppenverminderung das "Signal von Reykjavik" darstellte. Die Ausgaben für Rüstung schienen damals auch überbordend.
Der Film wurde 1968 released, vermutlich also 1967 gedreht. Es dürfte sich genau um diese Zeitspanne handeln, in der eben diese Züge von Frankreich, durch Italien, über den Balkan bis nach Istanbul, während erst danach Athen erreicht wurde. Die Türkei trat der NATO, gemeinsam mit Griechenland, bereits 1952 bei, 1955 erst kam Deutschland hinzu.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass ab 1969 die Verteidigung gegen Umweltgefahren und die Verbesserung der Umweltbedingungen (damit auch der Umweltschutz) auf die Agenda der NATO gelangte.
Rezeption
Zwischen London und Coopersmith scheint es eine eigene Ebene zu geben, möglicherweise eine persönliche Beziehung. Die mysteriöse Figur in diesem Film: Die mitreisende Dame, dürfte sie nicht sein, schließlich ist sie dafür stets zu geringe Zeit "on train". Ein "Orient Express"-Film, der anderen Art. Auch der an die Figur des Hercule Poriot angelehnte Cheval, ist bedeutend wendiger, flinker und attraktiver, als in den anderen Verfilmungen. Sinn für kulinarische Besonderheiten scheint er erst zu entwickeln - vielleicht ist es dieselbe Figur, nur wesentlich früher in seinem Leben?
Nebenschauplatz
Das hintergründige Thema, das gerade in der heutigen Zeit wieder gut verstanden werden dürfte, ist der Transfer von Migranten - offiziell oder inoffiziell. Denn diese Route, von der griechischen Riviera nach Zentral-Europa, gerade aber nach Paris oder in die Schweiz würden auch heute viele Flüchtlinge, die in der Türkei oder an den Grenzen Griechenlands ausharren, gern nehmen. Und sicher wird diese Möglichkeit der Einreise per Direkt-Verbindung auch gut gekannt, schließlich hat die EU eines ihrer Promotion-Kampagnen vor einiger Zeit auch so benannt "europe direct". Denn das eigentliche zweite Topic ist der Transfer, der sich auch erahnen lässt, wenn wir nur Eindrücke von der Hälfte der Stationen auf der Route vermittelt bekommen.
Suite on Board (Bild: https://www.youtube.com/wat...)
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Bildquelle:
W. Zeckai
(Wie macht man eine Lesung erfolgreich?)